Mit Opfern lässt sich Stimmenreibach machen

Kommentar

von  Klemm

Dieser Text gehört zum Projekt    Politische und Haltungstexte

Nathan Clark aus Ohio ist ein gebrochener Mann. Vor einem Jahr hat er seinen 11-jährigen Sohn Aiden bei einem Autounfall verloren. Der Junge war auf dem Weg zur Schule, als ein Minivan in den Schulbus raste. Der Fahrer ist bereits wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden.


Der Verlust von Angehörigen betrifft die meisten Menschen früher oder später. Die Trauer ist ein zentrales Gefühl der Menschen und ein vorstellbares. Wer einen nahen Angehörigen verliert, kann sich, zumindest im ersten Jahr, des Mitgefühls seines Umfelds sicher sein. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um ein Kind handelt. Niemand will sein Kind überleben und niemand wünscht es einem anderem. Das ist eine kulturübergreifende Erfahrung des Menschen. Etwas, worauf sich die meisten Menschen tatsächlich einigen können. Selbst weniger sensible Menschen empfinden gewöhnlich einen gewissen Respekt vor dem Leid der Eltern.


Aber Nathan Clark spürt gerade wenig von diesem Respekt. Im Gegenteil. Statt Respekt erfährt er Missachtung. Der Tod seines Kindes wird instrumentalisiert. Denn der Fahrer des Minivans war ein Immigrant aus Haiti. Die Republikaner nutzen die Familientragödie der Clarks, um gegen Migranten Stimmung zu machen. Es ist Wahlkampf in Amerika.


"Sie haben den Namen meines Sohnes ausgesprochen und ihn für ihren politischen Vorteil missbraucht", sagt Nathan Clark bei einer Pressekonferenz. "Das muss jetzt aufhören".


Sie, das sind Donald Trump und J.D. Vance sowie die in Deutschland weniger bekannten Politiker Bennie Moreno und Chip Roy. Nathan Clark nennt diese vier explizit beim Namen. Er nennt sie moralisch bankrott. "Sie können ihren ganzen Hass über illegale Immigranten und die Grenzkrise erbrechen, und sogar Falschbehauptungen verbreiten, flauschige Haustiere würden von Mitgliedern der Gemeinschaft gegessen", sagt er.


"Aber sie haben keine Erlaubnis den Namen Aiden Clark aus Springfield, Ohio zu verwenden, sie haben diese Erlaubnis niemals gehabt".


Und man möchte hinzufügen: Shame on you. Schande über alle, die die Namen von Opfern und deren tragische Tode missbrauchen, um Hass zu säen. Schande über alle, die behaupten, ihre Abschieben- und Grenzen-Schließen-Rufe beinhalteten auch nur einen Funken Mitgefühl für die Opfer und deren Angehörige! Shame. On. You. 


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Kommentare zu diesem Text


 Saira (03.10.24, 18:38)
Es ist erschütternd zu sehen, wie der Schmerz eines Vaters, der sein Kind verloren hat, in den politischen Diskurs verwoben wird. Nathan Clark ist einer von vielen, der das Unvorstellbare durchlebt und es ist unverständlich, dass sein Verlust von einigen als Werkzeug für politische Agitation missbraucht wird.

Doch die Wahrheit ist: Politiker und Rechtsextremisten sind froh, wenn sie erfahren, dass hinter einer grausamen Tat ein Migrant steckt. Dann heißt es schnell: „Na klar, diese Araber, diese Muslime, der Islam … alles Verbrecher.“ Man unterscheidet nicht mehr zwischen den Einzeltätern, den Terroristen und den friedliebenden Menschen, die Hilfe suchen und alles tun, um sich zu integrieren.

Es ist beschämend, dass einige Politiker in ihrer Rhetorik die Menschlichkeit aus den Augen verlieren und stattdessen Hass und Spaltung fördern. Genau das wird aber getan und zwar von einigen Politikern (in Deutschland vordergründig die AfD), von den Medien und von den Rechtsextremisten.

LG
Saira

 Klemm meinte dazu am 03.10.24 um 22:19:
Man unterscheidet nicht mehr zwischen den Einzeltätern, den Terroristen und den friedliebenden Menschen, die Hilfe suchen und alles tun, um sich zu integrieren.
Genau darum geht es, Saira! Danke!

Antwort geändert am 03.10.2024 um 22:19 Uhr

 Graeculus (03.10.24, 18:40)
Mir ist das einen Tick zu moralisierend (das bewirkt ebenso wenig etwas wie eine Predigt); in der Sache aber gebe ich Dir Recht: Unter dem Deckmantel des Mitgefühls läßt sich trefflich eine politische Agenda vorantreiben, die weder mit Mitgefühl noch mit Humanität viel zu tun hat.

