Kah gähnt.

Cut-Up

von  Oreste

....belebt schläft Wer die Nacht zur Neige.
....Mit der nächsten Wendung wird nach langem Dunkel eine Person rückwärts in Jemandes Traum hinein aufgewacht sein. - -

....Noch am Morgen des gestrigen Tages fand sie sich an ihrem Küchentisch, auf Biedermeier sitzend, wieder vor einem Ei, zweifellos kernweich, umringt von Brot. Belag. Kaffee. Dem, von Kah so benannten, frühen Stück. Akkuratstdenkbar, nach neologistischem Superlativismus Kahs, zusammengelegt befand sich ihre tägliche Zeitung an dem für sie prägnant definierten Platz schrägseitlich zur Rechten der Speisen. Entgegen ihres gewohnten Prozedere, seit Jahr, und seit Tag, einem halben, was Kah trägs zu bemerken regte, Leben, tagein ohnesamt tagaus, griff sie an diesem Morgen zunächst zum gefalteten Papier. Schlug es auf. Bis auf die Grundfeste, klügelte Kah hernach, ließe es sich gewiss nicht ergründen, aller Vermutung nach jedoch in Folge ebendes irrtümlichen Ablaufs der Ereignisse an diesem Morgen, verfehlte sie den von ihr mit rigidester Priorität geschätzten Regionalteil knapp, unterdes sich wiederum in der Art eines Schlages jene von ihr bis heutigentags umgangene Wand von Todesanzeigen vor ihr ausbreitete. Mit einem postwendend sich abwendenden Blick auf die, über der Tür sich befindlichen, Uhr, mühte sie sich in handverlesenem Gestus, welcher, überdies, nicht unähnlich übrigens der Tyrannei eines Reflexes hinaus anrückt, darin, ihre Irritation zu verbergen, und dasjenige Vorhaben, begänne Kah den Schmus, welches hiesigem beachtlich entspricht, vielmehr, jenem der Gänze nach getreu ist, weitmehrnoch, beiden, genauer, des einen, einzigen, eins sein muss, des Vorhabens leiblicher Häftling, zuletzt Ends, selbstjeniges, so, zuheißen, dasjenige Vorhaben also, und also ergo!, dächte Kah, schien ihr mit fortlaufender Kreisbewegung des Minutenzeigers, vom Zeitweiligen her und hin zum Drastischen, gewogen.
....Nichtsdestotrotz schlug es abermals, zwar leise noch, schon Zwölf, mittags. Das Ei indes, was Kah souverän verschlief, war nurmehr weich.
....Alsdann geschah im Folgenden zweitmalig etwas Außerordentliches:
....Kah gähnt.
Und in diesem vermeintlich peripheren Praesens historicum des für sie, gemäß der kahschen Maxime, beispiellosesten Kontrollverlustes, verhieß selbige, ihrem Traum vorgreifend, kaum merklich und, sich, gänzlich unbewusst, andernfalls sicherlich überzeugt, gleichwohl, es musste sich bei dieser, unfrei nach Kahs Rede, infantil anmutenden Intention um den Abkömmling der unweiten Erinnerung zugrundeliegenden Gedankenlosigkeit, welchen sie aus ihresselben, genauer, aus der um ihret Willen unvermittelt sich gebärdeten Müdigkeit, heraus gebar, handeln:
....„Morgen –“, verhieß Kah folglich, „da will ich fremden Leuten Spitznamen geben!“,
und belegte unter kontinuierlich gewinnender Unbeirrtheit ob der zurückliegenden Geschehnisse, erst Leberpaté, dann Limburger, ihre üblichen zwei Schnitten Graubrot. Sachgemäß teilte sie besagte zwei übliche Schnitten Graubrot mit, und das erwiese sich, laut Kah, nicht zuletzt anhand des zielstrebig eleganten Schnittes ohne weitere Erhebung als belegbar, äußerster Präzision mittig der, bis auf den niemals und nirgends, wie es Kahs widersinnigster Erfahrungssatz war, zu überwindenden Umstand der Spiegelverkehrtheit, deckungsgleichen, sodann, vier Hälften, durch, zählte die exakte Menge Zuckerkörnchen beiseite, entsprechend zwei Würfel Zucker, vierzehntausendneunhundertdreiundsiebzigeinhalb, so Kah, an der Zahl, um im Anschluss daran, dieses nach jenem, aus Höhe eines Kaffeetassenrandes gezielt in die Mitte einer, notabene!, das Kah des beharrlichen Anmerkens unabdingbar erschien, frisch aufgebrühten, Tasse Kaffees, in die Mitte ihrer Tasse, die Tasse ihres Kaffees zu dirigieren. Dies Ei, wäre Kahs prompter Vermerk gewesen, war hart, nunmehr. Wie anzunehmen ist, verstrich ihr das Abmessen der Milchmenge eine weitere Tageszeit. Schon beendigte die Wanduhr ihre währendste Routine.
....Es stand die Zwölf, mitternachts, als sie sich, etwa ewig, dachte Kah, bereits mit dieser Stunde, zur Ruhe legte.
....Geneigt wachte Sie die Nacht ins Leben.
....Wie mechanisch, mit der zwölften Wendung, beschloss Kah, aus Ihrem Traum heraus, bäuchlings, einzuschlafen.
Stehend fand er sich vor seinem Küchentisch wieder.
Den kleinen Löffel zur Hand genommen,
fest anvisiert
und weit ausgeholt,
wurde Kah
von seinem
steinharten Frühstücksei
geköpft.


Anmerkung von Oreste:

2011

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Kommentare zu diesem Text

Fisch (55)
(26.11.19)
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 Oreste meinte dazu am 26.11.19:
:D

Ist das so? Bin selbst nie über den zweiten Satz hinausgekommen. Oder war's hinweg? Egal.

 Oreste antwortete darauf am 26.11.19:
Ach ja: danke.

 EkkehartMittelberg (26.11.19)
Gelungen. Die Form spiegelt den Inhalt.
Servus
Ekki

 Oreste schrieb daraufhin am 26.11.19:
Hier ein Muss. Danke, Ekki!
Aha (53)
(26.11.19)
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 BeBa äußerte darauf am 26.11.19:
Boah ey, irgendwie hat Fisch ja Recht!

LG
BeBa

 Oreste ergänzte dazu am 26.11.19:
Hat es, Aha, hat es.

Unter uns: Am Ende habe ich selbst nicht mehr durchgeblickt und tue es heute noch nicht wieder.

Danke sehr für deine guten Worte!
O.

 Oreste meinte dazu am 26.11.19:
Hat er, BeBa, hat er.

Doch tröste dich, das Teil zu schreiben war mir Folter genug. (:

Danke!
O.

 BeBa meinte dazu am 26.11.19:
Folter scheint dir gut zu tun!

 Oreste meinte dazu am 27.11.19:
Wer schmerzfrei schreibt, schreibt belanglos, oder? (;

 BeBa meinte dazu am 27.11.19:
Eben!
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