Der Berg - Symbol für den menschlichen Willen und seine Herrschaft über die Natur

Beschreibung

von  hehnerdreck

Im Berg findet sich der menschliche Siegerkult. Die Besteigung des Bergs ist ein Akt des menschlichen Triumphs über die Natur. Es ist die Manifestation des Willens, sich über alle Grenzen zu erheben. Die Besteigung bis hinauf zum Gipfel ist weitaus mehr als nur eine körperliche Herausforderung; sie ist ein Akt der Selbstverwirklichung. Der Gipfel wird zur Krone, die sich der Eroberer selbst aufsetzt.

Der See ist das Gegenteil. Er symbolisiert Niederlage und Stillstand. Seen liegen unten, im Schatten der Berge, in der Tiefe. Sie sind ruhig, aber auch träge und schwerfällig. Sie spiegeln das Scheitern wider – die Angst vor der Höhe. Während der Berg in den Himmel weist und den Blick nach oben fordert, lädt der See zum Verweilen ein – in seinem ruhigen Wasser kann man sich verlieren, ohne weiterzukommen.

Der Taucher bildet eine besondere Figur in diesem Bild. Er taucht nicht aus Abenteuerlust hinab ins Unbekannte; vielmehr sucht er in den Tiefen nach etwas Verlorenem. Es ist die Gebärmutter, jener Ort der Geborgenheit und des Schutzes, den er unbewusst wiederfinden möchte. Für ihn ist das Wasser kein Ort des Aufstiegs, sondern der Rückzug – eine Flucht vor dem Leben da draußen. Der Taucher ist das soziale Omega: jemand, der nie den Mut hatte oder es nie geschafft hat, aufzusteigen. Seine Niederlagen haben ihn geprägt; er bleibt im Abgrund hängen.

Psychologische Studien bestätigen es: Menschen, die gescheitert sind oder sich als Verlierer fühlen, ziehen es vor, als Taucher so weit wie möglich hinabzutauchen und in den sicheren Tiefen zu verweilen. Sie vermeiden den Aufstieg auf den Berg und bleiben lieber im Wasser – in ihrer eigenen Welt der Sicherheit und Stagnation. Für sie gibt es keinen Weg nach oben mehr; nur noch das Hinabtauchen in die Gebärmutter – den Ort des Friedens und der Ruhe. Dort finden sie ihren ersehnten Halt vor dem Chaos des Lebens draußen.

Der Taucher ist somit ein Symbol für diejenigen, die sich mit ihrem Scheitern abgefunden haben oder es nie anders kannten. Sie suchen Zuflucht im Wasser – im Verborgenen und im Dunkeln –, weil ihnen der Aufstieg zu viel Angst macht weil er zu gefährlich erscheint. Und so bleibt ihnen nur eines: das Eintauchen in die Tiefe, um dort Frieden zu finden – jenseits aller Höhenflüge und aller Siege.

Dagegen ist der Berg das Symbol des menschlichen Willens, das Zeichen der ungebrochenen Herrschaft über die Natur. Der Bergsteiger ist der archaische Triumphator, der sich gegen die uralten Kräfte erhebt und siegt. Bergsteigen ist mehr als nur Klettern - es ist ein Akt des Sieges und der Herrlichkeit des Menschen in seiner Macht und Größe, die jeder anderen Natur überlegen ist.

Der Starke siegt immer über den Schwachen. Seit jeher sind es die Mächtigen, die ihre Herrschaft durch den Sieg über die Schwachen manifestieren.

Früher waren es arabische Räuberbanden, die Dörfer plünderten und ihre Macht demonstrierten. Heute sind es ihre Nachfahren, die Könige und Herrscher, vor denen sich die kleinen Leute beugen. Der Sieg über das Schwache ist in der Natur angelegt; nur wer sich selbst überwinden kann, wer den Mut hat, den Berg zu besteigen, überwindet auch die Angst vor dem Feind. Der Schwache bleibt immer der Feind des Starken - eine Konstante im Spiel der Kräfte.

Der Stärkere ist der rechtmäßige Herrscher - so will es die Natur und so ist es in der Welt. Als die Spanier und Portugiesen den Inkas ihr Gold raubten, wurde dies erneut bestätigt: Der Überlegene herrscht über den Unterlegenen. Kein Löwe lässt sich von einer Gazelle jagen und fressen. Ebenso wenig lässt sich ein Starker von einem Schwachen beherrschen. Das Recht des Stärkeren gilt ungebrochen: Es ist das alles durchdringende Prinzip.

Der Berg steht für diese ewige Wahrheit: Der Sieger bestimmt das Schicksal. Er erhebt sich, während die Schwachen im Schatten bleiben. Und so wird auch heute noch in der Höhe sichtbar, was in der Tiefe längst gilt: Der Mensch ist zum Erobern und Herrschen geschaffen - über sich selbst und über alles andere.



