Sie hieß Therese Huber und sorgte in unseren Büroräumen jahrelang zuverlässig für Sauberkeit. Eine herzensgute, zuverlässige ältere Frau, allerdings mit Haaren auf den Zähnen.
Zweimal wöchentlich – mittwochs und samstags – putzte sie etwa vier Stunden, und wenn sich nicht alle neuen Flecken auf dem edlen Teppichboden sofort beseitigen ließen, konnte es auch länger dauern, ohne dass sie eine zusätzliche Bezahlung erwartete. Am Mittwoch kam dann unweigerlich ein wenig Tratsch mit uns Angestellten über das neueste Weltgeschehen dazu, am Samstag beschränkte sich diese Unterhaltung auf einen meiner Chefs, der gern am Wochenende in Ruhe arbeiten wollte. Oft brachte Frau Huber ihm einen selbstgebackenen Kuchen mit, der nicht selten montags noch für die Allgemeinheit in der Küche stand.
Therese Huber kam nie allein. Ihr Hund Tommy, ein hübscher schwarzer Pudel mit guten Manieren, war immer dabei. Wo hätte sie – als alleinstehende Frau – ihn sonst lassen sollen. Tommy störte nicht, er lag unauffällig in einer Ecke, ganz selten nur wanderte er mal in den Räumen herum. Er durfte nur Thomsen, dem zweiten Chef, nicht besonders nahe kommen, der machte aus seinem Widerwillen gegen Hunde keinen Hehl. Was verständlicherweise Frau Hubers sowieso schon latent vorhandene Abneigung gegen Thomsen verstärkte.
An kalten Wintertagen verpasste Frau Huber dem Hund ein warmes Jäckchen, da sie stets mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kam. Der Pudel sollte doch beim Warten nicht frieren. Ihn störte es nicht, und im Büro wurde das Jäckchen selbstverständlich ausgezogen. Alles hatte seine Ordnung.
Bis Tommy eines Tages ein Bild des Jammers bot: Frau Huber hatte beschlossen, den Hund kastrieren zu lassen, und so erschien dieser an einem Mittwoch mit einem Verband um den Unterleib, was ihm sichtlich unangenehm war. Er schlich – im wahrsten Sinne des Wortes – wie ein begossener Pudel durch das Büro. Es schien, als ob er Thomsens an diesem Tag mehrfach geäußerte lästerliche Worte verstehen könne. Da halfen auch keine Streicheleinheiten einer hundenärrischen Kollegin.
Mit zunehmendem Alter entwickelte sich Frau Huber ein wenig zänkisch und uneinsichtig. Zu der von ihr seit Jahren beibehaltenen Routine beim Putzen, was z. B. die Reihenfolge der Räume, die Art der Putzmittel usw. anbelangte, vertrug sie keinerlei Kritik. Die Zusammenarbeit wurde anstrengend. Tommy neigte allmählich zu Übergewicht, da sie ihn offensichtlich zu sehr verwöhnte.
Nachdem man sich einvernehmlich getrennt hatte – Frau Huber musste da schon mindestens 70 gewesen sein – übernahm ein kommerzieller Putzdienst die Arbeit, der sich natürlich in keiner Hinsicht mit der Sorgfalt von Therese Huber messen konnte. Eine solche Perle war eben nicht zu ersetzen.
Das alles liegt Jahrzehnte zurück. Therese Huber sorgt jetzt wahrscheinlich im Himmel für Ordnung und Sauberkeit, während ihr pummeliger Tommy friedlich zuschaut oder höchstens mal ein paar Engelchen jagt.