in der dunkelkammer des vergessens

Text

von  plausibel

sein russischer bordell-gang endete mit dem entschluss,

der widderspenstickeyt und abgotterey gegen sein land

nach art altpreußischer unionisten schlussendlich einhalt

zu gebieten.

 

gott, mache ein ende ihrem leid, schrieb er in das

gästebuch des stadt-bordells, das er eilends wut-

schnaubend mit langgehegter abneigung verließ,

gegen sie.

 

tyrannisch soll ihr vergolten werden, was die papisten

sich in finsterster brünstigkeit und geilheit einst ersonnen,

die wollust ihres entzückens sei ihre vergeblichkeit,

sprach er.

 

bespeie mit giftigem speichel das fruchtbare land, die
blühenden städte, begehe die morde der männer, ver-

übe das vergewaltigen der frauen, spieße auf die

gezückten bajonette die schreienden kinder.

 

nach art altpreußischer unionisten schlussendlich mache
schluss, damit die papisten ihr recht behalten, jetzt, mein

kahlköpfiger montaigne, jetzt schweige er. denn keine

feinde mehr sind tod, armut und gebrechen.

 




Anmerkung von plausibel:

Ich liebe Montaignes Essays. Sie sind keine Trivialliteratur. Wenn aber der Gott des Krieges seine Hand zornentbrannt gegen ein Volk ausstreckt, können auch Montaignes Essays keine wirkliche Tröstung mehr erbringen.

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Kommentare zu diesem Text


 AlmaMarieSchneider (24.02.23, 00:12)
Montaigne, eine interessante Persönlichkeit. Ich habe vor allem dies im Gedächtnis behalten:

Die Menschen können mit ihrem Verstand nicht wahrnehmen, was außerhalb ihrer Grenzen liegt: „Der Mensch kann nur sein, was er ist, und sich nur vorstellen, was seine Vorstellung faßt.
und es ist wahr.


Dein Text ist sehr schwierig zu verstehen. Ich musste mir ihn wieder hervorholen. Die Bartholomäusnacht muss bei ihm blankes Entsetzen ausgelöst haben. Was eigentlich Unterschiede überbrücken sollte (katholisch und protestantisch) endete im Massaker.

Habe mich wieder einmal gerne mit Montaigne befasst.

Liebe Grüße
Alma Marie

Kommentar geändert am 24.02.2023 um 00:13 Uhr

 plausibel meinte dazu am 24.02.23 um 09:13:
Wohl wahr! Im Ruhrgebiet als Philosophiestudent mit entsprechend oberflächlichen Französischkenntnissen (was Montaigne betrifft) lebend, kommt man an WDR 5 Das philosophische Radio nicht vorbei. Ich glaube, letztes Jahr im Oktober gab es eine Sendung über Montaigne, in der das lesenswerte Buch von Nils Minkmar "Montaignes Katze" (ein Roman) Gegenstand der Betrachtung der Essays Montaignes war. Ich fand die Sendung äußerst interessant, vor allem deswegen, weil auch über den Tod gesprochen wurde. Hier Montaignes Ansicht kennengelernt zu haben, bedeutete für mich eine Offenbarung, da der Tod wohl dasjenige ist, was die Menschen unserer Gesellschaft am meisten verdrängen. Hierzu Montaignes Ansicht zu kennen, nimmt meiner Meinung nach die Angst vor dem Tod und vor dem Sterben.

Was ich aber in den Poem-Zeilen ansprechen wollte, war der Ukraine-Krieg, der das ganze westliche gesellschaftliche und politische Dasein zum Einsturz gebracht hat. Seitdem leben wir in der ständigen Gefahr, dass unser Leben von heute auf morgen beendet sein könnte. Ich würde sagen, es ist die gleiche Bedrohung, in der sich auch Montaigne wähnte, als er ein Leben lang an seinen Essays, von denen es keine endgültige Edition geben kann, schrieb.

Die Bartholomäusnacht von 1572, Montaigne starb zwanzig Jahre später, war nicht nur für ihn, sondern auch für die ganze zivilisierte und vor allem christliche Welt ein ungeheueres Schockerlebnis, das in der Zeit der französischen Religionskriege, die 1562 einsetzten und erst sechs Jahre nach Montaignes Tod beendet worden sind, wohl den Höhepunkt des religiösen Konflikts darstellte.

Die Zeit der französischen Religionskriege, die eigentlich Bürgerkriege waren, lässt an unsere Zeit erinnern, vor allem an den russischen Zerstörungskrieg in der Ukraine, in der europäische Kriege nichts anderes als unheimlich erweiterte Bürgerkriege sind. Bürgerkriege sind die gegenwärtigen Kriege deswegen, weil sich die Komplexität eines jeden Krieges ungeheuerlich vergrößert und erweitert hat. Das ist noch gar nicht in unser Bewusstsein gedrungen. Mein Poem versuchte, dieser neu entstandenen Komplexität (einigermaßen) gerecht zu werden.

Es hat mich sehr gefreut, dass es dir gefallen hat. Es hat mich auch sehr gefreut, dass es Anlass geboten hat, dass du dich wieder mit Montaigne beschäftigt hast. Ich glaube, die Essays Montaignes kann man nicht lange genug studieren.

Antwort geändert am 24.02.2023 um 09:22 Uhr
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