Der Professor und ich (tragen die Kaper durch sieben Höllen) IV

Text

von  autoralexanderschwarz

„Ich finde irgendwie, dass wir schon zu lange an diesem Ort sind“, sagt der Professor.

„Viel schöner wäre es doch auf einer Wiese zu sitzen und mit den Fingern Grashalme aus dem Boden zu reißen. Das habe ich schon sehr lange nicht mehr gemacht.“

Die Idee erscheint mir großartig, weil auch ich schon so lange nicht mehr auf einer Wiese gesessen und Grashalme aus dem Boden gerissen habe, obwohl das eine so einfache und schöne Beschäftigung ist. Draußen scheint die Sonne. Es muss früher Nachmittag sein.

„Und wir könnten welche von den Kapern mitnehmen und sie irgendwo einpflanzen“, rufe ich.

Vor meinem inneren Auge sehe ich bereits den mächtigen Baum, der aus so einer kleinen Kaper wachsen kann.

„Sagt man die oder der Kaper?“, frage ich den Professor, weil ich das Wort noch nie im Singular gehört habe.

„Es könnte beides sein.“

„Es könnte auch das Kaper sein“, sagt der Professor nachdenklich.

Für einen Moment sind wir beide still und suchen nach einem entscheidenden Argument.

„Ich bin mir nicht sicher, ob es so gut ist, wenn wir in diesem Zustand rausgehen“, sage ich schließlich vorsichtig, „ich finde den Gedanken ja auch schön, aber das hier ist eben auch unser safe space“, sage ich, „solange nicht einer von uns die Polizei ruft“, ergänze ich,

„oder mit dem Sofa vom Balkon fällt“, ergänzt der Professor.

„Fragen wir das Orakel“, schlage ich vor, „dafür haben wir es ja schließlich gebaut“.

„Ich glaube nicht, dass es so gut ist, wenn man das Orakel ständig etwas fragt. Das kann sich auch gegen einen wenden.“

Das leuchtet mir ein.

„Wir könnten ja sagen“, schlage ich vor, „dass dies für heute definitiv das letzte Mal ist, dass wir es befragen“.

„Na gut“, sagt der Professor und ich ziehe einen Zettel aus der Orakelschale.

„Der Professor hat recht“, lese ich vor.

„Das ist wohl eindeutig“, sagt der Professor.

Ein Déjà-Vu.

„Das war gerade ein Déjà-Vu“, sage ich und muss schlucken.

„Das erste in meinem Leben.“

Ich bin ganz gerührt. Das muss etwas zu bedeuten haben.

„Dann lass uns aber auch los“, sagt der Professor, der schon seine Jacke angezogen hat.

„Ich passe schon auf uns auf. Dann kann uns nichts passieren.“


Das Treppenhaus hat sich mit Fremdheit aufgeladen und in der Mitte zwischen den Geländerstangen geht es so tief nach unten, dass man den Grund nicht sehen kann.

„Das ist ja unglaublich gefährlich“, rufe ich dem Professor zu und versuche mich dabei möglichst nah an der glatten, weißen Wand zu halten,

„wenn man da hineinfällt, steht man nicht so schnell wieder auf.“

Es kostet mich große Überwindung, Stufe um Stufe hinabzusteigen, nirgendwo kann man sich wirklich festhalten und zudem scheint es mir auch auf einmal so, als ob alles wankt und sich bewegt, so wie diese großen Hochhäuser, die so gebaut sind, dass sie mit dem Wind schwingen können.

„Wir haben doch alles gehabt“, rufe ich und bin erschrocken, wie laut und weinerlich meine Stimme von den Wänden zurückgeworfen wird. Auf einmal habe ich Sorge, dass uns meine Nachbarn so sehen könnten und das gibt mir die Kraft meinen Gang etwas zu straffen und ich bemerke, dass ein kleines aber irgendwie beruhigendes Geräusch entsteht, wenn man ganz sanft mit den Fingernägeln über die Wand streift, ja, ich merke, dass man sich – wenn man nur genau genug fühlt – durch die Fingernägel bis in das Zentrum der Wand hineinfühlen kann. Friedlich ist es dort, ruhig, kühl und weiß. Beinahe wäre ich in den Professor hineingerannt, der auf dem ersten Treppenabsatz stehengeblieben ist und eine Kachel an der Wand betrachtet.

