Die Geschichte vom GORILLA.

Anekdote

von  Willibald

Nach dem Filmbesuch  nimmt  D_R  in einer Kneipe nahe beim Kino Platz.  Nimmer sitzt bereits da, Willibald sowieso, der8. trinkt Tee,

Graeculus streicht sich seinen Bart: „Seltsam, o Dieter, diese Geschichte mit dem Kino und der Schnecke, die mir Nimmer und Willibald und der8. gerade erzählt haben. Die  Schnecke sitzt  rechts von dir, wenn auch nicht unmittelbar rechts, und hat auf die Frage, was sie hier mache, geantwortet: ,Ich habe das Buch geliebt`. Dieses Szenario kongruiert nicht mit unserer Vorstellung von der realen Welt. Einmal, weil man keine Kinogänger unter den Schnecken findet. Dann weil die Schneckenauskunft unseren Dieter keineswegs befremdet. Die Inkongruenz mit der Wirklichkeit, die Inkongrenz im Plot Filmbesuch,  spielt für Dieter plötzlich keine Rolle mehr. Er findet das verfilmte Buch ´verplappert´.

„Oh, Graeculus!“, sagt Nimmer und schweigt dann vielsagend. Auch der8. schweigt. Und lächelt. Graeculus überlegt, ob er an den Vokativ "Graecule" erinnern könnte, schweigt dann aber.

In dieses Schweigen hinein erhebt dann Willibald seine Stimme: „Wie wir wissen, ist Inkongruenz meist ein Quell der Komik  und des Lachens. Menschen lachen bei Inkongruenzen, aber auch bloß wenn sie gekitzelt werden. Ein eher mechanischer Reiz ohne Beteiligung des Bewusstseins, könnte man sagen. Ein  Reflex. Nun ist es so, dass  Affen ihre Mitaffen kitzeln und diese gekitzelten Affen und die kitzelnden Affen lachen, sogar die zuschauenden Affen lachen. Offensichtlich ein gewaltiger Reiz, den wir Menschen bei uns wiederfinden."

"Oh, das mag so sein", sagt Graeculus, "das wird in wissenschaftlicher Literatur so berichtet. Man denke etwa an Johanna Eckert, Sasha L. Winkler und  Erica A. Cartmills:  Just kidding: the evolutionary rootsof playful teasing - Ich sage nur Theory of Mind."


"Nun", nimmt Willibald wieder das Wort, "ein Mitbewohner unserer Senioren-WG brütet seit längerem über der Frage, ob Affen auch  Ungereimtheiten erkennen und so das verstehen, was uns Menschen witzig vorkommt. Und ob sie vielleicht sogar auf ihre Weise Witze generieren.

Also,  unser Mitbewohner, er heißt  Friedrich,  begann damit, Feldforschung zu betreiben, um das herauszufinden: Friedrich ging am frühen Morgen in den Zoo Hellabrunn. Als er vor dem Gehege des Gorillas stand, bemerkte er, dass der Gorilla ihn aufmerksam beobachtete. Friedrich winkte dem Gorilla zu, der Gorilla winkte zurück. Er klopfte sich auf den Bauch  und der Gorilla kopierte ihn. Friedrich sprang auf und ab, der Gorilla begann zu springen. Friedrich machte Grimassen, zog an den Haaren, hüpfte auf einem Fuß, drehte sich im Kreis und schlug auf seine Brust. Seine Mätzchen wurden vom Gorilla im Käfig genauestens imitiert.

Plötzlich kam  Wind auf und unserem  Friedrich  geriet  etwas Sand in die Augen. Friedrich rieb sich das  Auge, um wieder besser sehen zu können. Dabei trat er unwillkürlich näher an den Käfig heran, um das Gleichgewicht zu halten. Als er sein Augenlid nach unten zog, um das Partikel zu entfernen, drehte der Gorilla durch, schlug gegen die Gitterstäbe, streckte die Hand aus, packte den immer noch recht rüstigen Senioren und zog ihn heftig gegen das Gitter, so dass Friedrich laut aufschrie.

Als der Tierpfleger den Tumult hörte und herüberkam, erzählte ihm  Friedrich , was passiert war. Der nickte und erklärte, dass in der Sprache der Gorillas das Herunterziehen des Augenlids F** dich bedeute. Mit dieser Erklärung fühlte sich das Opfer des Gorillas nicht besser, aber er akzeptierte sie. Trotzdem  brodelte in Friedrich doch ein gewisser Unmut. Also plante er Vergeltung. Am nächsten Tag kaufte er zwei große Messer, zwei Partyhüte, zwei Luftrüsseltröten  und eine große Wurst. Er steckte sich die Wurst in die Hose und eilte in den Zoo und zum Gorillakäfig, in den er einen Hut, ein Messer und eine Luftrüsseltröte warf.

Dann setzte er sich einen Partyhut auf. Der Gorilla sah ihn an, sah den Hut an und setzte ihn auf. Als nächstes hob Friedrich den Luftrüssel  auf und blies. Der Gorilla hob seine Tröte auf und tat dasselbe. Friedrich wirbelte im Kreis und blies. Der Gorilla tat dasselbe. Dann nahm Friedrich sein Messer und schwang es über seinem Kopf. Wieder kopierte der Gorilla diese Aktion.

Als nächstes zog Friedrich  die Wurst aus der Hose und schnitt sie ordentlich in zwei Hälften. Der Gorilla betrachtete einige Sekunden lang das Messer in seiner großen, behaarten Hand, schaute auf seinen eigenen Schritt und zog das Augenlid herunter.“

Die Zuhörer wollen gerade etwas sagen, aber Dieter kommt  ihnen zuvor: „Willibald“, sagt er, „wenn diese Geschichte ein Witz war, dann ist sie  zu lang. Man versteht das  ja gar nicht, weil man den Anfang vergisst, da war irgendwas.“ „Ja“, sagte Nimmer, „mündlich erzählt ist das schwierig zu verstehen, geschrieben …“.
D_R unterbricht ihn: „Und wenn die Geschichte real war, dann wäre sie besser ein Witz.“

Graeculus, der8., Nimmer, Willibald schweigen beeindruckt und denken  nach.


 Johanna Eckert, Sasha L. Winkler und  Erica A. Cartmills (2020): Just kidding: the evolutionary rootsof playful teasing

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (30.09.20)


Ich werd nimmer (Tschuldigung, Nimmer).
Am allerbesten gefällt mir die Sache mit dem Augenlid.
Da ich aber zum Denken aufgefordert werde, überlege ich mir spontan, ob wohl ein Zusammenhang zwischen Inkongruenz und Inkontinenz zu verzeichnen ist ...

Entzückte Grüße
der8.

 Willibald meinte dazu am 01.10.20:
Doppelt entzückte Grüße zurück.
ww
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