Nanni aus Wenningstedt

Skizze

von  Gabyi

Nanni und ich gingen eine hölzerne Treppe hinauf und sie sagte verschämt: “Es mieft hier immer so”, aber ich merkte nichts davon. Wahrscheinlich waren meine Rezeptoren längst adaptiert vom ewigen Muff verangegangener Jahre. Nanni war ein hübsches, schlankes Mädchen mit dunkelblonden, schweren Haaren, die sie mit einem weißen Haarband versuchte zu bändigen. Wo die Erwachsenen waren, weiß ich nicht mehr, Erinnerungen sind nur bedingt zuverlässig.
Nanni war meine Großcousine, aber nur zwei oder drei Jahre älter als ich. Solche Altersdifferenzen kommen zustande, wenn die Tante wesentlich älter ist als die eigene Mutter und die Mutter, nämlich meine, ein Nachzüglerkind war.
Nannis Vater war der Cousin meiner Mutter und die beiden waren so etwa im gleichen Alter. Er hatte eine Schwester in Tinnum, eine andere in Westerland und eine weitere war nach Kanada ausgewandert, weil man auf Sylt keinen Job mehr fand. Er selbst jedoch arbeitete bei der freiwilligen Feuerwehr der Insel.
Die Treppe, die wir hochgingen, führte uns zu einer Wohnung, an welche ich mich überhaupt nicht mehr erinnern kann, so sehr ich mich auch konzentriere. Das Gedächtnis ist ein unzuverlässiger Komplize, muss ich immer wieder feststellen. Aber an Nanni aus Wenningstedt in Westerland erinnere ich mich noch so genau, als wäre es gestern gewesen.


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