Ja, aus diesem ganz und gar nicht religiösen Roman strahlt mir förmlich ein Licht entgegen. Natürlich ist es die Sprache: melodisch, elegant und mit einer ausgesuchten und doch bescheidenen Leichtfüßigkeit, Tempo: Andante. Selten habe ich einen solch angenehmen, gleichmäßigen und stringenten Fluss erlebt. Doch, ich mag auch das atemlose, zum Schnelllesen, Fliegen, verleitende Presto - ein Sekundenbruchteil Überraschung ob der Gemächlichkeit, zu der mich der Nachsommer auffordert - dann füge ich mich widerstandslos. Hilde Coppi hat sich diesen Roman von ihrer Mutter in die Todezelle schicken lassen und nach wenigen Sätzen verstehe ich diese Wahl. Eine Lektüre, mit der sich dem Tod, sogar dem eigenen Mord entgegensehen lässt. Hier summen Unaufgeregtheit und Schlichtheit, keine Spur vom Dröhnen und Höhnen des libertär-autoritären Terrors der Gegenwart, des wiederaufgewärmten Märchens von gehässig zähnefletschender Stärke, des aggressiven Verschwörungsbessergewisses, des Nach-unten-Gehackes und der zeitgenössigen alltäglichen Anbetung des Nutzens, in dem Gehalt nur noch eine Auszahlung ist und alles eine Rechnung, wenn nicht Abrechnung. Und die Beschreibungen: nicht redundant, pompös, pathetisch, überheblich verklemmt wie bei Mann; nein, immer gerade bevor mir der Gegenstand langweilig werden könnte, schweift der Erzähler zum nächsten. Es ist wohl kein Zufall, dass die besonders eigenbrödlerischen unter den Schriftstellern (Nietzsche, Krauss, Bernhard, Handke) Stifters Nachsommer zu ihren Lieblingen zählten.
Wärmstens zu empfehlen!
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Kommentare zu diesem Text
God (55)
(18.06.25, 20:26)
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