Einer Wüste gleich

Monolog zum Thema Lebensbetrachtung

von  Nora

Einer Wüste gleich, dürstet meine Seele und jede Träne brennt salzig auf meinen Lippen.

Die Sonne wärmt mein Gesicht, doch nicht mein Herz. Der Wind streift mein Haar, doch nicht meine Gedanken. Herbstlich fallen die letzten Blätter von meinem Baum, dessen Wurzeln einst so stark und standfest waren, dass kein Sturm ihn entwurzeln hätte können.

Doch heute sind selbst die Wurzeln verdorrt. Die Rinde schält sich vom Stamm, wie eine Schlange ihre Haut abstreift. Wie ein Fisch an Land, wie ein Vogel ohne Flügel. Wie leicht gesagte Floskeln, die ungewollt über meine Lippen gleiten.

Geblieben von der Liebe Rosen sind die Dornen. Blutend umfassend, haltend, als einzig Gebliebenes in einem düsteren, tristen, leeren Land.

Gedanken über Gedanken – sich drehend, wie ein Karussell. Es nimmt Fahrt auf, dreht sich immer schneller und schneller, so dass ich beinahe den Halt verliere. Der Boden schwankt unter mir und ich will nur noch hinaus. Hinaus aus diesem Leben das längst nicht mehr lebenswert ist.

Und doch stehe ich noch hier! Mit letzter Kraft kämpfend gegen einen unsichtbaren Feind. Schatten der Vergangenheit nehmen Zeit und Raum ein. Den Blick weiterhin starr auf den Horizont gerichtet. Die Zeit verrinnt, Stunde um Stunde vergeht.

Wartend auf meiner Selbst und nicht mutig genug, diesen letzten Schritt am Abgrund zu wagen. Ja, ich bin ein Feigling! Ein Nichtschwimmer im Haifischbecken. Der letzte Zug an einer Zigarette, der letzte Holzscheit, der im Kamin verglimmt, ein Hasenfuß, der sich in seiner Höhle versteckt.

Meine Augen sind schon lange so schwer und müde, doch etwas treibt mich innerlich, sie nicht für immer zu schließen. Ich bin ein Eisblock – gefroren in mir selbst. Ein Staubkorn im Dreck, dass keinen Cent mehr wert ist. Und schaue ich in den Spiegel und erblicke ich dort die Wahrheit, so sehe ich nur noch einen Schatten von dem, wer ich einst glaubte zu sein.

Sinnlos verloren in der Zeit, vergangen im Schmerz, verzweifelt und doch verwurzelt mit diesem Leben, das ich mir nicht ausgesucht habe. Ein Leben, das mich jeden Tag auslacht!

Ich bin eine Marionette – Faden für Faden selbst aus der Hand gegeben, so dass ich heute wie fremdbestimmt von Tag zu Tag lebe.

Es bleibt der lachende Clown, dessen Tränen niemand sieht. Und sieht man sie doch, so glaubt man, es seien Freudentränen.  Irgendwo im dritten Akt fällt für einen kurzen Moment der Vorhang. Durchatmen! Tosender Applaus verkündet den nächsten Akt. Bitte lächeln, denn die Hauptrolle verlangt es, perfekt gespielt zu werden!

Ich verstecke und verberge die Gedanken – die ungeschönte, brutale Wahrheit –, auch wenn ich immer und immer diese kleine Stimme in mir höre, die um Freiheit bettelt. Sie schreit mich an – sie weint – sie lacht – sie klagt… doch ich, ja ich bleibe stumm bis die Nacht kommt. Dann schleichen sich die dunklen Gestalten an mein Bett und folgen mir bis in den Traum. Sie lassen mich nicht los. Sie sind hinter mir – rufen meinen Namen. So gehe ich schneller, bis ich letztlich davonlaufe – so schnell mich meine Füße tragen und doch komme ich nicht schnell genug voran. Ich spüre den Atem im Nacken. Es ist die Angst, die mich treibt. Eine kalte Hand die nach mir greift und mir die Luft zum Atmen raubt. Getroffen von Erinnerungsgeschossen, umzäunt von all dem, was ich hinter mir lies, als ich die Flucht ergriff. Ein letzter Blick gen Himmel, der Wunsch fliegen zu dürfen. Dann versinke ich im Morast. Die Last wiegt schwer. Augen, die ihren Blick von mir abwenden. Es bleibt die kalte Hand, die mich tiefer und tiefer drückt.
 

Plötzlich schrecke ich auf. Liegend auf meinem tränengetränkten Kissen endet dieser Alptraum, zumindest für diese Nacht…

Kühl senkt sich das Laken tiefer und tiefer. Mit jedem Atemzug scheint es sich enger um meinen Körper zu schmiegen.  Ich halte meine Augen geschlossen und doch rinnen Tränen mein Gesicht entlang. Still liege ich da und lausche meinem Atem. Ein… Aus… Ein… Aus… Mein Herz, eben raste es noch, beginnt sich zu beruhigen und der Herzschlag sticht nicht mehr in meiner Brust, wie ein Messer, dass sanft in Butter gleitet. Gedanke über Gedanken beginnt sich über mir zu ergießen. Ein warmer Sommer-Eisregen. Bild für Bild hallen Echos durch meinen Kopf und verschwinden im trüben grau der Nacht. Irgendwann schlafe ich erneut ein und träume traumlos bis der Wecker mich hinausreißt und für einen kurzen Moment mich befreit.

