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Zwei Gedichte

Interpretation zum Thema Alles und Nichts...

von  nadir

Wenn ein Wort,
dem längst das Du entronnen
als Echo immer wieder kehrt.
Wenn eine Lücke
in dem Mauerwerk
dir nur von diesem Stein erzählt:
Dann steigt ein Duft
- er ist von Rosen schwer,
und eine Träne läuft,
der Zeit erinnernd hinterher.

„Ralf Langer“


Wenn – Dann, ein Blocksatz zu einem Kreis gebogen, mit Worten, die alle Schwermut des Lesers mitnehmen und dem Kreislauf zuströmen. Ganz wichtig; ein Gedicht, das eine geschlossene Bewegung vollzieht, ist ein Gedicht ohne Ausgang. Es geht nur von sich aus, wird bewegt und bewegt dabei den Leser, um zuletzt wieder zu seinem Anfang zurückzuströmen. Ein Dichter wie Ralf weiß natürlich, was er da tut! Er gibt dem Habitus der Zeilen, mit der bloßen Wenn – Dann Struktur, nicht nur eine Aussage, die sich selber zuschließt, sondern er fordert den Leser mit dieser Struktur auch auf, das Gedicht als allgemein gültige Aussage zu begreifen. Denn Wenn – Dann, ist seinem Charakter nach, nur die Zweifaltigkeit eines eigentlich Dreifaltigen Gottes. Sein Heiliger Geist, heißt „immer“. Denn; Wenn-Dann-Immer“

Was ist dieses „Wenn“? Ein Wort! Ein Wort ohne Gegenüber, welches nur das Echo, die Erinnerung, unvollständig besitzt. (Denn ein Echo kann ein Wort nie ganz besitzen). Eine Zerbrochene Beziehung, die in der Müdigkeit und Vielfalt der Jahre verloren gegangen ist. Abgrenzung war sie und Mauer gegen Unbill. Nun, wo der Gegenüber, der Du-Stein fehlt, erzählt die Lücke vom Verlust.

Das „Dann“ verlegt das Erinnern in das Zimmer der Rose,. Es löst die noch immer vorhandene Liebe auf, langsam, in ein Bewusstsein, dass Lücken sogar Mauern überleben. Und mit dem Wort „hinterher“ schließt das Gedicht. Vielleicht, wenn der aufmerksame Leser es bemerken will; dieses Wort ist der ganze Geist des Gedichtes, seine Essenz, sein Atom. Es ist nicht das Wort, dem das Du entronnen ist, das nicht! Aber es ist die Träne, die der Zeit erinnernd hinterherläuft und die ohne Ankunft ist, weil das Bild, auf das sie sich zubewegt, kurz vor der Ankunft zerbricht.




Ii


Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang
Frei sein vom Zwang


Unmittelbar wird Literatur in der Regel nicht erlebt. Sie wird vollzogen, als ein Wachsen. Manchmal verwächst man sich in einer Geschichte, oder in einem Gedicht. Man wächst auch nicht selten über das Geschriebene hinaus. Am häufigsten wächst man aber in die Schrift hinab, findet sich darin, hebt sich heraus, besieht sich und sagt; „sieh an, das ist so und so“. Zuletzt geht man gewachsen an sich selber fort.

Der Sinn dieses Experiments ist es, sich das Gedruckte anzueignen noch während man es liest. Sein Sinn ist unmittelbar wahr geworden, weil es den Leser zwingt sich so zu verhalten, wie das Gedicht es will. Es spielt mit seiner Natur. Der Leser wird die erste Zeile lesen, den visuellen Gleichschritt der Zeilen bemerken, das Ganze ins Auge fassen und es auslassen alle Zeilen zu lesen, weil er um den Inhalt der Zeilen schon weiß. Kurz; er ist frei vom Zwang das ganze Gedicht zu lesen.

Also macht der Leser die Erfahrung, dass der Inhalt des Gedichtes sich unmittelbar auflöst und wahr wird in seinem Verhalten. Ein Spiel mit der Neigung des Menschen, der den Text mit Sinn füllt, den eben die Neigung des Menschen ihm befiehlt. Aber es ist ein Einsekundenspiel. So schnell sich der Sinn errichtet, reißt er sich wieder ein. Es ist sozusagen ein selbstbezüglicher, ein Einwegsinn, weil er keinem Objekt der Außenwelt zugeeignet ist. Damit hat er, außerhalb des Sprachspiels keinen Wert, als alleine den seiner mahnenden Worte, es mit der Literatur nicht zu unmittelbar zu treiben. Sie also, wenn möglich in Versteckspielen zu schreiben, damit ihre Saat wachsen kann, während der Leser über sie nachdenkt und die Ernte einfahren will. 


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