 Graeculus antwortete darauf am 03.10.24 um 18:44:
Übrigens ist mein Eindruck der, daß auch Moral, die doch eigentlich Forderungen an einen selbst stellt, mehr und mehr zur Waffe gegen "den Feind" verkommt, also die eigene Überlegenheit pharisäerhaft hervorheben soll.

 Saira schrieb daraufhin am 03.10.24 um 19:02:
Hallo Graeculus,

wie willst du diesen Text weniger moralisierend schreiben? Der Autor schildert ein Menschenschicksal, eines von sehr vielen, und benennt die Kälte der Politiker, die daraus für sich politisch einen Vorteil schaffen wollen. Ich empfinde seine Sicht zu 100% nachvollziehbar.

LG
Sigrun

 Graeculus äußerte darauf am 03.10.24 um 19:47:
wie willst du diesen Text weniger moralisierend schreiben?

Z.B. indem man "Shame. On. You." wegläßt. "Schäm dich!", das hat meine Mutter zu mir gesagt und hat mich schon damals nur trotzig gemacht. Was ist denn das für eine Art des Umgangs miteinander?
Moral ist doch nicht dazu da, um sich anderen überlegen zu fühlen!

 Klemm ergänzte dazu am 03.10.24 um 22:11:
Moral ist doch nicht dazu da, um sich anderen überlegen zu fühlen!
Natürlich nicht. Wie kommst du drauf? Mitgefühl ist doch ein menschliches Basisgefühl, das sehr wenig mit Moral zu tun hat. Niemand, der es hat, braucht sich überlegen zu fühlen. Es ist ein Minimum dessen, worauf Menschen sich miteinander einigen können und die Grundlage für Gemeinschaft. Geistig Behinderte haben es übrigens auch. Ich würde eher von einem inneren Kompass sprechen als von Moral.

Wer allerdings das Leid anderer missbraucht, um gegen unschuldige Menschen zu hetzen, die zufällig nicht die gewünschte Hautfarbe oder Religion haben, lässt sich von anderen Gefühlen leiten. Ich nehme mir heraus, ein solches Verhalten schändlich zu finden. 

Und was die Scham angeht: In der Gesellschaft, in der wir leben, schämen sich die Menschen schämen sich für 1001 Zustände, darunter Traurigkeit, Armut, Einsamkeit. Diese Scham wird an andere weitergegeben. Diese Scham ist schädlich für alle Menschen. Sich dafür zu schämen, das leid eines anderen nicht geachtet zu haben, ist nicht schädlich.

 Graeculus meinte dazu am 03.10.24 um 22:21:
Wie kommst du drauf?

Ich komme darauf, weil Du hier Moral als Waffe gegen Andersdenkende einsetzt, ganz deutlich mit dem Schlußabsatz.
Ich hätte einfach den Sachverhalt geschildert (ohne diesen schrecklichen Schlußabschnitt) und die Reaktion bzw. Bewertung den Lesern überlassen. Manche Dinge können für sich selbst sprechen, und manche Menschen können selbst urteilen.

 Klemm meinte dazu am 03.10.24 um 22:28:
Naja, als Waffe sehe ich das nicht, es bewirkt doch nichts. Das Verhalten wird mit oder ohne dasselbe bleiben.

Ich habe den Schlusssatz gewählt, um auszudrücken, wie widerlich ich ihr Verhalten finde.

 Graeculus meinte dazu am 03.10.24 um 22:48:
Die Mitteilung "dein Verhalten ist widerlich" hat natürlich eine Wirkung - gewöhnlich keine, die zu einer erfreulichen Kommunikation führt.

 niemand (03.10.24, 18:54)
@ Klemm
Bei Deinen Texten habe ich immer das Gefühlt, dass es Dir weniger um Opfer geht, als um das Erstrahlen Deiner eigenen Güte, deiner so außergewöhnlichen Moral, Deiner absoluten Einmaligkeit. Wie hochmütig Du dabei auf die anderen herabschaust, wenn man genau liest. Ja, das ist schon eine gekonnte Selbstdarstellung, ja eine gradezu gekonnte Selbstheiligung.
Erinnert mich immer an so manchen Lyriker, der mit dem Leiden aus dem Holocaust jongliert, ach so betroffene Gedichte schreibt, alleine um sich die Bewunderung anderer abzuholen. Leltztlich werden für solche Lyrik dann auch immer Preise vergeben, die so mancher voller Selbstweihe annimmt.
Und eigentlich müsste er sich aber schämen und zwar, dass er das Leid anderer für seine Zwecke mißbraucht. Natürlich, so seine Einschätzung, ist das
nicht, aber absolut garnicht  so gemeint. Ein Schelm, der doch anderes denken sollte. LG niemand

