Bei Wein und Verlorenheit
Interpretation
von nadir
Anmerkung von nadir:
Danke HerzDenker, für die Anregung
Kommentare zu diesem Text
Ohne etwas über das gesamte Werk sagen zu wollen, möchte ich auf ein Detail hinweisen:
Das Gebot aus dem Deklalog, über das Du Dich äußerst, lautet (in der Übersetzung von Buber/Rosenzweig):
Es ist also nicht verboten, sich irgendwelche Bilder von irgendetwas auf, über oder unter der Erde zu machen (kein Verbot darstellender Kunst), sondern dieses Bild dann anzubeten!
Im Fall, auf den Gott alias Moses sich bezieht, hatten die Israeliten einen Stier (wohl den ägyptischen Apis-Stier) hergestellt und ihm dann göttliche Ehren erwiesen; das weckte Gottes Eifersucht.
Wenn aber beispielsweise Picasso aus einem Fahrradlenker und einem Fahrradsattel einen Stierkopf herstellt, ist das o.k., solange niemand ihn anbetet.
Das Gebot aus dem Deklalog, über das Du Dich äußerst, lautet (in der Übersetzung von Buber/Rosenzweig):
II. Nicht mache dir Schnitzgebild, und alle Gestalt, die im Himmel oben, die auf Erden unten, die im Wasser unter der Erde ist, neige dich ihnen nicht, diene ihnen nicht, denn ICH dein Gott bin ein eifernder Gottherr, zuordnend Fehler von Vätern ihnen an Söhnen, am dritten und vierten Glied, denen die mich hassen, aber Huld tuend ins tausendste denen die mich lieben, denen die meine Gebote wahren.
Im Fall, auf den Gott alias Moses sich bezieht, hatten die Israeliten einen Stier (wohl den ägyptischen Apis-Stier) hergestellt und ihm dann göttliche Ehren erwiesen; das weckte Gottes Eifersucht.
Wenn aber beispielsweise Picasso aus einem Fahrradlenker und einem Fahrradsattel einen Stierkopf herstellt, ist das o.k., solange niemand ihn anbetet.
Na, Grenzbereich ... das ist ja schon eine Frage der richtigen Interpunktion. Und selbst, wenn das Kommata da an der rechten Stelle steht, ist damit nicht gesagt, dass da kein "und" mitschwing.
Es könnte ja auch, sogar in dieser Übersetzung lauten; mache dir kein Bildnis und bete es nicht an, denn ...
Es könnte ja auch, sogar in dieser Übersetzung lauten; mache dir kein Bildnis und bete es nicht an, denn ...
Natürlich ist da ein "und" mitgemeint, und zwar ein einschließendes "und", d.h. beide Bedingungen müssen erfüllt sein, damit es verboten ist. Etwa wie: "Du darfst nicht Alkohol trinken und dann noch mit dem Auto fahren."
Entscheidend ist, daß der Satz über das von Dir Zitierte hinaus weitergeht; das wird nicht nur bei dir, sondern oft 'unterschlagen'.
Entscheidend ist, daß der Satz über das von Dir Zitierte hinaus weitergeht; das wird nicht nur bei dir, sondern oft 'unterschlagen'.
Ich sehe nicht, dass dieses "und" einschließend gemeint sein müsste.
hast du, eine möglichst klare, deutlichere, aber an originaltext orientierte übersetzung, die mich eines besseren belehrt? denn ich kenne breide interpretationen, deine und meine.
hast du, eine möglichst klare, deutlichere, aber an originaltext orientierte übersetzung, die mich eines besseren belehrt? denn ich kenne breide interpretationen, deine und meine.
Andere Übersetzung;
"„Dann sprach Gott alle diese Worte: Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. (Punkt) Du sollst dir kein Gottesbild machen (schließt das Jahwe nicht mit ein) und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. (Punkt) Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der
"„Dann sprach Gott alle diese Worte: Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. (Punkt) Du sollst dir kein Gottesbild machen (schließt das Jahwe nicht mit ein) und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. (Punkt) Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der
Antwort geändert am 12.12.2021 um 20:39 Uhr
Maßgeblich ist natürlich das hebräische Original, mit dem ich allerdings leider nichts anfangen kann. Ersatzweise benutze ich jüdische (nicht christliche) Übersetzungen, in diesem Falle die von Buber/Rosenzweig. Wenn Du möchtest, kann ich noch die von Moses Mendelssohn nachschauen. Und in der Septuaginta kann ich nachsehen und das dann sogar beurteilen.
Inzwischen sind wir uns immerhin einig, daß das ursprüngliche Zitat unvollständig war. Auf keinen Fall darf man das, was nach dem "und" kommt, einfach ignorieren.
Christlichen Übersetzungen verdanken wir manch haarsträubenden Fehler, z.B. das "Auge um Auge, Zahn um Zahn".
