Töne

Gedicht

von  autoralexanderschwarz

Ohne dass er sagen konnte,

warum dies mit ihm geschah,

schoss der Wahnsinn in den Körper,

von den Zehen durch das Haar,

bis hinein in dessen Spitzen,

die sich jäh elektrisierten

und dann Bilder und Gedanken

ins Gehirn katapultierten.


„Das Schilf ragt nicht aus dem Wasser“,

dachte er,

„das Wasser ragt aus dem Schilf.“


Aufgeschreckt durch den Gedanken,

ging er in der Stadt spazieren,

und weil es entspannter war,

ging er nun auf allen Vieren,

konnte gar nicht mehr verstehen,

warum And're dies nicht taten

und in viel zu engen Schuhen

ständig auf der Stelle traten.


„Die Haare wachsen nicht aus dem Kopf“,

dachte er,

„der Kopf wächst aus den Haaren.“


Als er diese Sicht der Dinge

in der Straßenbahn erklärte

und sich eine junge Frau

über seinen Ton beschwerte,

schrie er laut, um ihr zu zeigen,

dass auch Töne Farben haben

und die Töne dieser Farben

allem die Bedeutung gaben.


„Der Ton macht nicht die Musik“,

schrie er,

„die Musik macht den Ton.“


An der nächsten Haltestelle

wartete man schon auf ihn,

Polizisten und zwei Pfleger

wollten ihn nach draußen zieh'n

und obwohl er sich noch wehrte

und mit allen Kräften stritt,

war die Übermacht zu groß,

schließlich nahmen sie ihn mit.






(„Der Wahnsinn definiert doch nicht die Normalität“,

sagte schließlich der Arzt lächelnd-kopfschüttelnd,

„die Normalität definiert den Wahnsinn.“)




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Kommentare zu diesem Text


 Quoth (26.09.24, 14:19)
Gar nicht so dumm: Die Hand führt das Werkzeug. Das Werkzeug führt die Hand.
Bei ragen und wachsen aus, wird es schwieriger. Aber Subjekt-Objektbeziehungen sind gut umzukehren.
Gruß Quoth

 autoralexanderschwarz meinte dazu am 26.09.24 um 16:05:
Das "Wachsen" finde ich (noch immer) schön, aber mit dem "Ragen" hast du (streng genommen) durchaus recht!

Dank & Gruß
AlX
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