 Saira meinte dazu am 03.10.24 um 19:04:
@niemand

Was für ein arroganter Kommentar. Er reflektiert deine eigene geistige Haltung.

 niemand meinte dazu am 03.10.24 um 19:08:
Schau mal lieber was Du reflektierst. Du bist nämlich von Klemm
nicht weit entfernt. Gutes Heiligenschein-Polieren!
Viel Spaß beim Selbstbeweihräuchern!

 Saira meinte dazu am 03.10.24 um 19:17:
bla, bla ...

 niemand meinte dazu am 03.10.24 um 19:19:
Herrlich, wie Du Dich selbst charakterisierst  :D

 Klemm meinte dazu am 03.10.24 um 22:25:
niemand, du unterstellst diesem Dichter und mir Motivationen, die ich vollständig abwegig finde. Das finde ich hochmütig.

Ich maße es mir in keinem meiner Texte an, Motivationen zu unterstellen. Ich beurteile nur, was dort steht und nicht steht und in welchem Ton.

 Regina (03.10.24, 22:06)
Böse Ausländer, böse Inländer!

Wenn ich deine Veröffentlichungen in ihrer Gesamtheit hier betrachte, hakst du überall gegen Ausländerfeindlichkeit ein, indem du Untaten von Inländern an den Pranger stellst. 

Auge um Auge, Zahn um Zahn ist aber nicht angesagt. Häuser niederbrennen ist ein Verbrechen, Messerattacken sind es auch, egal von wem sie ausgeführt werden. Opfer sind mal die einen, mal die anderen. 

Ein Unfall ist ein Unfall. Damit sollte man keine Stimmen fangen, keine Politik begründen. Man sollte aber auch nicht leichtsinnig Auto fahren.

 Klemm meinte dazu am 03.10.24 um 22:18:
Man sollte aber auch nicht leichtsinnig Auto fahren.
Natürlich nicht.

Auge um Auge, Zahn um Zahn ist aber nicht angesagt.
Ich rufe ja auch nicht zum Straßenkampf auf oder rege mich über die deutsche Frau aus Siegen auf, die mit einem Messer auf mehrere Fahrgäste in einem Bus losging. Ich leite von ihrer Tat keine Forderungen zwangspsychiatrischer Maßnahmen ab.

Was du übersiehst: mir geht es nicht um die Taten. Mir geht es darum, dass aufgrund von einzelnen Taten politisch Stimmung gegen ganze Gruppen gemacht wird, die mehrheitlich friedlich sind.

 Regina meinte dazu am 04.10.24 um 04:12:
Ich habe zwanzig Jahre lang Kurse "Deutsch als Fremdsprache" geleitet und den Spruch geprägt "es gibt alles, was es eigentlich nicht gibt und von allem das Gegenteil, will sagen "Jeder Mensch ist einzigartig und jede Gruppe wieder eine Überraschung". 
Zwar gibt es Tendenzen, die aus der Kultur, Lebensweise und dem Schulsystem des Herkunftslandes zu erklären sind, aber alle über einen Kamm zu scheren, ist mir unmöglich, da ich Individuen kenne und einige eben auch aus der Art schlagen.
Gewalttaten habe ich indirekt auch erlebt, der Klienten untereinander, aber auch Attacken gegen Lehrkräfte und Verwaltungspersonal. Diese Vorkommnisse sind nicht die Regel, aber es gibt sie.
Die Stimmung in D wurde jahrzehntelang von der linken politischen Seite intensiv ausländerfreundlich diktiert, so sehr, dass eine türkische (!) Zeitung titelte "Sie werden noch einmal heilig gesprochen!" Dass die politische Atmosphäre umschlagen könnte, war seit langem abzusehen und nun hat sie umgeschlagen und man will Probleme wieder mal mit rigiden Mitteln lösen.
Was Deutsche oft misslingt, ist, mit Migranten auf Augenhöhe umzugehen. Sie verhalten sich entweder über die Maßen betulich oder sie sehen sie als Feinde der Gesellschaft, aber nicht als zu fördernde Mitmenschen, die sich aber auch an die Gesetze zu halten haben.
Wie sich die Politik verhält und warum, das steht auch wieder auf einem anderen Blatt.
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