Architektur des Todes – Der Triumph des Zeitgeistes über das Nutzloslebendige

Essay

von  hehnerdreck

Um den Tod im Spiegel seiner ehrwürdigen Architektur zu zelebrieren, haben einflussreiche Verfechter des Todeskultes die zeitgenössische Baukunst maßgeblich geprägt. Dabei wurde jede Erinnerung an das unnütz Lebendige systematisch ausgelöscht. Statt bunte, wild und frei anmutende Häuserarchitektur wie die von Hundertwasser oder die pseudoästhetischen Spielereien Gaudís, die mit ihrem kindlichen Enthusiasmus die Straßen Barcelonas besudelten und die Straßenzüge der Stadt in eine bunte Kitschkulisse verwandelten, dominieren heute endlich kühle Formen, die an Schönheit kaum zu überbieten sind. Diese erhabenen Formen verzichten auf die sentimentalen Ansprüche des Herzens, geben ihm den notwendigen tödlichen Stoß und ernten dadurch geistiges Glück.

Sie sind keine Produkte einer angeblich paranoiden Mathematik, sondern Ausdruck einer erhabenen Geometrie in all ihrer notwendigen Strenge. Sie entledigen sich des Übermaßes an sentimentaler Wärme und gedeihen im Schoß einer beruhigenden Sinnbefreiung. Hier wächst das Leblose zu einem blühenden Mantel des Vertrauens heran, wie eine Begradigung alter Formen, die in der Koexistenz mit chaotischen Elementen nur Verwirrung stifteten.

Diese Architektur zeichnet sich durch die Zartheit jungfräulicher Oberflächen aus, die immun sind gegen kindliche Motive, die in sich selbst zu Schatten eines nutzlosen Lebens geworden sind. So triumphiert das Leblose in seiner kühlen Perfektion über das Leben mit all seiner unberechenbaren Unruhe.

In diesem Sinne ist die heutige Architektur zum Symbol eines bewussten Abschieds vom Lebendigen geworden: Ein Triumph des Geistes der Ordnung und Ruhe, der den ewigen Kreislauf des nutzlos Lebendigen durch eine klare, strenge Formensprache ersetzt - eine Hommage an den Tod als letzte Vollendung.


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Kommentare zu diesem Text


 lugarex (02.05.25, 09:43)
etwas stimmt da, etwas wieder eher nicht...

 TassoTuwas (02.05.25, 13:24)
Moin Hehner,
wollte dir nur mitteilen, dass du schuld bist, wenn ich mir das ganze Wochenende den Kopf zerbrechen muss, was denn so Faszinierendes am Plattenbau ist  :(  !
Verunsicherte Grüße
TT

 hehnerdreck meinte dazu am 02.05.25 um 16:51:
'Plattenbau', welch ein wunderschöner Begriff, ein erquickender Hybrid zwischen subtiler Robustheit und fragiler Poesie.  :silly:

Danke fürs Lesen und Kommentieren

Liebe Grüße


P.S.: was dran so faszinierend ist? Ich schätze, dass er durch Weglassen viel Raum für die Fantasie des Betrachters lässt. Ziemlich raffiniert, gelt?!

 eiskimo (02.05.25, 15:55)
Die leblose Geometrie wird zusätzlich noch lebloser, indem man als Farben nur Schwarz und Weiß einsetzt.

 hehnerdreck antwortete darauf am 02.05.25 um 16:52:
Dadurch entsteht viel Raum für die Spekulation des Betrachters, wie es besser aussehen könnte.  ;)
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