Darlana

Lyrischer Prosatext

von  tulpenrot

nur noch eine Stunde lang
übers Meer fliegen
- wie nah der Himmel, die Wolken, die Graugänse sind -
dann in ein düsteres Land eintauchen
eine fremde dunkle Sprache hören
und wieder - wie vordem -
auf einsamen Straßenbändern durch Wälder fahren

endlich komme ich am See an
bei dir

inzwischen
hast du das weiße Klavier gestimmt
für mich einen Kranz aus Margeriten und Kornblumen geflochten
den Tisch gedeckt
unter den Heringssalat rote Bete gemischt
den warmen Rosinenkuchen zerteilt
süßen Reisbrei gekocht
und eine bittere Mandel darin versteckt
ich finde sie
wie aufregend

morgen früh
rudern wir mit dem Kirchboot über den See
sagst du

wir rennen den Mücken davon
sammeln Heidelbeeren
bis unsere Hände und Münder blau werden

abends tragen wir sie und zwei bunte Holzpferdchen nach Hause
"Joakim uti Babylon hade en hustru Susanna"
singen wir unbeschwert

eine Nyckelharpa aus dem Nachbarzimmer
stört plötzlich und durchdringend unseren Gesang
warum jetzt? frage ich dich ärgerlich
deine Antwort
verläuft sich
in meinem Traum

"es ist so weit"
sagt eine feste Stimme tief in mir
"steh auf"


Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 ginTon (01.02.24, 23:38)
gefällt mir sehr gut, schön geschrieben oder besser gesagt, sanft dahingleitend bis zum plötzlichen und abrupten Ende...

 tulpenrot meinte dazu am 02.02.24 um 07:33:
freu mich, dass du den Text magst - trotz des abrupten Endes: So ist das eben, wenn das reale Leben sich meldet.

 AchterZwerg (02.02.24, 06:33)
Nur schade, dass viele Flughäfen wieder bestreikt werden ... 8-)

 tulpenrot antwortete darauf am 02.02.24 um 07:35:
nöö. ich kann sowieso nicht mehr verreisen ... nur noch in der Nähe rollatorern

 AchterZwerg schrieb daraufhin am 02.02.24 um 10:45:
O je,
das tut mir Leid.
Obwohl natürlich im Kleinen, beispielsweise der Marguerite, alles enthalten ist, einschließlich der schiefen Töne. :)

 tulpenrot äußerte darauf am 02.02.24 um 10:49:
Ich reise in Erinnerungen - da ist das Land groß und weit, und wenn ich dann aus den Bruchstücken Texte bastele, kann ich sogar die Misstöne ausblenden, wenn ich will.

 Quoth (02.02.24, 08:06)
eine fremde harte Sprache hören
Das Schwedische erschien mir immer wie ein freundlicher Gesang, verglichen mit dem harten Deutschen. Aber der Traum mag das vertauscht haben!

Schöner Text.

 tulpenrot ergänzte dazu am 02.02.24 um 08:23:
So ein Traum verzerrt manches, stimmt.
Aber ich denke darüber nach, ob ein anderes Wort auch passend sein könnte.
Jedenfalls danke für dein aufmerksames Lesen.

 Dieter Wal (02.02.24, 09:05)
Berührende Traumfetzen für Leser gepflückt. Danke.

 tulpenrot meinte dazu am 02.02.24 um 10:45:
Bitteschön, gern geschehen - und dir ein Danke

 AZU20 (02.02.24, 11:51)
Sehr schön. Plötzliches Ende. LG

 tulpenrot meinte dazu am 02.02.24 um 13:39:
Tja, so ist es eben, wenn der Wecker sich mit seinem Klingelton einmischt, und man aus einem Traum gerissen wird. Danke fürs Lesen und Sternchen LG zurück

Antwort geändert am 02.02.2024 um 18:16 Uhr
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram