FRÜHLING in reimen – auch mit treckern statt pferden, die längst vor den pflug gespannt werden... (4)
Sonett
von harzgebirgler
Fragment eines Wandteppichs mit der
Personifikation des Frühlings,
Ägypten, 4. Jahrhundert n. Chr.
“die wetterfrösche sind doch echt behämmert”
so fluchte heut jung lenz laut vor sich hin
“wo noch der tag mit minusgraden dämmert
ist meteorologisch mein beginn!
ich frier' mir meinen knackarsch deretwegen
seit mitternacht schon ab und kriege beul'n
am leibe schier vom frost da komm' ich gegen
ja überhaupt nicht an – es ist zum heul'n!”
der greise winter hörte das und lachte
sich klaro eins ins fäustchen, warm gehüllt
in pelz und wolle während er sich machte
vom acker, hatte ja sein soll erfüllt
zumindest meinen das die wetterfritzen
die eh an wetters schalthebeln nie sitzen...
(1.3.23)
*
im märzen schmeißt an
seinen trecker der bur
wo will er denn hin
mit - gar etwa zur kur?!
i wo keineswegens
das feld ist sein ziel
obzwar ihm ne kur
wohl weit besser gefiel’...
im märzen der bauer besteigt seinen 'fendt'
weil er ja nun rösslein schon lang nicht mehr kennt
zum pflügen des ackers - das kann man versteh'n
doch trecker vorm pflug sind weit weniger schön
im märzen der bauer traktort übers feld
dem solches traktieren auch kaum so gefällt
mit einer maschine - die wühlt sich hindurch
und zieht binnen kurzem voll furche auf furch
kein tier und gesinde hält ihn mehr auf trab
den bauern - der schmiert nur den traktor schön ab...
*
Jakob Michael Reinhold Lenz
es nahm der lenz sich einstmals sehr zu herzen
dass goethe ihn aus weimar weisen ließ
und konnte außerdem nur schwer verschmerzen
wie auf kein echo seine liebe stieß
zwar nicht zum dichterfürst doch henriette
die ihn vielleicht sehr glücklich gemacht hätte
obwohl sein geisteszustand schon alsbald
bedenklich war, starb denn auch noch nicht alt -
in büchners 'lenz' lebt er indessen fort
an literarisch unsterblichem ort...
https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Michael_Reinhold_Lenz
*
es lässt der frühling weiter auf sich warten
herr winter führt noch streng das regiment
duldet zwar ab und an schon einen zarten
frühlingshauch doch immerhin da trennt
ihn bislang noch ein weilchen vom beginnen
des frühlings dem kalender nach ab jetzt
selbst dann macht er sich langsam oft von hinnen
obwohl jung lenz herrn winter gerne hetzt
es muss der mensch sich in geduld halt üben
mitunter kommt der frühling schnell und lacht
als könnte ihn kein wässerchen je trüben
doch einen strich durch seine rechnung macht
nicht selten der april und dann vom eise
die heiligen stör'n auch gern lenzens kreise...
(11.3.23)
*
jung lenz sah ich sich schon die schuhe binden
und in die stirn fiel ihm dabei sein haar
solch lockenpracht ist nicht so oft zu finden
doch lenzens' die erhellt das frühe jahr
herr winter muss das feld dem liebreiz räumen
der nun im blütenkleid bald einzug hält
es grünen läßt auf wiesen und auf bäumen
auf atmet dann und durch die klamme welt
die kälte weicht, die sonne ist am scheinen
als hätte sie das lange zeit entbehrt
und die natur im großen wie im kleinen
reckt sich ihr'm strahl'n entgegen unbeschwert -
des holden jünglings alljährliches walten
läßt auch frau flora nicht mehr an sich halten...
*
ach holder jüngling zaudere nicht länger
tritt ein oh lenz mit pracht ins jahreshaus
fürn winter mög's nun eng werden eng und enger
treib ihm noch weit'res walten gründlich aus
mach grünen und mach blühen rings die fluren
versieh die bäume schön mit neuem kleid
aufatmend folgt das herz dann deinen spuren
und öffnet deinem glanz sich selbst gern weit
eil leichten fußes schlank mit gold'nen locken
durch feld und wald dass wach werd' die natur
wir auch nicht mehr meist trist in stuben hocken
belebe uns mit zaub'rischer bravour -
und wie verwandelt schreitet mensch im freien
wo ihn allseits erfreut frohes gedeihen...
*
längst lauscht doch die natur auf lenzens schritte
dem jüngling schon entgegen schlägt ihr herz
und wir - ja quasi voll in ihrer mitte -
erhoffen uns sein kommen noch im märz
manch vögel zwitschern lockend in den zweigen
bereits die kahl noch sind ganz ohne grün
ach möge sich der lenz doch endlich zeigen
und alle welt erfreu'n mit frischem blüh'n
der winter allerdings hat seine launen
kann sein dass schnee sogar an ostern fällt
frau holle birgt im wolkenhaus viel daunen
und überschüttet damit gern die welt -
zaghaft betritt der lenz des jahres stufen
und kommt auf jeden fall dann wie gerufen...
*
wir atmen auf und durch ist lenz am kommen
der winter räumt das feld dann und er weicht
sein wiederkommen bleibt ihm unbenommen
doch vorerst sagt wohl jede/r: "du es reicht!"
jetzt soll die sonne endlich hell erstrahlen
mit grün bekleiden endlich baum und strauch
wir woll’n uns auf terrassen endlich aalen
und auf des schwimmbads wiese alsbald auch
es kann sich doch nur noch um tage handeln
dann flattert endlich lenzens blaues band
- und herzen sieht man lieberfüllt anbandeln -
durchs lange kahle wintertrübe land
lenz wird ringsum die welt reizend beleben:
der winter muss jetzt fersengeld echt geben!...
*
lieb lenz lass bloß nicht länger auf dich warten
bist zwar nun kalendarisch noch nicht dran
es wäre aber toll würdest du starten
weil keiner mehr den winter sehen kann
schnall dir flott an die füße die sandalen
und offenbar' uns deine zauberkraft
verstärke schön des klärchens gold'ne strahlen
damit es aus der welt die kälte schafft
mach überdies vor all'm in der ukraine
dass voll der'n grauser feind im schlamm versinkt
denn wegelosigkeit ist furcht ja seine
die tauwetter dort jährlich mit sich bringt -
rasputiza soll ihm die zähne zeigen
lass deshalb schnell das thermometer steigen!...
https://de.wikipedia.org/wiki/Rasputiza
(2/23)
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der lenz weilte oft in masuren
und folgte marjellchens ihr’n spuren
errötend zwar einst
wie du vielleicht meinst
durchaus nicht nein war nur am kuren...
- Siegfried Lenz, So zärtlich war Suleyken
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