RE

Erzählung

von  minze


Als du den Kollegen ohne Maske siehst, kommt ein Schwindel über dich, ich, sagst du, solle jetzt vor allem nicht zu viel machen, mein Sohn würde in nächster Zeit nicht einfacher.


Du sprichst weiter von ihm, ich habe es schon länger verarbeitet, wie er ohne Maske aussieht, weil ich mit ihm einige Videokonferenzen hatte. Hast du ihm nicht ins Gesicht geschaut, ihr habt doch zumindest Kaffee getrunken, sage ich. Das war so nervös, mit Maske an und ausziehen, sagst du. Ich habe jedes Kaffee trinken gezielt genommen. Wenn wir einen Termin haben, bewegt er mich zum Stuhl mit den Worten ich mache Ihnen zuerst einen Kaffee.



Ich finde es gerade einfacher, meine Geduld ist so weit wie die See. Ich bade darin Joscha, ich bemerke beunruhigte Gesichter außen, aber sie sind weit weg und wir bedeckt mit dem Wasser.


Es geht an mich, wenn einer am Rand steht, von dem ich mir ein Nicken, eine coole Geste wünsche. Jemand, der mich mag und ich will dann, dass er Joscha mag. Vielleicht würde er zunächst verwundert sein, in einem kurz angehaltenen Staunen vielleicht, doch nicht beunruhigt.


Wenn ich müde bin, bin ich es von der Ermüdung der anderen, dem Ziehen, dem Zucken in ihrem Gesicht. Ich schäme mich nicht. Ich gehe in Deckung, bevor sie was tun. 



--

Eine Frau in der Bahn in Strasbourg sagte, dass man ihm einfach eine Ohrfeige geben müsste.

Ich weine danach in der Bahn, Joscha lässt nach. Er hatte Mara mit der Zunge abgeleckt und geküsst. Wir sind bereits durch Frankreich gefahren. Ich sagte aufhören mit Lecken und wir bleiben sitzen, sie haben gelacht und weitergemacht, ich bin mit ihm durchs Abteil. Hab ihn gezogen, die Taschen irgendwo gelassen, es gab für uns einen Platz im Vierer.

Lese dort die SMS einer Freundin, ihr hatte ich zwischenzeitlich von der Fahrt mit den Kindern erzählt. Sie antwortet so warm, das und die Frau mit der Ohrfeige löst mich auf. Es ist gut, nicht mehr so zu tun.


Joscha umarmt mich und will wissen, warum weinst du, ich sag, dass ich müde bin, ich sage auch das mit der Frau, dass sie mich wütend macht. Sie fordert die Ohrfeige vor allen Fahrgästen, nachdem ihr Partner im mittleren Alter, ein bisschen drüber, dem stehenden Joscha sagt: Na komm doch her, komm doch. Komm doch auf meinen Schoß. Wir haben nicht reagiert, er hat ihn weiter eingeladen. Ich reagierte also doch, er sollte aufhören, er wird nicht auf Ihren Schoß gehen, wir finden einen anderen Platz. Die Frau die Ohrfeige hinterher.


Dann will Joscha wissen, welche Frau und ich zeige sie ihm, man erkennt sie an einer roten Cappy und dem schwarzen, hinten raus gehenden Pferdeschwanz. Er streichelt mich weiter, sie soll selber eine Ohrfeige kriegen, komm ich geh, aber ich möchte es nicht, kein Mensch soll geschlagen werden. Als wir ankommen, sind wir ruhig.


Ich habe noch in Strasbourg gehofft, den Kollegen zu sehen, aber das war nicht zufällig so. Für mich wäre es tröstlich gewesen, er hätte mich mit den Kindern gesehen.


Vielleicht ist der Bahnhof selten der Ort, an dem man zufällig Menschen trifft, auch wenn in meinem Kopf es immer der ideale Ort ist: ich stelle mir vor, ich könnte alle Menschen wieder sehen oder dort treffen, auch die, von denen ich mich einmal verabschiedet habe. Ganz auf einmal, in einer Zwischensituation, es gäbe für uns so viele Möglichkeiten, an diesem Ort hier oder dorthin zu fahren. Auch wenn es nicht eintrifft, bin ich immer noch mit dieser Hoffnung an den Gleisen und ich schaue mich um, ob es so ist, trotzdem.




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