Inzwischen sind wir uns immerhin einig, daß das ursprüngliche Zitat unvollständig war. Auf keinen Fall darf man das, was nach dem "und" kommt, einfach ignorieren.
Christlichen Übersetzungen verdanken wir manch haarsträubenden Fehler, z.B. das "Auge um Auge, Zahn um Zahn".
"Christlichen Übersetzungen verdanken wir manch haarsträubenden Fehler, z.B. das "Auge um Auge, Zahn um Zahn".
Egal, ich unterschlage hier aber eigentlich gar nichts, denn in den letzten Blöcken wird ja klar, dass sich die Menschen Gott zum Bildnis gemacht haben und dieses Bildnis anbeten. Das ist ja auch der Sinn der Celanschen zweiten Strophe. Nur weil ich die Srlbstvorstellung Jahwes nicht komplett zitiere, heißt das nicht, dass icj irgendetwas unterschlage, weil ich eben den Rest literarisch ausdrücke?
Oder: " Du sollst nicht töten" statt: "Morde nicht."?
Egal, ich unterschlage hier aber eigentlich gar nichts, denn in den letzten Blöcken wird ja klar, dass sich die Menschen Gott zum Bildnis gemacht haben und dieses Bildnis anbeten. Das ist ja auch der Sinn der Celanschen zweiten Strophe. Nur weil ich die Srlbstvorstellung Jahwes nicht komplett zitiere, heißt das nicht, dass icj irgendetwas unterschlage, weil ich eben den Rest literarisch ausdrücke?
Antwort geändert am 13.12.2021 um 08:45 Uhr
Hallo nadir
Ich las gerade eine weitere Interpretation im Netz, die in der Tat mit deiner konform geht. Der Schlüssel ist in der Tat der Schnee, welcher selbst aus der Neige (franz. Schnee) zu erlesen ist, als Asche der Juden. Diese Interpretation ändert natürlich radikal jedes Wort im Text und macht Gott selbst zum Angeklagten.
Wie ich anderswo schrieb, es fiel mir unheimlich schwer Celan zu interpretieren, d.h. allgemein wenn man sich sein Leben und Werk nicht selbst zu Ziel und Aufgabe eines intensiven Studiums macht. Warum er dem uneingeweihten Leser nicht wenigstens den einen oder anderen Schlüssel gab? "Grauer" Schnee hätte hier vielleicht gereicht.
Wie dem auch, die andere Deutung ist für mich deshalb nicht weniger 'richtig', denn einmal in der Hand des unvoreingenommenen Lesers, "gehört ihm das Gedicht"..
LG
Tula
Ich las gerade eine weitere Interpretation im Netz, die in der Tat mit deiner konform geht. Der Schlüssel ist in der Tat der Schnee, welcher selbst aus der Neige (franz. Schnee) zu erlesen ist, als Asche der Juden. Diese Interpretation ändert natürlich radikal jedes Wort im Text und macht Gott selbst zum Angeklagten.
Wie ich anderswo schrieb, es fiel mir unheimlich schwer Celan zu interpretieren, d.h. allgemein wenn man sich sein Leben und Werk nicht selbst zu Ziel und Aufgabe eines intensiven Studiums macht. Warum er dem uneingeweihten Leser nicht wenigstens den einen oder anderen Schlüssel gab? "Grauer" Schnee hätte hier vielleicht gereicht.
Wie dem auch, die andere Deutung ist für mich deshalb nicht weniger 'richtig', denn einmal in der Hand des unvoreingenommenen Lesers, "gehört ihm das Gedicht"..
LG
Tula
Kommentar geändert am 12.12.2021 um 19:08 Uhr
Puhhh. Ich würde jetzt beinah sagen; Gott sei Dank, denn da war ich mir nicht sicher, ob das nicht zu weit hergeholt ist. Aber du hast recht, Celan hätte es dem Leser manchmal leichter machen können, aber ich glaube auch, dass dann viel von seiner Fanszination verlorenginge.
Lg
Patrick
Lg
Patrick
um präzise zu sein, der Schnee wird dort nicht direkt als Asche gedeutet, aber es geht zentral um das Thema der Judenvernichtung, eigentlich alle Bilder mit direktem oder indirekten Bezug auf das alte Testament. Man muss es gut kennen, um die Brücken zu finden
Tula
Tula
Der Text, hat sich bei mir erst beim Schreiben entwickelt und eigentlich war es ganz logisch, wie ich darauf gekommen bin, es war einfach diese Gedankenkette;
1: Der Gott in der ersten Strophe ist anders, als der Gott in der zweiten Strophe.
2: Der Gott in der zweiten Strophe ist der Gott der Juden im allgemeinen. Also ein Gott, der die Welt gut geschaffen hat.
3: Also muss der Gott in der ersten Strophe die Welt schlecht geschaffen haben, denn um diesen Widerspruch drehen sich ja die gewählten Bilder.
