Finanzielle Attraktivität

Text

von  Klemm

Anders als G. halte ich die sexuelle Attraktivität nicht für gefährlich; auch sehe ich deren Frustration nicht als Grund für Gewalt. Selbstverständlich ist sexuelle Attraktivität noch lange kein Garant für Liebe oder zumindest einen gemeinsamen Alltag, das heißt jedoch nicht, dass sie gefährlich sein muss, meistens verpufft sie einfach zusammen mit der Illusion.


Für sehr viel gefährlicher halte ich die finanzielle Attraktivität und ich muss sagen, ich kenne sehr viel mehr Menschen, die in einer frustrierenden Sachzwanggemeinschaft leben als solche, die unter einer Amour Fou leiden. Warum? Lust wird nicht zwangsläufig zur Qual, es gibt genug Menschen, die sie freudvoll erleben und sie loslassen können, wenn sie sich zurückzieht. Menschen, die ihren Partner auf Grundlage von finanzieller Attraktivität wählen, handeln nicht lustgetrieben, allerdings auch nicht vernunftgetrieben, denn sie verstoßen damit gegen die Selbstzweckformel. Die finanzielle Attraktivität ist auf Zweck- bzw. Nutzen ausgerichtet und entwertet beide Partner auf schmerzhafteste Weise, insbesondere entwerten sich die Partner selbst. Die finanzielle Attraktivität führt häufig zu einer Abhängigkeit, die der freien individuellen Entwicklung der Partner entgegenwirkt, gleichwohl verharren diese oftmals in einer solchen Beziehung. 




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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (26.09.24, 16:11)
Würdest du, bitte, mal deinen Kontostand durchgeben?
Und, falls sich das lohnt, auch die Pin-Nr?

Bei mir klemmt's nämlich mit der finanziellen Attraktivität ... :(

 Klemm meinte dazu am 26.09.24 um 16:17:
Finanziell bin ich eher hässlich anzusehen..

 AchterZwerg antwortete darauf am 26.09.24 um 16:58:
Keine Sorge: Mir geht es nur um den Kontostand.
Ich hätte ggfs. King Kong, den Affen-Beau! :P

 Klemm schrieb daraufhin am 26.09.24 um 18:32:
Der reicht nicht mal für einen Zwerg

 Regina (26.09.24, 20:00)
Herr, schicke mir einen Milliardär, der mich aufrichtig liebt und den ich liebe, für lebenslangen Reichtum und andauerndes Glück!

 Mondscheinsonate äußerte darauf am 27.09.24 um 06:05:
Das gibt es ;) Nur braucht so manche den Reichtum tatsächlich nicht.

 Regina ergänzte dazu am 27.09.24 um 07:56:
Das Projekt "arm aber glücklich" kann unbequem sein.

 Subordination meinte dazu am 27.09.24 um 08:58:
Regina, ich glaube nicht, daß du arm bist.

 Subordination meinte dazu am 27.09.24 um 09:02:
Regina:

Herr, schicke mir einen Milliardär ...
Warum sollte der Herr das tun, Regina?

Außerdem glaube ich nicht, daß du deinen Wunsch ernst meinst.

Vermutlich wärst du zufrieden, wenn du 1.000 Euro im Monat mehr hättest, ohne dein Leben ändern, anpassen zu müssen.

 Regina meinte dazu am 27.09.24 um 12:11:
Na, das ist ja auch ein Angebot.

Nein, Sub, der Komm. ist nicht ernst gemeint.

Antwort geändert am 27.09.2024 um 12:53 Uhr

 Graeculus (27.09.24, 00:04)
Es wundert mich, daß niemand zugeben mag, welchen Mist er schon gebaut hat in seinem Leben für eine erotisch attraktive Frau bzw. einen solchen Mann.
Dabei sind Literatur und Filme voll davon. Anscheinend alles Fiktion. Oder Scham?

Aber ja, ein Milliardär kann 80 sein, im Rollstuhl sitzen und eine Windel tragen - es wird sich eine Frau für ihn finden. Ich habe das immer als Geschäft für beide Seiten angesehen und als nicht so problematisch.
Die Probleme beginnen dann, wenn Testament und Interessen leiblicher Erben miteinander kollidieren.

Übrigens lautet Kants Selbstzweckformel: "Behandele einen anderen Menschen jederzeit auch als Selbstzweck, nie bloß als Mittel zum Zweck." Das ist also nicht so streng zu sehen ... und anders auch gar nicht möglich. Wenn ich Dir sage: "Reich mir doch bitte die Butter", behandele ich Dich als Mittel zum Zweck. Das "bitte" drückt aus, daß ich Dich nicht nur als solchen behandele.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 27.09.24 um 05:57:
Irgendwie erstaunt mich dein Kommentar nicht. Siehe Miller/Monroe, selbst der Intellektuelle hört bei schönen jungen Frauen klar zu denken auf. 

Ich habe das immer als Geschäft für beide Seiten angesehen und als nicht so problematisch.

