Wie alles anfing...(2)

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von  toltec-head

Deutsch-Sein mag Illusion sein, aber diese merkwürdigen, leichte Übelkeit erzeugenden und dann einen voller Wehmut zurücklassenden Deutsch-Effekte sind urdeutsch und echt, gibt es also wirklich: So wie wenn man im Metropolitan-Museum in New York in der Abteilung mit deutscher Renaissancekunst auf das Face des eigenen Großvaters stößt. Zuerst denkt man kurz an all diese Gesichter auf den alten DM-Scheinen und dann denkt man, Fuck!, mein Nazi-Opa!!! Bitte schnell zu den italienischen Madonnen zurück!!!!!!


Mein Opa väterlicherseits war so etwas wie ein Fremdkörper in meiner Familie, denn diese stammt ja sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits an sich aus dem Saarland und huldigte stets, also sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits,  abstammungsmäßig einem Art Frankreich- bzw. Romanik-Mythos. Meine Großmutter stammte, wie Dokumente, die mein Vater hoch und heilig hielt,  belegen, vom Brave des Braves Napoleons, also dem Marschall Ney ab, was uns, jedenfalls im Mythos, irgendwie zu Franzosen machte, was Franzosen vermutlich aber leider ganz anders sehen. Die spanische verarmte Landadel-Linie meine Mutter, ist nie wirklich nachgewiesen worden, aber, falls sie trovato sein sollte, war sie sehr wohl ben trovato: Im Museum von Havanna gibt es eine Murillo-Madonna, die bis aufs Haar meiner jungen Mutter gleicht, und auf einem Goya habe ich meinem Bruder in einem betrunkenen Bauern wiederentdeckt; borracho, ich liebe dieses spanische Wort... Mein Großvater väterlicherseits stammt jedoch aus dem Westerwald, war blond und Nazi, Spross einer Bauernfamilie und wenn ich Fotos von ihm sehe, sehe ich nicht wirklich den Unterschied zu den urdeutschen Faces auf so manchen mittelalterlichen Bildern oder solchen der Renaissance.


Es gibt ein merkwürdiges Thomas Mann-Zitat aus einem seiner Briefe, er sei in der Schule so faul wie der Westerwald gewesen, dessen Bedeutung, also die Frage, warum der Westerwald so faul gewesen sein sollte, ich nie klären konnte. Ja, ich vermute sogar, dass weder Thomas Mann, noch der Westerwald wirklich auch nur ansatzweise jemals faul gewesen sind, sondern beide (anders als der Internetliteraturforenautor, der dies hier schreibt) gleichermaßen stets (wenn auch irgendwie auf dem Holzweg) recht strebsam. Mein Großvater väterlicherseits war es aber ganz sicher nicht, also faul, sondern brachte es als Ingenieur im zweiten Bildungsweg zu einer unrühmlichen Anstellung bei der Organisation Todd und später bei Röchling. Auf den Bildern von ihm mit Uniform sehe ich aber nicht die Nazi-Zeit, sondern das deutsche Mittelalter, was ihn für mich leicht unsexy macht. Nicht nur Dürer Himself, mittlerweile nachgewiesener Homo, sondern sogar seine sämtlichen Landsknechte&Jungmänner sind für mich im Wesenskern aus einer leicht antierotischen Materie gestrickt, als beständen sie aus einem leichten Kotzgeruch; Inzestverbot? Oder gibt es tatsächlich so etwas wie eine deutsche Ur-Hässlichkeit? Andererseits ist es auch nicht so einfach erklärbar wie es sein kann, dass die Chinesen sich bis auf den heutigen Tag in so großen Mengen ans Licht der Welt gefickt habe. Vielleicht gibt es eine Ur-Hässlichkeit von Materie überhaupt, immerhin stammt  das Wort ja von lateinisch mater, also Mutter ab. Wie auch immer, ich weiß es nicht, muss aber sagen, dass ich in der Wahl meiner Sexualpartner - und ich meine dies bei vielen Schwulen herausspüren zu können - einen deutlichen Antideutschenaffekt wahrzunehmen vermeine, wenn nicht sogar ganz biblisch zu erkennen: Die männliche Ausgabe der Murillo-Madonna aus Havanna mit behaartem Arsch scheint so etwas wie mein Ideal zu sein. Es ist einfach nur schrecklich, man meint die ganze Zeit, die ganzen verfickten Jahre, Jahrzehnte, ja verfickte halbe Jahrhunderte über, meine ficke sich von seiner Familie frei und hat sich in Wirklichkeit die ganze Zeit nur tiefer, immer tiefer in seiner Mutterfotze, die sich spaßeshalber leicht verstellt hatte, zurückgefickt. Es ist das Überzeitliche, was einen so sehr daran erschreckt. Wehmütig? Nein, betrogen! In New York auf dem Bild eines unbekannten alten Meisters das Gesicht des Großvaters, im Arsch des geliebten Jungen die Mutter. 


