Der erste Tag ist an einer Stelle hängengeblieben und zieht sich nun über den Zeitraum, der für folgende Tage gedacht gewesen ist. Wer das Albumcover von Jean-Michel Jarres „Zoolook“ kennt, weiß, was ich meine. Klebrig löst sich mein Rücken von der Sofalehne. Sie hängt im Sessel, spreizbeinig und doppelkinnig.
„Wasch dir mal die Pflaume“, sage ich, was in erster Linie eine popkulturelle Referenz ist, ähnlich wie „Tötet Onkel Dittmeyer“. Aber woher soll das eine 19-Jährige wissen – allenfalls von ihren Eltern. Nur, die Leute, die damals solches Zeug konsumiert haben, leben heute in Entzugskliniken oder betreuten WGs und nicht in Einfamilienhäusern wie Mutter und Vater dieses verzogenen Luders. Ich habe kein Problem mit dem Geruch nach Mieze, aber wenn ich zum zehnten Mal im Halbdunkel mein Erbgut aus der enthaarten Spalte kriechen sehe, die nur Eiweiß bekommt und keinen Tropfen Wasser, komme ich mir vor wie in „Täglich grüßt das Murmeltier“. Nun, ich verzettele mich in Vergangenem.
Sie will Pizza bestellen. Ihr junger Körper verbrennt eine große Quatro Stagioni innerhalb von drei Folgen „Brooklyn Nine-nine“. Die Gnade der Jugend. Sie tut nichts dafür. Ich pumpe von hinten wie ein Profitänzer, löse mich in Schweiß auf, verspüre ein wüstes Stechen im Brustkorb und falle danach um wie infolge eines Kopfschusses. Meine Midlife Crisis ist wie die Hydra. Jeder Erfolg wird zu einer doppelten Niederlage. Ich stehe in der Ringecke und kriege für jeden armseligen Treffer, den ich lande, zwei kieferzerschmetternde Uppercuts. Je älter ich werde, desto klarer erscheint mir das Vereinsziel des Club 27.
„Wir müssen hier zu einem Ende kommen“, ereifere ich mich. „Irgendwann muss ich wieder zur Arbeit gehen.“
„Dann geh doch. Ich komme klar.“ Sie starrt auf ihr Smartphone, während sie das behauptet.
„Wenn ich zur Arbeit gehe, wirst du dir irgendein Arschloch zur Hilfe holen und ihr räumt meine Bude aus.“
„Ja, das ist gut möglich.“
„Na dann.“
„Was denn?“
„Gönn deiner Muschi ein Bad.“
„Gib ihr einen Grund.“
Also schon wieder. Während ich die Katze besudele, amüsiert sie sich über Memes und schickt ihrem Vater eine Sprachnachricht. Früher heirateten die Leute und blieben dreißig Jahre zusammen, um diesen Zustand vollkommener Gleichgültigkeit zu erreichen. (Stelle ich fest, wertfrei.) Ich demonstriere ihr, dass auch ich – trotz Herzrasen, Schnappatmung und Schweiß in den Augen – in der Lage bin, während des physischen Akts der Vereinigung mit Abwesenden zu kommunizieren. Lesen Sie also bald: Tinder statt Kinder Pt. 3.
Herzlichst, Ihr
X. Theevilg
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