Er war grau und stand am Ende der Hafenpromenade des kleinen Kurortes. Er gehörte unabänderlich zum Hafeninventar, genau wie die vielen Fischkutter und die löchrige Kaimauer. In diesem Hafen war einmal ein kleines Mädchen ertrunken, das Gabriele hieß. Die Geschichte darüber wurde langezeit unter den Einwohnern der Stadt erzählt und mit einem schauerlichen Grundton, schaurigen Gefühlen und einem Gruselfaktor untermalt. Martha aus der kleinen Stadt nannte ihre einzige Tochter auch Gabriele und sie weigerte sich zeitlebens, sie mit Gabi anzusprechen. Gabrieles Vater konnte sich wenigstens irgendwann dazu durchringen, sie Gabi zu nennen. Er nahm sie häufig mit an den Hafen, um von ihr Fotos zu machen. Dazu musste sie die kleine Treppe des Leuchtturms hinaufgehen und ihre blonden Haare in den Nacken werfen, damit es ein gutes Bild ergeben würde. Das fand sie jedesmal sehr anstrengend und sie fror zumeist wegen des scharfen Ostseewindes, der um den Turm peitschte. Dann irgendwann wollte sie nicht mehr mit dem Vater zum Hafen hinunter gehen und sie weigerte sich Stein und Bein. Auch die Kaubonbons mit roten Früchten konnten sie nicht mehr rauslocken. Ihre Mutter wollte ebenfalls nicht mitkommen, ihr war es zu peinlich, auf dem grauen Turm zu posieren. So musste der Vater fortan ganz alleine mit seinem Fotoapparat losziehen. Es störte ihn aber nur wenig, denn er war ein unerkannter Asperger-Autist.
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