4: Das einzige Bild, dass sich in der ersten Strophe, auf eine schlecht (kalte) Welt übertragen ließe, ist der Schnee.
und 5: was bewegte Celan am meisten? Eben der Holocaust. Der Rest ergibt sich dann von alleine, glaube ich.
1: Der Gott in der ersten Strophe ist anders, als der Gott in der zweiten Strophe.
2: Der Gott in der zweiten Strophe ist der Gott der Juden im allgemeinen. Also ein Gott, der die Welt gut geschaffen hat.
3: Also muss der Gott in der ersten Strophe die Welt schlecht geschaffen haben, denn um diesen Widerspruch drehen sich ja die gewählten Bilder.
4: Das einzige Bild, dass sich in der ersten Strophe, auf eine schlecht (kalte) Welt übertragen ließe, ist der Schnee.
und 5: was bewegte Celan am meisten? Eben der Holocaust. Der Rest ergibt sich dann von alleine, glaube ich.
Ich las eben noch etwas weiter. Das zentrale Thema ist wohl klar, die Deutung im Detail wahrscheinlich weniger, Symbolik, anderswo geht in phonetische Vergleiche usw.
Schnee ist für mich z.B. etwas 'Schönes', aber die Symbolik der Farbe Weiß beinhaltet in nicht wenigen Kulturen auch den Tod. Der Vergleich 'Gott reiten' und nicht den Teufel ... mag als Interpretation stimmen oder nicht.
Fest steht wohl, dass Celan ganz bewußt die 'normale Sprache' vermieden hat, um dem Unbeschreiblichen überhaupt Ausdruck zu verleihen
Sehr interessant, aber das Testament werde ich jetzt nicht extra lesen
LG
Tula
Schnee ist für mich z.B. etwas 'Schönes', aber die Symbolik der Farbe Weiß beinhaltet in nicht wenigen Kulturen auch den Tod. Der Vergleich 'Gott reiten' und nicht den Teufel ... mag als Interpretation stimmen oder nicht.
Fest steht wohl, dass Celan ganz bewußt die 'normale Sprache' vermieden hat, um dem Unbeschreiblichen überhaupt Ausdruck zu verleihen
Sehr interessant, aber das Testament werde ich jetzt nicht extra lesen
LG
Tula
Ach, das lässt sich auch einfach zusammenfassen;
Die Israeliten finden Gott geil
Gott findet das gut
Dann finden die Israeliten Gott doof
Das findet Gott aber gar nicht gut
Gott bestraft die Israeliten
Dann finden die Israeliten Gott wieder geil.
Das sagst du dann einfach zehn mal hintereinander und du brauchst das Buch nicht mehr lesen
Die Israeliten finden Gott geil
Gott findet das gut
Dann finden die Israeliten Gott doof
Das findet Gott aber gar nicht gut
Gott bestraft die Israeliten
Dann finden die Israeliten Gott wieder geil.
Das sagst du dann einfach zehn mal hintereinander und du brauchst das Buch nicht mehr lesen
HerzDenker (75) meinte dazu am 12.12.21 um 20:09:
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:D
Morgen wird der liebe Gott wohl DICH reiten
Morgen wird der liebe Gott wohl DICH reiten
Oops, der letzte Lacher galt natürlich deinem Kommentar davor
"Morgen wird der liebe Gott wohl DICH reiten "
urgs ...
Hey HerzDenker
Klar. Und es gibt ja auch Deutungen in diese Richtung. Du weiß - Spinoza, Meister Eckhardt, nicht nur als Mystiker usw.
Ich glaube aber, das Celan tief geprägt war, von dieser religiösen Zerissenheit seiner Zeit. Viele hatten das Gefühl, dass der Holocaust und ein guter Gott einfach nicht mehr in Einklang zu bringen sind. Und wenn ich einen Text interpretiere, nehme ich lieber die Position des zu Interpretierenden ein, als viele eigenen Gedanken einzuflechten, denn dann würde ich eher einen Essay, als eine Interpretation schreiben, glaube ich
urgs ...
Hey HerzDenker
Klar. Und es gibt ja auch Deutungen in diese Richtung. Du weiß - Spinoza, Meister Eckhardt, nicht nur als Mystiker usw.
Ich glaube aber, das Celan tief geprägt war, von dieser religiösen Zerissenheit seiner Zeit. Viele hatten das Gefühl, dass der Holocaust und ein guter Gott einfach nicht mehr in Einklang zu bringen sind. Und wenn ich einen Text interpretiere, nehme ich lieber die Position des zu Interpretierenden ein, als viele eigenen Gedanken einzuflechten, denn dann würde ich eher einen Essay, als eine Interpretation schreiben, glaube ich
HerzDenker (75) meinte dazu am 12.12.21 um 20:36:
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