Liebe soll doch bitte kein Geschäft sein. Und ich finde das sehr wohl problematisch, wenn junge Frauen ihren Vaterkomplex und Gier vereinen und alte Männer ihre Notgeilheit und Geld mit jungen Frauen kombinieren und protzen. 
Der Einzigen, der ich damals geglaubt habe, dass es Liebe war, das ist der Frau vom Heesters und die war schon fast 40, liebte den Mann bereits als Kind. Das war pure Bewunderung. Das hatte nichts mit Geld zu tun.

 Regina meinte dazu am 27.09.24 um 12:13:
Das kannst du aber nur für dich selber entscheiden. Was andere tun und aus welchen Motiven, ist ihre Sache.

 Klemm meinte dazu am 27.09.24 um 12:35:
Man muss nicht bis zum Trump-Melania-Szenario gehen. 

Sagen wir, eine intelligente, vielseitig interessierte Frau mit abgeschlossenem Studium in Psychologie, lernt über eine Dating-App einen us-amerikanischen Ingenieur kennen, dessen Interessen sich auf Gaming und Biertrinken beschränken. Sie will ein Kind, er bietet ein stabiles Einkommen und Sicherheit, denn er ist kein Typ für Eskapaden. Sie ist nicht verliebt, findet in sexuell auch nicht sonderlich attraktiv. Sie entscheidet sich für ihn wegen des sicheren Einkommens und weil er ihr ein verbindliches, monogames Paarleben und ein Kind verspricht.

Sie zieht in die Staaten, heiratet ihn, wird Hausfrau (was ihr nicht liegt) und Mutter (was ihr liegt). Solange sie auf ihre Green Card wartet, kann nicht arbeiten, mehr noch, um die Green Card zu bekommen, muss er für sie bürgen. Als die kommt, ist auch das erste Kind bereits geboren. Sie versucht sich nebenbei freiberuflich eine Existenz als Coach aufzubauen, aber mit einem kleinen Kind bleibt ihr wenig Zeit. Er nimmt dieses Projekt ohnehin nicht ernst. Einen Job, der mehr einbringen würde, als die Krippe kosten würde, findet sie nicht.

Arbeit und Verdienst des Mannes ist die Sonne, um die sich die Beziehung dreht, wichtiger noch als das Kind, da es die Kosten für das Kind deckt. Wenn er frei hat, will er sich ausruhen = Computerspielen. Er bemäkelt ihren Haushaltsführungsfähigkeiten, er ist das von seiner Mutter anders gewohnt. Das Paar spricht hauptsächlich über Anschaffungen für und Aufrechterhaltung des gemeinsamen Haushalts, im besten Fall über das Kind. Gemeinsame Beschäftigungen: Einkaufen, Serien streamen, manchmal ein Ausflug in der Natur. Sie hat keine eigenen Freunde in den USA, seine Freunde sind freundlich, aber eben nicht die Art sozialer Kontakt, den sie sich selbst aussuchen würde. Sie langweilt sich und fühlt sich trotz Verbindlichkeitsversprechen einsam und eingesperrt, weil sie das, was sie beschäftigt und berührt (intellektuell und emotional) nicht teilen kann. Eine Scheidung hält sie für zu riskant, solange sie nicht eingebürgert ist.

 Klemm meinte dazu am 27.09.24 um 12:50:
Dabei sind Literatur und Filme voll davon. Anscheinend alles Fiktion. Oder Scham?

Es gibt auch jede Menge romantische Komödien und Glückliche-Familien-Serien, niemand kommt auf die Idee, sie für Abbildungen der Realität zu halten. Wer es tut, wird vermutlich enttäuscht. Wie die mysteriös-gefährlichen Amour-Fou-Erzählungen werden hier die Wünsche des Publikums angesprochen, Harmonie oder Nervenkitzel, je nach dem was der Einzelne braucht, um die Widrigkeiten seines Alltags auszuhalten. Das zähe, alltägliche Grauen in einer Ehe, in der man sich nichts zu sagen hat, wird selten verfilmt, zu langweilig und deprimierend..

 Regina meinte dazu am 27.09.24 um 13:03:
Die Frau in den USA hat sich in eine unangenehme Situation hineinmanövriert. Aber sie hat ja nicht, wie von Mondscheinsonate gemeint, auf eine Liebesehe hingewirkt, sondern sich mit Mittelmaß, im besten Fall Freundschaft, begnügt. Und das belastet jetzt die Nerven.

 Klemm meinte dazu am 27.09.24 um 13:31:
Ja, Regina. Aber ist diese unangenehme Situation ein individueller Einzelfall oder wird dieses Mittelmaß nicht geradezu angeraten, mit der destruktiven Amour Fou als Drohgebärde? Sie hat es immerhin so gemacht, wie in jedem Roman von Jane Austen empfohlen.

 Regina meinte dazu am 27.09.24 um 18:08:
Jane Austen lebte vor etwa 200 Jahren und beschrieb, so weit ich mich erinnere, Partnerwahlaktivitäten der damaligen britischen Adelswelt.

 Klemm meinte dazu am 27.09.24 um 18:26:
Das ist ja das Schlimme, Regina, das ist es ja!
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