Anmerkung von hehnerdreck:

Inspiriert durch einen Beitrag von Isensee  https://keinverlag.de/498786.text

Übrigens, die ungeheuerliche Ernsthaftigkeit dieser Beschreibung springt ja geradezu einem ins Auge.

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Kommentare zu diesem Text


 Jack (01.05.25, 08:05)
Da steige ich mit.

 hehnerdreck meinte dazu am 01.05.25 um 17:09:
Hätt ich mir ja gleich denken können

 Regina (01.05.25, 08:57)
Das mag sich der Bergsteiger einbilden.

Nicht rechnet der Text aber mit der Regenwolke, in der das Wasser in der Lage ist, mit Hilfe der Sonne höher zu steigen als der höchste Berg und, abgeregnet,  im Schlamm den stolzen Überwinder der Felsen ausgleiten zu lassen zu demütigender Talfahrt, von der Gefahr des stolpernden Absturzes von den Steinen zu schweigen. 

Das Wasser aber labt und trägt denjenigen, der ein Boot baut oder schwimmen gelernt hat und birgt in der Tiefe jede Menge tauchendes Leben.

 niemand antwortete darauf am 01.05.25 um 11:34:
@ Hehner
Man kann ja alles sehen wie man möchte. Ich frage mich nur, warum man den Bergsteiger als besser einschätzt, als den Seetaucher.
Oberflächlich gesehen hat der Bergsteiger etwas Mutiges, doch genau betrachtet ist er für mich nichts als ein eitles Geschöpf, das um alles in der Welt gesehen und bewundert werden möchte für seinen Aufstieg, doppeldeutig besonders den gesellschaftlichen Aufstieg, die Führung wessen auch immer um seine Macht von oben auszutoben.
Der Taucher hingegen ist für mich einer der in die Tiefen der Dinge einsteigt, ruhig und besonnen und ohne oberflächliche Eitelkeit des gesehens werden, weil den kann ja keiner sehen in den Tiefen,außer Gleichgesinnten. Der Bergsteiger wird gesellschaftlich betrachtet, grade in unserer oberflächlichen Gesellschaft, als was Großes betrachtet, doch das darf man bei genauer Betrachtung durchaus infrage stellen. Für mich persönlich ist die Metapher des in den See Tauchenden wertvoller, weil da grade dieses Tauchen in seine eigenen Tiefen/Abgründe, zwecks erforschung dieser steckt und auch das Eintauchen in alle Dinge des Lebens. Den Dingen auf den Grund gehen, mehr sehen, bildet den Charakter mehr, als ein Aufsteigen.
Mal davon abgesehen, dass der Bergsteiger, indem es ihn nach oben treibt, nicht selten den Gedanken hegt, so etwas wie ein göttliches Wesen zu werden. Ein Verlangen, welches der Mensch in seiner Überbewertung nicht selten hegt, es aber nie schaffen wird, da kann er abertausend Berge besteigen. Er bleibt nunmal ein menschliches Wesen, diese Pille muss er schonmal schlucken, auch wenn sie bitter ist, bitter für seine ausgeprägte Eitelkeit. Der Bergsteiger/Gipfelstürmer, umd darauf nochmals zurück zu kommen, sieht nur sich selber, der Taucher hingegen begegnet anderen Lebewesen 
in den Tiefen eines Sees. Wesen welche für den Aufsteiger scheinbar wertlos, weik klein, sind. Der Taucher wird sie eher begreifen und er wird auch begreifen, dass eigentlich das Kleine wertvoll ist. Wie der Körper begreifen muss, dass seine kleinste Zelle für die gesamte Funktion von Bedeutung sein kann/ist. Wenn die versagt, nutzt es dem Köprer nichts, dass er das Ganze ist, denn er wird sicher erkranken.  LG Irene

 hehnerdreck schrieb daraufhin am 01.05.25 um 17:15:
Ich kann nichts für die dokumentierten Auswertungen der psychologischen Tests mit nicht lebenden Phantasieprobanden. Ich habe also nichts anderes getan, als diese bahnbrechenden Testergebnisse Kraft meiner nachgewiesenen Unfähigkeit akribisch genau zu interpretieren. 

Herzlichen Dank fürs Lesen (war bestimmt zumindest a bisserl anstrengend) und für Eure Kommentare.  <3
 
Liebe Grüße

 lugarex (01.05.25, 10:04)
schwer zu kommentieren, man müsste ganze Psycho zur Hilfe nehmen... :(

 hehnerdreck äußerte darauf am 01.05.25 um 17:16:
Mindestens, wenn nicht mehr. Herzlichen Dank lieber lugarex.  :D

 Beislschmidt (01.05.25, 11:53)
Was ist Stärke? Prinz Eugen und Goebels hinkten, an körperlicher Stärke scheint es nicht liegen.
Beislgrüße

 hehnerdreck ergänzte dazu am 01.05.25 um 17:18:
Sie mussten hinken, weil sie das Gewicht ihrer Macht kaum tragen konnten.  :silly:

Danke fürs Lesen und kommentieren

LG
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