Gespräch unterm Wind

Kurzprosa

von  Rosalinde

Es war ein kleines Café, etwas abseits der Straßen, hinter uns ein windiges, weites Feld. Wir waren die einzigen Gäste, draußen, unter der Pergola. Peter saß mir gegenüber, er blickte mich an, als suchte er etwas in meinem Gesicht.


Wir sprachen über Dinge, die nichts mit uns beiden zu tun hatten. Wollte er unsere Beziehung auffrischen? Warum sonst dieses Treffen? Wir hatten ein paar Jahre zusammengelebt und uns dann vor ein paar Monaten getrennt. Ein schales Gefühl noch heute. Seine Augen sprachen zwischen den Worten. Ich fühlte mich eingeordnet, abgeschätzt. Er ramponierte mein Selbstbewusstsein. Ich hätte nicht zusagen sollen.


Der Kaffee war kalt geworden. Ich trank die Tasse in einem Zug leer. Gesagt war alles.

Unser letztes Zusammentreffen, fühlte ich. Vielleicht sah er es mir an. Ich wollte es beenden, wusste aber nicht, wie. Er hatte sich verändert, schien zugenommen zu haben. Aber diese Selbstsicherheit, die keine andere Sicht zuließ! Ich kannte sie zu gut. Die Fremdheit, die ich spürte, war trotzdem neu. Eine Bö, der Wind zerrte an der kleinen Tischdecke.


„Damals“, sagte ich, „ist vorbei. Wir sind unsere eigenen Wege gegangen.“


Er nickte. Was gab es auch dagegen zu sagen?


Ich fragte mich noch immer, warum ich auf seinen Brief mit der Einladung zu einem Treffen eingegangen war. „Du hättest mich anrufen können“, sagte ich.


„Wärst du gekommen?“


„Ich muss gehen“, sagte ich. „Die Arbeit wartet.“ Entschlossen stand ich auf. ich wollte nicht länger mit ihm an einem Tisch sitzen. Das war es.


Wir gingen den Weg zum Bahnhof gemeinsam. Unten in der Halle standen wir, und ich suchte nach einem Satz, der nicht nach endgültigem Abschied klang. Oben fuhr meine Bahn ein. „Meine Bahn“, sagte ich, ein bisschen zu hektisch.


„Na, dann mach’s gut“, sagte ich. Und gab ihm die Hand. Mir war kalt geworden, ich glaubte noch immer den Wind über dem Feld zu spüren, der unser Gespräch ein paarmal fast unverständlich gemacht hatte. Ohne mich nach Peter umzusehen, eilte ich die Treppe nach oben. Die S-Bahn stand noch, mit offenen Türen.



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Kommentare zu diesem Text


 IngeWrobel (24.09.23, 08:12)
„Na, dann mach’s gut“, sagte ich dann. Und gab ihm die Hand. Mir war kalt geworden, ich glaubte noch immer den Wind über dem Feld zu spüren, der unser Gespräch ein paarmal fast unverständlich gemacht hatte.
Hier würde ich umstellen: "... ich glaubte noch immer, über dem Feld den Wind zu spüren, der unser ..." 


Sehr gut gefällt mir: "Seine Augen sprachen zwischen den Worten." 

Einige Wörter solltest Du streichen, z.B. im letzten Block, erster Satz das zweite dann
Im ersten Block: "... als suchte ... " 

Ich werde den Verdacht nicht los, dass Dich meine Traumgeschichte inspiriert hat – ist es so? Das würde mich freuen! 

Liebe Grüße in den Sonntagmorgen ... schicke Dir einen Sonnenstrahl. :D  
Inge

 Rosalinde meinte dazu am 24.09.23 um 10:42:
Liebe Inge,

schön, dass du reingesehen hast. Ja, das ist richtig, das
"dann" ist zuviel. Hier hatte ich korrigiert, habe ich übersehen. 

Die Umstellung "über dem Feld den Wind", würde die Aussage verkehren. Der Wind ist nicht nur das Subjekt,
sondern inhaltlich würde das ja bedeuten, dass uns das Feld gestört hatte, aber nicht der Wind. Wie bei den Nachrichten: Das Wichtige zuerst. Wir spürten ja nicht das Feld, sondern den Wind, der vom Feld herüberwehte. 

Deine Traumgedichte hat mich nicht direkt inspiriert, aber ich habe mehrere solcher kleinen Geschichten auf
Vorrat, noch nirgends irgendwie verbraten. Habe ich mir gedacht, warum nicht mal eine Geschichte? Sie sind leider alle aus dem PC raus, und ich muss sie neu eingeben und bei dieser Gelegenheit noch mal überarbeiten. Vor mehr als fünfzehn Jahren hatte ich ja nur Prosa geschrieben. Zu den Gedichten bin ich ja erst später gekommen. Kannst du dich erinnern, wie ich das erste Mal ein Sonett geschrieben hatte und du mir gute Ratschläge gegeben hast? Das war wirklich kameradschaftlich. Daran denke ich heute noch.

Der Tag bis jetzt war hier ziemlich verhangen, und ausgerechnet, wo du mir einen Sonnenstrahl schickst,
scheint die Sonne! Ich werde jetzt noch einen richtig schönen Spaziergang machen, um was für Gehirn und Seele zu tun.

Lieben Gruß, Rosalinde

Antwort geändert am 24.09.2023 um 10:44 Uhr

 uwesch (24.09.23, 10:18)
Sehr realitätsnahe Schilderung der schwierigen Situation. LG Uwe

 Rosalinde antwortete darauf am 24.09.23 um 10:47:
Danke, Uwe, fürs Reinsehen.

Lieben Gruß, Rosalinde
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