mein siebter Geburtstag, kleiner Blondschopf

Text

von  Thal

Ich war noch nicht eingeschult, etwa das erste Jahr nach Tschernobyl. Wir sind gerade von Berlin aufs Land gezogen, ins Wendland, in ein kleines Dörfchen Namens Vietze, direkt an der Elbe. Wir, das war meine Mama und zwei kleinere Geschwister, sind damals das erste mal vom Papa abgehauen. Ich war deshalb oft wütend und traurig, wollte den ganzen Zoff nicht mehr. Vor allem nicht diese fremde Tante, die dann zu meinem Geburtstag auftauchte, um mir zu erklären, weshalb ich nicht mit meinem Papa zusammen sein konnte. Saß immer gerne auf seinem Schoß, wo es nach Leder roch, und ließ mir die Haare hinters Ohr streicheln, tobte so gerne mit ihm durch die Betten rum oder wir gingen auf abenteuerliche Spaziergänge und Fahrradtouren, wo es ja ständig soviel zu entdecken gab. Ich hatte mir doch nur eine komplette und friedliche Familie gewünscht, sonst nichts, aber das war unmöglich.

Deshalb bin ich dann auf eine ziemlich hohe Kiefer geklettert und wollte nie wieder herunter kommen zu diesem ganzen Wahnsinn. Unten standen diese Tante und meine arme Mami, redeten sorgvoll auf mich ein, dass das doch alles nicht so schlimm sei und es schließlich Kuchen gibt. „Ruhe!“ hab ich nur gebrüllt „haltet alle die Schnauze, macht euern Dreck alleine!!!“ und bewarf alles und jeden da unten mit Kienäpfeln und Stöckchen.

Irgendwann muss ich ja dann aber auch mal wieder runter gekommen sein, nehm ich an, als die Luft rein war, um meine Asterix und Obelix- Comics zu lesen und Flitzebogen zu schießen und natürlich, um meine Torte zu essen.



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Kommentare zu diesem Text


 Quoth (25.05.22, 09:45)
Hallo Thal, ist doch hübsch dort:
https://www.wendland-archiv.de/ort/Vietze
Hat Dich das auf die Dauer mit dem Umzug nicht versöhnt? Bist Du dort auch eingeschult worden?
Aber wenn es nur "das erste Mal" war, dass Ihr Berlin und Deinen Vater verlassen habt, seid Ihr wohl zurückgezogen. Und hat die Entscheidung fürs Wendland was mit der Anti-Atomkraft-Bewegung zu tun? Die Erwähnung von Tschernobyl lässt darauf schließen. Interessantes kleines Zeitfenster! Gruß Quoth

 Thal meinte dazu am 25.05.22 um 10:58:
Die Thalmühle^^ ..schöner Link . Besonders politisch aktiv isse nie gewesen, fand es einfach nen idyllisches Plätzchen und wollt schon ewig raus aus der Stadt, in die es nicht zurück ging, immer nur weiter und weiter. Werd dran bleiben und das    ein und andere anreißen, Einschulung in Gartow etc. 
dank fürs Interesse dir, besten Gruß aus Greifswald, mal wieder auf ner Wiese unterm Eichenbaum im Schatten.

Antwort geändert am 25.05.2022 um 11:00 Uhr

 Quoth antwortete darauf am 26.05.22 um 16:25:
Ist die Thalmühle der Ursprung Deines Namens?

 Thal schrieb daraufhin am 26.05.22 um 18:30:
Nee😄das ist Zufall!
„Thal“ das hab ich mir genommen, als sprießende Verbindung von den Sinnen zum Empfinden zum Beispiel usw. usf. 
Und „Quoth“??

 Quoth äußerte darauf am 27.05.22 um 10:48:
Quoth the raven: Nevermore
Ich habe Quoth für den Namen des Raben gehalten und habe ihn mir als Pseudonym für einen Artikel in der Schülerzeitung ausgesucht.  Später im Netz habe ich es dann trotz des Irrtums beibehalten.
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