Ein neuer Tag beginnt von vorn!

Die Emotionen, welche sich von Zeit zu Zeit in mir ausbreiten und mich ganz für sich einnehmen, sind kaum mit Worten zu beschreiben. Wie will, kann oder soll ich einen Zustand erklären, der allgegenwärtig kommt und geht, mit einem eigenen Sein bestückt, sich selbst lenkend, selbst denkend. Wie ein zweites Ich, das tief in mir lebt.

Denke ich an vergangene Zeiten zurück, so fühle ich mich manchmal, als wandere ich über Berge und Täler. Hin und wieder bestaune ich die Welt um mich herum, die hohen Berge mit ihren schneebedeckten Gipfeln. Kleine Bäche, die sich ihren Weg unaufhaltsam suchen. Eine Amsel singt ihr Lied und ein Specht klopft dazu im Takt. Eins, zwei, eins, zwei, eins, zwei. Kornfelder leuchten im sanften Licht der Sonne. Geborgen im Kreislauf des Lebens. Gehalten von der Schönheit der Natur, der Vielfältigkeit des Lebens. Mein Weg führt mich weiter und weiter hinauf auf einen Hügel und vor mir erstreckt sich die unendliche Weite des Seins. Die reine Existenz dessen, was das Leben ausmacht.

Auf einer Lichtung, von wildwachsenden Brombeeren umgeben, schützend zwischen Birken gelegen, erblicke ich ein Reh mit seinem Kitz. Dicht stehen sie einfach nur nebeneinander, die Köpfe aneinander gelehnt. Liebe. Mutterliebe. Mutter und Kind. So muss sich vollkommenes Glück anfühlen. Vor mir steht der Sinn des Lebens. Die Liebe!

Das, was mich eben noch so warm und freundlich begrüßte, mich einlud, mich an seiner Schönheit, seiner Reinheit und Freiheit teil haben zu lassen, erweist mir nun nicht mehr die Ehre. Dunkle Wolken ziehen erneut auf. Donner und Blitze erfüllen den Himmel. Es beginnt zu regnen.

So oder so ähnlich vergeht Stunde für Stunde, Tag für Tag. Ein Hin und Her. Eben noch von Zufriedenheit erfüllt – im nächsten Moment kniend im Dreck, bis ich mich erneut wie eine Blume der Sonne entgegen recke.




Anmerkung von Nora:

Auszug aus meinem unfertigen Buch "Wenn es Nacht wird"... ob das Buch jemals fertig wird, weiß ich nicht.. vllt veröffentliche ich nach und nach Auszüge. Ich hoffe, es gefällt Euch. Freue mich über Rückmeldungen (auch wenn ich aktuell nicht allzu oft hier sein kann - gesundheitliche Gründe...) 
Wünsche allseits einen schönen Tag!

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (03.08.22, 17:59)
Metaphernsalat, kaum Handlung.

 Nora meinte dazu am 03.08.22 um 18:08:
Danke Dir. Handlung ist in dem Teil auch nicht wirklich vorgesehen. Wie geschrieben, es ist ein Auszug. Freut mich, dass Du es als Salat bezeichnest... so soll es auch sein. Sprich, es soll verworrene Gedanken beschreiben, ein "Durcheinander" in sich selbst... Danke!! :)

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 03.08.22 um 18:13:
Ein ungewöhnliches literarisches Ziel.

 Nora schrieb daraufhin am 03.08.22 um 18:23:
Ja, dass mag sein :) Ich mag ungewöhnliche Wege. In dem Buch - vielleicht fehlt das als Erklärung - spricht das "Ich" mit dem Leser. Bittet ihn mit auf eine Reise durch sein Leben zu kommen. Ich habe noch einen zweiten Auszug veröffentlicht - natürlich besteht nicht das ganze Buch aus Erzählungen in dieser Art. Da ich aber vermutlich niemals damit fertig werde, dachte ich mir, dass ich zumindest mal einen Auszug veröffentliche und schaue, was andere darüber denken. Daher hilft mir Kritik immer sehr. Danke nochmals dafür :)
Thal (44)
(03.08.22, 23:51)
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 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 04.08.22 um 08:04:
Wieso glaubst du, der Text sei wirr?
Agnete (66)
(04.08.22, 12:28)
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 Nora ergänzte dazu am 10.08.22 um 13:08:
Danke Dir für den Kommentar. Es ist ein Auszug aus meinem Buch, vllt kommt es Dir daher so lang vor? ich freu mich, wenn es Dir dennoch gefallen hat. Lieben Gruß zurück
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