Zurück

Erzählung

von  minze

Ich komme ein bisschen als Fremde zurück. Einige Monate weg im Ausland bin ich seltsam zurückversetzt. Also jetzt in praktischer Ausbildung, es ist anders als Studieren. Ich habe keine Wohnung, erst für den nächsten Monat. Hanno gibt mir sein WG-Zimmer, er jobbt und hat jetzt eine Freundin. Er ist zwischen unserem Abschied im letzten Jahr und jetzt in einem ganz neuen Leben gelandet. Dass er mir hier einfach das Zimmer lässt.
Beim Einzug damals war er halb in Trennung, er sah die WG als Chance. Sie war die richtige Entscheidung. Dann ging ich und nun sagt er, er brauche das Zimmer nicht. Ich könne so lang bleiben, wie ich will. Ich sehe ihn wenig. Er ist bei seiner Freundin oder arbeitet.


Auf seiner Matratze liegt halbseidene Bettwäsche. Ich fühl sie selbst dann intensiv, wenn ich einen langen Schlafi trage. Ich schau, wenn ich drauf lieg, alle Bücherreihen an, die beschrifteten weißen Boxen, das Backsteinregal und den Drucker, der noch dasteht. Damals war sehr er von seinem Wlan-Drucker begeistert. Er führte ihn vom Sofa aus vor, als erZweimal Kaffee!! ausdrucken ließ. Seine Exfreundin stand daraufhin in der Türe, mit dem Vogel an der Stirn.


Er hat auch neue Freunde. Ich war schneller mit dem Examen fertig, als er meinte, er mache länger, hat es mich gewundert. Habe es aber gut hinbekommen, auch ohne andere Lernpartner. Ich war damals mit Janine in einer WG, sie hatte einen anderen Fachbereich. Wir lernten stumm nebeneinander und tranken abends was. Er hat einen Bekannten von mir und einen zweiten Typen aufgegabelt. Er lernte nicht nur mit ihnen, sie gingen auch pumpen. Aber keiner von ihnen war dabei, als wir uns noch zum Kicken trafen. Nur einer aus der WG, der Hanno fies anrempelte, sobald der mit dem Ball voll in die Drecklachen ging. Was für ein Einzelmob gegen den Rest der Leute.
Für mich war das Kicken auch Mutprobe oder Ersatz fürs Joggen, eben ein Versuch, wie ich mich fühle, wenn Hanno alle zusammenruft, die, die richtig kicken, die, die sonst auf dem Sofa sitzen und Freunde wie ich, die einfach rauskommen, wenn man anruft. Sich einer so ungewohnten Situation aussetzen; wenn man dabei zum Lachen kommt, zu aufgeschürften Knie und Radler trinken. Er wollte in der Hauptsache acht Leute zusammen kriegen, Serena und ich haben nicht unbedingt je in der Gegenmannschaft gespielt. In den Momenten habe ich mich überwunden und Freude dran gefunden. Wenn wir miteinander geredet haben, dann hatte ich mehr zu sagen, aber wenn ich um eine Antwort gebeten hab, schien er bereit. Und ich sowieso.
Als wir im Innenhof meiner alten Wohnung saßen und rauchten und er dann drinnen aufmachte und richtig vor mir auslud, war das ein Auslöser; ich habe ihn umarmt. Für mich war das halbe Jahr auch beängstigend, weil ich Angst hatte, fort zu bleiben, bei meiner Beziehung. Jetzt bin ich wieder hier und es ist wieder beängstigend, dass ich zurück bin.


Wenn wir zusammenkommen, manchmal zu sechst, dann hier. Ich bin schon vor Ort und kaufe ein. Seine Mitbewohner sind, glaube ich, auch voll drauf aus, ihn wieder zu haben. Also steh ich in der Küche und lass den Gorgonzola in der Sahne schmelzen, während er mit ihnen Späße macht und ansagt, wo Getränke und Gläser stehen. Seine Freundin kommt lachend zu mir und umarmt mich von hinten. Sie stapelt vier Packungen Gnocchi neben den Kochtopf, kommentiert übertrieben! und fragt mich, ob ich Risiko spiele. Sie bleibt nach dem Ausschenken bei mir und wir reden miteinander. Er habe mich vermisst, sie erzählt mir alles, was sie von mir weiß. Sie erzählt mir, wie sie zusammenkamen, löffelt mit mir Sauce aus dem Topf. Bevor die anderen bereit sind zu essen, gehen sie noch zweimal Zigaretten holen. Einmal im Rewe, einmal bei der Tanke.

Wir trinken also, reden weiter vorm Essen. Wie hältst du es auf diesem Klo aus? Geht das Duschen?. Ich pruste das Weinschorle aus. Du sitzt mit dem Arsch draußen, im kalten Februar. Das Warmwasser tropft nur, aber ich schlafe in Seide; ich fühle mich zu Hause.

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