Eine kleine Hexenphilosophie (Panpsychismus, Animismus und Pareidolie)

Gedanke zum Thema Philosophie

von  Kleist

Es ist ja immer noch rätselhaft, wie im Laufe der Evolution aus unbelebter Materie intelligentes Leben hervorgegangen ist. Wie Geist und Materie in dieser Hinsicht zu einander stehen.


Ein interessanter Ansatz hierzu ist der Panpsychismus, der besagt, dass der „toten“ Materie bereits eine Vorform des Geistes innewohnt, die erst dann so richtig aktiviert wird, wenn die Materie zu einem komplexen Nervensystem mit Gehirn organisiert ist.


Die Frage ist natürlich, ob diese in der Materie verborgene „Intelligenz“ sich auch ohne Nervensystem irgendwie auswirken kann. Und konsequenterweise wird der moderne Panpsychismus oft mit dem wesentlich älteren Animismus in Verbindung gebracht oder sogar gleichgesetzt. Animismus ist die Lehre von der Beseeltheit der Welt – also nicht nur der Menschen, Tiere und Pflanzen, sondern auch dessen, was üblicherweise als „tote Materie“ bezeichnet wird. So gesehen könnte man auch der Erde als Ganzes, sowie den anderen Gestirnen jeweils eine Seele zusprechen. In der Menschheitsgeschichte und -vorgeschichte war und ist eine große Zahl von Kulturen auf die eine oder andere Art animistisch geprägt – der Blick auf die Natur als beseelt ist über die Kulturen und Zeitalter sogar eher die Regel und die Sicht auf die Natur als seelenloses Uhrwerk eher eine neumodische Ausnahme.


Wenn man nun davon ausgeht, dass also beispielsweise auch ein Stein, eine Wolke, ein Baumstumpf oder ein See so etwas wie eine Seele hat, müsste es doch auch möglich sein, mit dieser in Kontakt zu treten. Mit einem anderen Menschen in eine sinnvolle Kommunikation zu treten, ist ja meistens noch ganz einfach (Ausnahmen bestätigen die Regel), mit vielen Tieren klappt es auch noch einigermaßen, bei Pflanzen wird es schon schwieriger…


Aber ein Stein? Die Erde als Ganzes? Ein Riss in der Wand? Nun: viele werden mir zustimmen, dass man ohne allzu viel Phantasie sogar einem (zumal älteren) Auto einen gewissen Charakter zusprechen kann – und manches Kind wird regelrechte komplizierte Beziehungen zu Puppen, Stofftieren und anderem Spielzeug führen. Warum also nicht versuchen, mit dem Gesicht, das sich in der Fels- oder Holzwand abzeichnet in Kommunikation zu treten? Man könnte mit ihm reden, Gedanken senden, es anatmen oder ihm eine kleine Opfergabe hinstellen. Wenn Du das mit einer gewissen Konsequenz tust und Dich wirklich auf dieses Experiment einlässt, prophezeie ich, dass du irgendwann eine Reaktion ernten wirst.


Vielleicht wird sich im Zusammenspiel mit den Lichtverhältnissen und/oder Deiner Phantasie der Gesichtsausdruck ändern, oder ein anderes Gesicht oder eine andere Figur wird erscheinen. Vielleicht wird die Gestalt sich auflösen, oder es wird sich in der Nähe irgendein Zeichen manifestieren. Sei offen für alles und erwarte nichts…




Anmerkung von Kleist:

Geschrieben am Dienstag, den 18. Mai 2021.

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Kommentare zu diesem Text


 DanceWith1Life (02.10.24, 17:05)
Mir scheint aus "menschlicher Sicht" die Grenze zwischen Projektionsfläche und Weltenseele dünner zu sein, als das irgendjemand jemals messen könnte, war quasi der erste Gedanke beim lesen dieses Textes, den ich anregend finde.

 Soshura (02.10.24, 17:36)
Sei offen für alles und erwarte nichts…

Das sag ich auch immer zu meinen Darmbewohnern. ;)

 Teichhüpfer (02.10.24, 18:52)
Ja, auf unserer Erde kann das schon sein, darüber hinaus im Universum, sehen wir auch so etwas. Ich denke, in dem Kleinsten vom Kleinen, ist das Leben fürchterlich, nicht stark genug.

Teichi

Kommentar geändert am 02.10.2024 um 18:53 Uhr

 S4SCH4 (02.10.24, 20:35)
Die Hexenküche der Gedanken und Sinne und der Materie, liegt gleich neben dem Haus vom Weihnachtsmann und vom Nikolaus. Manchmal gibt's Geschenke und manchmal die Rute. Eine Route für´s reale Leben, würde ich allerdings nicht erwarten.

 Graeculus (02.10.24, 23:40)
Der US-Philosoph Thomas Nagel hat einen Aufsatz und später noch ein ganzes Buch zur Verteidigung des Panpsychismus geschrieben. Er blickt freilich nicht auf den Animismus, sondern auf Argumente, die dafür sprechen.
Das läuft nicht darauf hinaus, daß Bäume, Steine oder gar Atome eine Seele haben wie wir (was der Animismus, wenn ich ihn recht verstehe, wohl annimmt).
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