(12) - Wachs (Epilog)

Lyrischer Prosatext

von  autoralexanderschwarz

Nachdem wir uns mit Kopfstimme
die Seele aus dem Leib geschrien haben,
fühlen wir uns merkwürdig erleichtert.
Wie Odysseus verstopfen wir unsere Ohren mit Wachs
und üben mit kleiner Begeisterung
Zwei- und Dreitonschreie beim Hausputz,
bis wir schließlich irgendwann lauter singen
als all die körperlosen Sirenen,
die ja doch nur unser Fleisch wollen.

Das Geschirr spült sich ganz von allein,
während wir zurückdenken,
wir rekapitulieren:

noch immer spüren wir den Kalk dieser Welt in unseren Venen,
allzu oft erschrecken wir vor der Normalität der Anderen:
ohne unser Schneckenhaus
bleibt an jedem Grashalm
ein kleines Stück von uns hängen.

Wir markieren diesen Ort mit unserem letzten Elfenbeinsplitter
und blicken ihm lange nach,
wie er zwischen Tellern und Tassen im Meer versinkt.
Selbst ganz unten
im tiefen schlammigen Grund
glauben wir ihn noch immer leuchten zu sehen.

Wir setzen alle verbliebenen Segel,
treiben, treiben mit dem Wind
und am Ende bleibt nur als kleiner Trost,
dass alles irgendwann im Meer versinkt.

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Kommentare zu diesem Text

Trainee (71)
(21.01.19)
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 autoralexanderschwarz meinte dazu am 21.01.19:
Danke für deinen Kommentar. Der Text ist für mich in erster Linie ein Epilog, was hier heißt, dass sich nahezu jede Zeile direkt auf eine andere (vorausgegangene) Zeile bezieht, auch das Fazit, das textimmanent betrachtet vielleicht tatsächlich redundant ist, ist ja gleichzeitig das Fazit eines Konvoluts aus elf Texten. Ganz ungeachtet dessen freut mich, dass dir der Text gefällt und dass er es – so gesehen – auch vermag für sich selbst zu stehen.
Dank & Gruß
AlX
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