„Diese Kachel hat eine andere Farbe als die anderen“, sagt er,

„ich vermute, dass sie erst nachträglich dort angebracht worden ist.“

Ich betrachte die Kachel, die mir bislang noch nie besonders aufgefallen ist, aber die nun tatsächlich ein wenig heller als die restlichen wirkt. Es könnte aber auch etwas mit dem Licht zu tun haben.

„Ich könnte mir vorstellen, dass dort jemand etwas verborgen hat“, sagt der Professor und streicht sich den Schweiß von der Stirn. Erst jetzt fällt mir auf, wie stark er schwitzt.

„Hast du den Schürhaken mitgenommen?“, fragt er.

„Lass uns doch erst einmal weitergehen“, sage ich, „so weit oben fühle ich mich nicht wohl.“

„Wir könnten deine Nachbarn fragen“, sagt der Professor.

„Vielleicht hat ja jemand von ihnen ein Brecheisen. Wann wurde das Haus denn erbaut?“

„Keine Ahnung. Vielleicht in den 60ern oder 70ern.“

„Dann gibt es bestimmt auch keinen Denkmalschutz.“

Das klingt plausibel und obwohl mich die Idee reizt, herauszufinden, was sich hinter der Kachel verbirgt, habe ich ein schlechtes Gefühl bei dem Gedanken, mit meinen Nachbarn zu sprechen.

Vorsichtig schiebe ich den Professor weiter nach vorne, wobei ich versuche möglichst weit vom Geländer und vom Abgrund entfernt zu bleiben.

„Wir können ja auch auf dem Rückweg nachschauen“, sage ich tröstend, weil ich weiß, wie gerne der Professor hinter die Kachel geblickt hätte.

„Hast du denn wenigstens die Kapern mitgenommen?“, fragt er mich über die Schulter zurück und nach einer Schrecksekunde ertaste ich sie in meiner Hemdtasche.

„Ich habe noch mindestens drei“, sage ich, „das sollte doch wohl für einen gesunden Baum genügen.“

Dann geht es weiter hinab, endlos zieht das Treppenhaus an uns vorbei, künstlich und feindlich aus Beton und Glasbausteinen, in denen sich das Licht so bricht, dass es in den Augen wehtut und gleichzeitig doch nicht hell genug ist, um alles auszuleuchten.

Sobald das Licht erlöscht, denke ich, wird die Dunkelheit aus den Schatten schnellen.

„Es wäre viel sinnvoller gewesen, wenn wir uns vorher Fackeln gebastelt hätten“, sage ich,

„wir hätten Leinentücher in Grillanzünder tränken und dann um die Essstäbchen wickeln können. Selbst mit einer so kleinen Fackel hätte man wohl besser gesehen.“

„Weißt du noch, was du über die lumineszierenden Tiere im Meer gesagt hast?“, fragt der Professor.

„Eigentlich geht es uns Menschen ja genauso.“

„Wir können aber miteinander darüber reden“, sage ich, „allein deswegen ist es ganz anders.“

Wieder haben wir ein Stockwerk hinter uns gelassen.

„Wie lange sind wir schon unterwegs?“, frage ich den Professor.

„Vielleicht eine halbe Stunde?“

„Nicht mehr als fünf Minuten“, sagt der Professor. „Ich weiß das so genau, weil ich in meinem Kopf ein Lied gesungen habe, das in etwa drei Minuten lang ist. Wenn man dann noch unsere Gespräche dazurechnet: Fünf Minuten, vielleicht auch sechs. Wir sollten auf jeden Fall bald ankommen.“

Wieder gehen wir weiter und ich denke, dass auch ich ein Lied in meinem Kopf singen könnte und dass dies eine gute Beschäftigung wäre, um sich von den vielen Stufen und dem Abgrund abzulenken, doch mir fällt nichts ein und irgendwie schäme ich mich auch, so alleine vor mir selbst zu singen und ich kann ja auch nicht sicher sein, dass nicht auf irgendwelchen unbedachten Wegen die Töne aus mir heraus und in das Treppenhaus schallen.

„Was singst du denn?“, frage ich den Professor, weil ich überhaupt keine Idee habe, welches Lied er wohl singen könnte.

