Man ist auch man

Prosagedicht

von  Klemm

Man hat alles auf eine Karte gesetzt

Man hatte Hoffnung

auf ein sicheres Leben

auf Nächte, in denen man durchschlafen kann

auf einen halbwegs gefüllten Magen

auf Unterricht für die Kinder

Man hat seine letzte Münze gegeben

Man ist zu Fuß durch mehrere Länder gelaufen

Man ist über Zäune geklettert

Man hat sich in ein überfülltes Boot gequetscht

Man hat tagelang Wasser gesehen, aber keins trinken können

Man hat auf das Leck im Boden gestarrt und auf Hilfe gewartet

Man hat Kinder wie Erwachsene schweigen sehen und Erwachsene weinen wie Kinder

Man hat überlebt

Man wurde gerettet

Man wurde weitergereicht

Man schlief mit 19 anderen in einem winzigen Zimmer, aber:

Man hat überlebt

Man wird arbeiten können

Man muss nur noch die Erlaubnis abwarten

Man wartet und wartet

Man macht einen Sprachkurs

Man ist nicht perfekt, aber

Man kann sich verständlich machen

Man kann Zeitungen lesen

 

Man bekommt eine Arbeit als Paketzusteller bei Amazon

Man zahlt Steuern, man zahlt Sozialversicherungsbeiträge

Man schickt sein Kind aufs Gymnasium

 

Man liest, dass man gefährlich ist

Man liest, dass man Messer trägt

Man liest, dass man Frauen vergewaltigt

Man liest, dass man zu viel kostet

Man liest, dass die eigenen Kinder dumm sind

Man liest, dass die eigene Religion nur eine einzige Auslegung kennt

Man ist einer von 98% auf den das alles nicht zutrifft
Man ist einer von denen, die an allem Schuld sein sollen

Man wird auf der Straße gemieden

Man wird auf der Straße beschimpft

Man wird im Fernsehen beschimpft

Man zahlt GEZ

Man hört: „Grenzen schließen“

Man hört: „Grenzkontrolle“

Man hört: „Abschieben“

 

Man muss nicht sonderlich gut sein, um diesen Hass nicht zu verstehen.

 

Man hat Angst.

Man kann wieder nicht durchschlafen.

Man steht müde auf und geht zu seinem Paketzustellerjob


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Kommentare zu diesem Text


 Teo (25.09.24, 14:33)
Kannste dem Kumpel mal sagen, er soll meine Päckchen nicht immer vor die Gartenlaube legen?

 Klemm meinte dazu am 25.09.24 um 14:35:
Schreib doch einen Leserbrief in der WAZ

 Teo antwortete darauf am 25.09.24 um 14:41:
Gute Idee. Muss mal den Nachbar fragen, ob er mir den schreibt.

 Beislschmidt schrieb daraufhin am 25.09.24 um 14:56:
Man hat 4,1%  :D

 Klemm äußerte darauf am 25.09.24 um 18:12:
Man wartet, bis man den Einbürgerungstest machen kann, um politisch partizipieren zu dürfen.

 autoralexanderschwarz (25.09.24, 15:18)
Ist m. E. jetzt nicht durchweg und an jeder Stelle formvollendet, aber zeigt doch recht eindringlich eine Perspektive auf, die gemeinhin leider übersehen wird.

 Klemm ergänzte dazu am 25.09.24 um 16:07:
eine Perspektive auf, die gemeinhin leider übersehen wird.
Tja, da hinsehen muss man wollen.

 Regina (26.09.24, 10:58)
Rechtfertigt es illegale Migration, wenn man über Zäune klettert und sein Leben auf Schlauchbooten aufs Spiel setzt usw.?

 Klemm meinte dazu am 26.09.24 um 11:25:
Die Hoffnung auf ein lebenswertes Leben rechtfertigt selbstverständlich das nicht gestattete Übertreten einer Grenze.

Flüchtete tun, was Menschen immer getan haben. Sie passen sich den äußeren Lebensbedingungen so gut wie möglich an, mit den Zielen, satt, unversehrt, sicher zu sein, wenn die äußeren Lebensbedingungen diese Ziele unmöglich machen: z.B. durch Krieg, Dürre, Krankheit, Hungersnot, und es keine Möglichkeit gibt, Einfluss auf die äußeren Lebensbedingungen zu nehmen, ziehen diejenigen, die Hoffnung haben, weiter (die anderen warten auf ihren Tod oder bringen sich um). 