Schwulsein ist am Ende noch weniger real als der Deutscheffekt, leider.


Egal, ich lob hier mal 1.000 € für eine plausible Erklärung des Manns-Zitat aus. Ach nein, sagen wir 550 € :):):)

 


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Kommentare zu diesem Text


 Isensee (24.05.25, 11:44)
Willkommen auf der Deutschland-Fetischparty.
Codewort: „Datenschutz“.
Dresscode: „Begründete Scham“.
Einlass nur mit korrekt ausgefülltem Anmeldeformular in dreifacher Ausführung – bitte in der Schlange nicht atmen, es könnte als Übergriff gewertet werden.
Im ersten Raum:
Die „Sub der Nation“-Lounge.
Hier liegt Deutschland nackt auf dem Meinungspranger, geölt mit Schuld, die bis ins Preußische zurückreicht.
Jede Peitsche ist ein Faktencheck.
Jeder Tritt ein Kommentar in der Zeit.
Und jeder Stöhner klingt wie ein apologetischer Leitartikel im Konjunktiv.
Die Besucher tragen Statements statt Outfits:
„Freiheit durch Vorschrift“,
„Nazi-Opa war nicht dabei“,
„Ich hasse Rassismus – korrekt gegendert“.
Auf dem Rücken tätowiert: die letzte Bundestagsrede von Ricarda Lang.
In Fraktur.
Für den Kink.
Im zweiten Raum:
„Ordnung & Lust“ – der deutsche Kontrollfetisch.
Hier darf man sich nur dann anfassen, wenn vorher ein Konsensprotokoll unterzeichnet wurde, gegengezeichnet von einem Diversity-Beauftragten und dem Betriebsrat.
Die Safewords?
„Verfassungsschutz“ und „Wartungsarbeiten“.
Auf der Bühne:
Ein Dom in Bismarck-Uniform liest Kant, während er sich selbst mit einer IKEA-Anleitung auspeitscht.
Das Publikum;
Klatscht verhalten – aber analytisch.
In der Ecke steht ein Pärchen aus Wuppertal, das sich mit Genderrollen fesselt und gegenseitig trigger-warned.
Nebenan wird ein Mann von einer Soziologin verbal zersägt, weil er „Schwarzfahrer“ gesagt hat.
Er kommt zehn Mal – aber nur innerlich.
Weil er aus NRW ist.
Der Dancefloor:
Ein DJ spielt das Grundgesetz rückwärts.
Dazu läuft ein Ambient-Remix von „Einigkeit und Recht und Freiheit“, gesungen von einem nervösen Disclaimer.
Zwischendurch schreit jemand „Gaslicht mich nicht!“ –
und wird von einem Ethikrat vorsorglich entsexualisiert.
Die Bar;
Serviert Apfelschorle auf Eiswürfeln aus Tränen der Vergangenheit.
Jeder Drink kommt mit Triggerwarnung, Inhaltsstoffanalyse und dem Hinweis, dass Genuss toxisch sein kann.
Prost, aber mit Schuld.
Und während andere Fetischpartys mit Safewords enden, endet Deutschland mit einem Folgeantrag auf Entgrenzung der Identität bei gleichzeitiger Neubewertung der Zumutbarkeit von Freude.
Denn das hier ist keine Orgie.
Das ist ein Audit.
Ein Land als Latexanzug, der nie ganz passt, aber immer quietscht.
Und keiner kommt.
Weil alle schon in Therapie sind.

 Isensee meinte dazu am 24.05.25 um 11:59:
Oder im Westerwald, wo das zähe, post-erotische Nichtstun deutscher Prägung wartet. Thermisch tot, aber moralisch aufgeladen. So wie seine Figuren: nie faul, nur innerlich versteinert. Das ist nicht Provinz, das ist deutsches Spätmittelalter im Aggregatzustand „passiv-aggressiv“. Mann war nicht faul – er war verwesterwaldet.

Sagt dir dein Nazi-Opa auch, wenn du lange genug ins Dürerbild starrst.

Liebe Grüße

 toltec-head antwortete darauf am 24.05.25 um 17:18:
Ich glaube Du verwechselst den Westerwald mit dem Sauerland, kann das sein? Auch war mein Opa ja nicht Carl Schmitt. So wie FSM ja auch nichts mit der Leibstandarte Adolf Hitler zu tuen hat, sondern einfach nur Fickstutenmarkt bedeutet.

 Isensee schrieb daraufhin am 25.05.25 um 14:41:
Hab ich dir die Pointe geklaut?

 Aron Manfeld (24.05.25, 14:13)
Da pflichte ich unserem Easy bei, lieber Toltius - der achthundertste Aufguss Deiner Gedankenwelt, die sich hinterm Schwulsein austobt.

 toltec-head äußerte darauf am 24.05.25 um 17:03:
Bitte mich nicht mit Th.M. verwechseln, Kiss.
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