Bilderflut

Tagebuch zum Thema Besessenheit

von  Access

Unser Schreibwerkstatt-Rundbrief. Seit Juni fliegen die Absätze zwischen uns nur so hin und her, da wir uns nicht treffen können. Die Absätze aber, die treffen. Doch was den anderen das Schreiben, ist mir das Malen. Ich bin kulturell so wenig interessiert, dass es gebildetere Menschen schmerzen muss. Vermutlich können jene mit mir wenig anfangen, werden sie meiner Lethargie und meiner fröhlichen Unwissenheit gewahr, was Literatur und schöne Künste angeht. Ich habe mich daran gewöhnt, eine seltsame Mischung aus Arbeiterkind und Intellektueller zu sein, aber die Distanz, der Graben, die klaffende Lücke zu anderen und innerhalb meiner selbst, scheint mir manchmal kaum noch zu überbrücken und nur durch dünne Fäden der Kreativität und der Genusssucht verbunden. Ist mir wirklich das Malen, was den anderen das Schreiben ist? Ich weiß es nicht, doch mutiere ich mehr und mehr zu einer Teilzeit-Besessenen, die Leinwand um Leinwand füllt, sie dicht an dicht der Wand zumutet und auf diese Weise der Realität flieht. Keine Sorge, ich bin nicht depressiv. Ich genieße diese Zeit, ich weiß nur nicht mehr, wohin mit meinen Bildern. Aufhören kann ich nicht.

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Kommentare zu diesem Text


 AlmÖhi (19.08.20)
Es lohnt sich meines Erachtens sich zu fragen, was das Bürgertum unter Bildung versteht, und ob dieser Begriff dann zum Ideal taugt.

Im Endeffekt geht es um Symbole der Gruppenzugehörigkeit. Wenn die Spannung der Distanz sich in Kreativität niederschlägt: Fantastisch!

 Access meinte dazu am 19.08.20:
..ja, das ist wahr...für mich taugt das, von dem ich glaube, dass das Bürgertum es zur Bildung erhoben hat, nicht zum Ideal...Manche gebildete Menschen faszinieren mich, weil sie interessante Dinge berichte, sie tragen ihr Wissen aber nicht zur Schau sondern mögen es einfach, es sich anzueignen, sie sind wissbegierig. Andere -- die vielleicht auch nur gebildet tun, weil sie Komplexe haben -- stoßen mich ab, weil sie ihr Wissen wie eine Lanze vor sich hertragen, sich über weniger Wissende stellen und in den Bildungslücken anderer rumpopeln. Ich bin da im Zwiespalt. Mitten drin - er ist in mir selbst. Vielleicht bin ich der personifizierte Zwiespalt. Ja. Das bin ich.

 Dieter_Rotmund (19.08.20)
Was wohl Bob Ross dazu sagen würde?

 Access antwortete darauf am 19.08.20:
...vermutlich würde er sagen..."so - und jetzt versuchen wir es mal mit dem Pinsel....

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 19.08.20:
Besser als das „The good old two inch brush“ gefällt mir aber sein "A happy little cloud that lives right here“ , das so treffend die Glückseligkeit malender Hausfrauen und Katzenliebahber umschreibt.

 Access äußerte darauf am 20.08.20:
...ich kenne den Herrn Ross nicht so gut, dass ich um seine Sprüche wüßte - aber mir sind glückselig-malende Hausfrauen und Katzenliebhaber um ein Viiielfaches lieber, als sich darüber erhebende selbsternannte Reich-Ranitckis der Malerei...

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 20.08.20:
MRR hat sich, wenn man genau zugehört hat, eigentlich immer sehr bescheiden geäußert. Kann mich nicht erinnern, dass es sich "über etwas erhoben" hat.
Bob Ross schaue ich immer wieder gerne mal, auch wenn ich selbst nicht male oder mich für Malerei interessiere.
Was machst Du denn mit deinen ganzen Bildern, wenn sie sich schon stapeln, wenn ich fragen darf?

 Access meinte dazu am 20.08.20:
hähä...dann hat der seine Bescheidenheit aber gut getarnt - letztlich hat er sich ja dann doch herausgenommen zu bestimmen, was "gute Literatur" ist und was seicht, was lesenswert erscheint und was nicht - und hat dabei doch auch nur durch seine fachlich gefärbte Bewertungsbrille gesehen...
... was ich mit den Bildern mache? Ein Teil hängt an der Wand, ein Teil wartet noch darauf und ein anderer Teil, nämlich die Werke, die mir so gar nicht gefallen, sind hinterm Sofa verschwunden...dort ist Platz...

 AZU20 (19.08.20)
Warum auch? LG

 Access meinte dazu am 20.08.20:
...naja..weil kein Platz mehr an den Wänden ist....wohin damit ?
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