„Das kommt auf die Situation an“, antwortet er ausweichend,

„eher so einfache Sachen.“

Ich nicke wissend und frage mich, was er meint.

„Was denn so für Sachen?“

„Na so Oldies eben.“

„Was für Oldies?“

„In diesem Fall sogar einen Schlager.“

Er bleibt stehen, wendet sich um und schaut mir ernst in die Augen.

„Mein Freund, der Baum von Alexandra.“

Erst jetzt bemerke ich, wie gerührt er ist.

„Es ist zwar nur ein Baum“, sagt er, „aber er ist eben auch ein Freund aus Kindertagen und zugleich der einzige, der sie wirklich versteht.“

Auf einmal werde auch ich sehr traurig, denke dann, dass es ja nur ein Lied ist und dass es den Baum ja wahrscheinlich in Wirklichkeit nicht gegeben hat, doch das ist nur ein kleiner Trost, wenn man bedenkt, wie viele Bäume überall auf der Welt jeden Tag gefällt werden.

„Mein Freund der Baum...“, singe ich in meinem Kopf, „...ist tot.“

Wieder haben wir ein Stockwerk überwunden und da das Ziel nun in erreichbare Nähe rückt, werde ich mutiger und traue mich zum ersten Mal meine Hand auf das Geländer zu legen. Jetzt ist es auch gar nicht mehr so tief und selbst wenn man unglücklich stürzen würde, denke ich, wären die Chancen recht groß, dass man es überlebt, heller wird es um uns herum, als wir um die letzte Ecke biegen und der Ausgang im strahlenden Sonnenlicht vor uns liegt wie die Pforte in ein unbekanntes Paradies.

„Wir sind jetzt so frei“, sage ich zu dem Professor, „dass wir hingehen können, wo wir wollen. Wer sollte uns schon aufhalten können?“


„Gehen ist schon sehr anstrengend“, sagt der Professor, nachdem wir einige Schritte gegangen sind.

„Ich weiß nicht, ob ich das noch lange durchhalte. Überhaupt ist es auch so warm.“

Er ächzt und erst jetzt fällt mir auf, dass er zwei Jacken übereinander trägt.

Die, mit der er angekommen ist, und eine andere, die er vor vielen Jahren einmal bei mir vergessen hat.

„Warum trägst du auch zwei Jacken übereinander?“, frage ich.

„Du wirst es sehen“, antwortet er, „jetzt könntest du es noch nicht verstehen.“

Ich lache und vergesse dann, was ich gesagt habe, weil die Sonne sich so warm an die Haut schmiegt und weil die Farben um mich herum so freundlich und so strahlend sind.

Vielleicht, denke ich, war es um mich herum noch niemals so schön.

Man gewöhnt sich doch allzu schnell an all die Hässlichkeiten.

„Sollen wir mit der Straßenbahn fahren?“, fragt der Professor und die Vorstellung von Tunneln, quietschenden Bremsen und dicht aneinandergedrängten Menschen jagt mir einen Schauder über den Rücken.

„Echt?“, frage ich und dann: „Warum?“

„Kreislauf“, sagt der Professor, „ich glaube ich muss mich setzen.“

„Hältst du denn noch bis zur Haltestelle durch?“, frage ich.

„Vielleicht“, sagt der Professor und es klingt sehr kämpferisch.

„Ich fühle mich wie in dieser alten Verfilmung von 'Warten auf Godot', wenn da jemand dieses dicke Knäuel an Dingen hinter sich herziehen muss, ein Klavier ist da glaube ich mit drin und sogar ein betender Pfaffe.“

„Du meinst den 'andalusischen Hund'“, sage ich, „da zieht jemand so ein Knäuel hinter sich her,

„so kreuzwegmäßig.“

„Vielleicht“, sagt der Professor und klingt nicht wirklich überzeugt.

Ich selbst bin mir auch überhaupt nicht sicher.

„Vielleicht war es auch ein ganz anderer Film“, sage ich.

„Vielleicht“, sagt der Professor und es klingt sehr versöhnlich.

Wir nähern uns der Haltestelle und alles ist voller Menschen, große Menschen, kleine Menschen, dicke, dünne, alle Sitzplätze sind besetzt.