Dies ist eine existenzielle menschliche Erfahrung. Die Grenzüberschreitung ist dagegen eine bloße Formalität.

Antwort geändert am 26.09.2024 um 14:48 Uhr

 Quoth meinte dazu am 26.09.24 um 14:28:
Der Fisch geht hin, wo's tiefer ist.
Der Mensch geht hin, wo's besser ist.
Das bekam ich von Spätaussiedlern oft zur Antwort, wenn ich sie fragte, warum sie gekommen seien. Könnte ein russisches Sprichwort sein, weil so viele unabhängig voneinander das sagten.

 Klemm meinte dazu am 26.09.24 um 14:50:
Ein sehr passendes Sprichwort!

 Klemm meinte dazu am 27.09.24 um 17:32:
Ich habe deine Vermutung verifiziert bekommen, es handelt sich tatsächlich um ein geläufiges russisches Sprichwort.

 Regina (27.09.24, 08:20)
Bilder vom bettelarmen, verzweifelten, aber bei Ankunft sehr seriösen Geflüchteten, wie sie als Argumentation für die Masseneinwanderung als Aufforderung ans Gewissen verwendet werden.  
Hier sollte jedoch nicht "man" stehen, denn das beschriebene Szenario ist ein möglicher Einzelfall. viel Kontakt kann der Schreiber nicht gehabt haben, sonst sähe er die Sachlage differenzierter.

 Teo meinte dazu am 27.09.24 um 08:41:
Ja, Regina hat das mal wieder differenziert und treffend benannt.
Unser Klemm möchte wirklich mit aller Kraft als gütiger Menschenfreund wahrgenommen werden.
Tja, der arme Migrant. Den mag es geben.
Aber wenn irgendwo im Ruhrgebiet, mittlerweile fast täglich, eine Horde arabischer Halbaffen das Personal der Notaufnahme eines Krankenhauses zusammenschlägt, weil man 15 Minuten warten muss, sehe ich ungehemmte Zuwanderung kritisch.

 Klemm meinte dazu am 27.09.24 um 12:43:
Der in einem Kriegsgebiet lebende, wohlhabende Typ, der sein angenehmes, schönes Leben einfach noch einen Tick besser machen will und mit dem Privatjet eines Freundes nach Europa reist, wo er sich sofort die Zähne machen lässt und dann als Hobby der Vergewaltigung blonder Frauen fröhnt, ist nicht einmal ein Einzelfall, er ist ein erfundener Fall.

Es gibt Affen und Menschen. Halbaffen gibt es nicht. Du glaubst du nicht etwa, dass das Wort Differenzierung aus deinem Mund irgendwie ernstgenommen werden kann. Regina würde eine derartige Abwertung von Menschen nicht in den Sinn kommen. Ich vermisse außerdem deine Empörung bezüglich der polizeibekannten, deutschen Messerstecherin aus Siegen, Teo. Oder der deutsche 50er der einen Bekannten vor dessen Haustür erstach.

 Teo meinte dazu am 27.09.24 um 12:56:
Ja, die Regina is ja auch schlau. Ich nicht.
Bei der Gelegenheit möchte ich mich bei allen Affen entschuldigen, das ich sie in Verbindung mit kriminellen Migranten gebracht habe.

Antwort geändert am 27.09.2024 um 12:56 Uhr

 Klemm meinte dazu am 27.09.24 um 13:33:
Teo, du kannst immer noch tiefer sinken.

 Teo meinte dazu am 27.09.24 um 14:06:
Na, so 2 Meter werden es aber zu dir noch sein.

 Klemm meinte dazu am 27.09.24 um 14:11:
Drunter wäre noch Ratten oder Parasiten. Dann bist du unten bei Beisl angekommen.

 Teo meinte dazu am 27.09.24 um 16:13:
Na na, nun lass doch unseren Hans aus dem Spiel. So dümmliche Anspielungen sind hier nur einer Person erlaubt.
Im Übrigen ist es besser, wenn wir uns hier austauschen als wenn du vor Kitas herumlungerst.
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