Die Stimme klingt verunsichert, als du sagst, dass du nicht länger sprechen kannst. Ich glaub, du hast noch Sehnsucht übrig. Ich fühl‘s am Samstag und Sonntag, dein Bedauern legt sich warm um meinen Bauch. Ich fühl mich frei. Du willst zu mir und bedauerst, dass du keine Zeit hast. Frei oder bewegt, ich wechsle dazwischen, wähle das freie oder bewegte Gefühl.
Kommende Woche fahrt ihr an den Lago Maggiore. Wenn dich weiter Sehnsucht belegt, die raus will, nicht kann, dann fühl ich sie. Sie kitzelt mich und ist unteilbar, im Gefühl ist meins bedingungslos.
Die meiste Zeit, die wir in den Stunden am Telefon aneinander sind, warst du woanders arbeiten, war sie woanders arbeiten. Ich hatte die Information und konnte ihr nichts abgewinnen, den Kontext nicht bestimmen.
Wie wir sprechen, was es ist, ummantelt uns vollkommen. Und wie es in kurzem Abstand und langen Stunden weiterwill; dreister und direkter, schöner. Es verblasst, was an Alltag ins Leben will.
Vielleicht hielt es mich kurz an, wie du sagtest, du seist in einer Beziehung. Aber schon beim zweiten Ineinandergehn konnt ich nichts von außen denken. Von einer Beziehung denken, was über unsere Nähe bestimmen kann. Nichts, was darüber bedeutet.
Als ich mich von meinem Freund freigemacht hab, wollte ich mir eine dicke Haut anlegen. Vielleicht stabil werden. Die andere akute Möglichkeit warst du, war, mich weiter häuten, weil nichts mehr zu verschenken wäre oder zu verlieren. Mein Eindruck, dass mein Gefühl so zerlottert sei. Dass ich zerfließen könnt, ohne mehr Substanz zu verlieren. Am rohen Punkt rühren und herausschälen, ohne was darauf zu geben, was ich anlegen könnt, auf was ich einzahlen wollte.
Jede Minute, die ich da lieg, die ich in dir bin, besetzt eine Freiheit, die unabhängig von deiner ist. Die stille Übereinkunft, dass ich nicht anrufe, wenn ihr in Italien seid. Ich ruf nicht an und gehe nicht mit Freunden aus, weil wenn, dann würdest du anrufen, vielleicht doch anrufen. Vielleicht in einem Moment eine kurze SMS, vielleicht von einem Streifzug unterwegs. Du hast mich von zu Hause einmal angerufen, als du mit dem Hund unterwegs warst. Es war nicht so ideal, um sich etwas ins Ohr zu flüstern, aber wir waren deinem Hund dankbar und er war ein guter Zeuge. So lange hat er nicht mehr gelebt und in Italien ist er schon nicht mehr dabei. Ich gehe aus dem Bett raus, bleibe immobil auf meinem Balkon, es ist warm und ich spürs an meiner Haut, aber wie mich die Worte blockieren, die ich nicht schreibe, die ich nicht sage, wird die Hitze falscher. Einige Zeit kann ich mich zwischen keinem Gefühl mehr entscheiden.
Ich sehe also deine Frau, als ich wieder an den Kühlschrank gehe. Gegen meine Routinen habe ich Eistee gemacht und suche einen Strohhalm. Ich werde dich nicht erkennen, wenn du von den Tagen am See erzählen wirst. Vom Essen und deinen Schwimmzügen, den Bergen. Momenten, in denen sie dabei ist. Also sehe ich sie, wie sie dich schwimmen sieht oder mitschwimmt ohne, dass du dann ihr Dasein bedenkst. Und mit welchem Gefühl du von ihr gesehen wirst, weil ich nicht weiß, welchen Blick du ihr zurückgibst.
Wie ich sie schließlich treffe, können wir uns nicht entscheiden, wer stört. Als du dich zurückziehst, spreche ich vorsichtig mit ihr. Dann bittest du sie, zu kochen. Ich decke den Tisch.