„Ich kann nicht mehr“, sagt der Professor, „ich muss mich jetzt wirklich setzen.“

„Es ist ganz einfach“, sage ich zum Professor, „du darfst nur deinen Glauben nicht verlieren. Wir gehen jetzt darüber und setzen uns einfach auf die Bank.“

„Aber da sitzt ja jemand“, sagt der Professor und man sieht ihm an, dass dieser Gedanke ihm große Angst macht.

„Schließ einfach die Augen“, sage ich zum Professor, weil ich aus den Augenwinkeln sehe, wie sich die Straßenbahn nähert.

„Aber schlag mich nicht wieder“, sagt der Professor und blinzelt dabei in meine Richtung,

„schließ einfach die Augen.“

In diesem Moment fährt die Bahn ein, die bereits gut gefüllt ist, spuckt eine dünne Linie von Passanten durch die Wartenden, dann drückt und quetscht und schwappt die Masse, bis sich schließlich fast alle ihre Teile in den langen Metallschlauch gepresst haben. Die, die ausgestiegen sind, verstreuen sich nach links und rechts, wie eine Lavalampe, die sich zu den Seiten hin auflöst.

In diesem Moment springt die Ampel, an der wir nun eine unbestimmbar lange Zeit standen, auf Grün.

„Du kannst die Augen wieder aufmachen“, sage ich zum Professor.

„Lass uns rübergehen und uns auf die Bank setzen.“


Jetzt, wo ich sitze, spüre ich selbst, wie schwer meine Beine sind und dass es gut tut, ein wenig zu verschnaufen. Dafür haben wir aber den perfekten Ort gefunden, weil das Dach über der Bank und der Winkel der Sonne genau so zueinander stehen, dass der Professor mit seinen zwei Jacken im Schatten sitzt, während ich daneben mit meinem T-Shirt die Wärme spüren kann. Dieser Gedanke rührt mich zutiefst, weil ja nicht nur Zeit und Ort, sondern auch wir selbst und unsere Kleidung zueinander passen mussten, um diesen Moment in jeglicher Hinsicht so vollkommen zu machen.

„Das ist schon ein Wunder“, flüstere ich. Alles scheint in diesem Moment so gut und richtig.

So friedlich.

„Ey...“, gröhlt da eine betrunkene Stimme irgendwo hinter mir.

„Das ist doch unsere Bank.“

Ich schrecke auf und bin erstaunt, dass die Sonne sich in der Zwischenzeit durchaus ein gutes Stück bewegt hat.

„Irgendwie haben wir Zeit verloren“, sage ich zu dem Professor,

„ich hab wirklich nur für eine Sekunde die Augen zugemacht.“

„Ey“, gröhlt es erneut in unserem Rücken, aber diesmal ein gutes Stück näher,

„verpisst euch von der Bank, ihr verschissenen Schwuchteln.“

„Das ist aber nicht politisch korrekt“, sage ich zum Professor,

„hast du das gehört?“,

doch der Professor schläft tief und fest,

„du“, sage ich etwas lauter,

„ich glaube da wird jemand diskriminiert.“

„Der ignoriert dich“, sagt da eine andere Stimme in meinem Rücken, die ein wenig höher ist als die erste:

„Der redet nicht mit dir, weil der sich für was Besseres hält“,

„dem zeige ich's“, antwortet die andere Stimme,

„das Schwein stech ich ab!“

Und erst da begreife ich, dass er uns meint und mit großer Verspätung ergreift mich eine gewaltige Furcht, mein ganzer Körper zittert, während sich nun laute stampfende Schritte nähern, gleich, denke ich, gleich sticht er mir in den Rücken und dann noch einmal und noch einmal und es gibt nichts, das ich dagegen tun kann. Nicht einmal den Schürhaken haben wir dabei.

In diesem Moment schiebt sich ein kleiner gedrungener Mann in mein Sichtfeld, der einen großen und sehr ungepflegten Bart und unglaublich böse Augen hat. Wie ein Dämon stapft er auf mich zu und es gibt nichts, mit dem ich mich verteidigen könnte. Hätte ich doch nur den Schürhaken mitgenommen.

„Du hältst dich also für was Besseres“, sagt der kleine Mann und hat tatsächlich ein Messer in der Hand. Selbst wenn es nicht so scharf ist, denke ich, ist es doch sehr spitz und könnte durchaus schlimme Verletzungen verursachen. Wenn er zusticht, denke ich, muss ich im richtigen Moment zurückweichen.

„Komm mal runter, Alter“, sagt der Professor, der in diesem Moment aufgewacht ist, und trifft damit erstaunlicherweise den richtigen Ton,

„wir sind heute etwas langsamer unterwegs“, sagt er mit viel Betonung und ergänzt, der Vollständigkeit halber: „Falls du verstehst, was ich meine.“

„Seid ihr drauf?“, fragt der Betrunkene, während sich ein zweiter Betrunkener neben ihn stellt. Beide tragen eine Jeansjacke und ein T-Shirt, auf dem „Camp David“ steht.

Wahrscheinlich, denke ich, gehören sie zu einer Gang.

„Mein Freund hier und ich“, sagt der Professor, „haben heute eine ganz außergewöhnliche Pille genommen, die uns auf Flügeln durch diesen Tag trägt. In der Nacht haben wir ein Orakel gebaut und mein Freund hier hat eine Maschine gebaut, mit der man Zuckerwatte herstellen kann.“

„Echt“, fragt der zweite Betrunkene, der erst etwas später dazugekommen ist.

„Wie hast du das gemacht?“, fragt er mich und hält mir seine Bierdose hin.

Ich zögere, doch weil sein Freund immer noch das Messer in der Hand hält, trinke ich einen warmen und schalen Schluck.

„Wir“, sagt er, weil er anscheinend vergessen hat, dass er mich etwas gefragt hat: „Wir haben eigentlich nur gesoffen.“

Ich gebe ihm die Dose zurück.

„Ich mache euch einen Vorschlag“, sagt der Professor.

„Wir wollten uns eigentlich auf eine Wiese setzen und mit der Hand durch die Grashalme streichen. Wir sind hier nur vorübergehend gestrandet. Wenn ihr uns noch ein wenig Zeit gebt, um uns ein wenig zu sammeln, dann gibt mein Freund hier jedem von euch auch so eine Pille.“

Beide schauen nun mich an.

„Das ist echt nett von dir“, sagt der Mann mit dem Messer und steckt sein Messer in eine kleine Lederscheide, die er am Gürtel trägt. Er trägt sein Messer wie ein kleines Schwert, denke ich und

„ja“, sage ich, immer noch erstaunt über die Wendung und taste nach den Tabletten, taste und taste, werde unruhiger und unruhiger, dann fällt es mir ein:

Die Tabletten liegen auf dem Tisch, genauer: Ich habe sie in der Petersilie versteckt und dort vergessen und obwohl ich weiß, dass es sinnlos ist, taste ich weiter, Tasche um Tasche, während die beiden vormals besänftigten Betrunkenen bereits wieder unruhig werden, jetzt liegt es nur an mir, denke ich und ertaste in meiner Hemdtasche die drei verbliebenen Kapern, die wir mitgenommen haben, um sie einzupflanzen. Kurz zögere ich, dann habe ich genug Mut.

„Es ist wichtig, dass ihr sie unzerkaut runterschluckt, sonst bekommt ihr heftige Bauchkrämpfe“,

sage ich so leise, dass sie ganz genau hinhören müssen, um mich zu verstehen. Dann lenke ich sie mit der rechten Hand ab, während ich mit der linken zwei Kapern aus meiner Hemdtasche ziehe.

„Am besten spült ihr sie mit einem ordentlichen Schluck Bier herunter“, sage ich und reiche jedem eine Kaper.

„Die ist ja ganz feucht“, sagt einer der Beiden misstrauisch, doch dann schlucken sie beide ihre Kaper und setzen sich neben uns auf den Boden.

Wir sind alle still und für einen Moment ist es wieder sehr friedlich.

„Mir eurem Messer“, sage ich zu den Beiden, „habt ihr mir wirklich Angst gemacht.“

Gerade in diesem Moment fährt die Bahn ein.

„Wir müssen los“, sagt der Professor und erhebt sich erstaunlich leichtfüßig,

„wir müssen das Ambiente verändern“ ergänzt er und dann:

„Ich glaube, dass die zweite Pille jetzt anfängt zu wirken.“



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