Die Katze

Mathilde sah mich an. Ein Auge war nur halb offen und es rann Eiter heraus. Ich cancelte alle Termine für heute, machte Home-Office, schnappte sie - sie wusste, was spielte, wehrte sich, brüllte, plärrte, jaulte jämmerlich, krallte - es nützte nichts, ab in den Katzenkorb. 

Es war brütend heiß, ich kam drei Minuten nach Tierarztöffnung an, da war das Wartezimmer bereits voller Hunde und Katzen. Zwei Babykatzen fiepsten vor sich hin, dies im Dauertakt. Ein Malteser wollte dauernd zu Mathilde, ich schon den kleinen Korb unter meine Beine. Nach einer Stunde kamen wir endlich an die Reihe. Ich war nervös, mag das gar nicht, mit Mathilde zum Arzt zu gehen, da es stets auf ihre Tagesverfassung ankommt, wie sie sein würde und heute war keine gute. 

Der Tierarzt untersuchte sie, fand heraus, dass sie sich das Auge selbst verletzt hatte, durch das Kratzen. Er gab ihr eine Spritze. Mathilde schrie wie am Spieß, pfauchte. Dann wurden ihre Krallen geschnitten, sie wehrte sich als ob es um ihr Leben ginge, wir hielten sie zu zweit, während der Tierarzt schnitt. Die Augen kamen ihr fast heraus, so fertig war das Tier. Zu guter Letzt, weil es so schön war, drückte er ihr ihre Analdrüse aus, das war des Arztes letzter Streich, denn in einer Sekunde, in der wir nicht aufpassten, fuhr sie - Gott sei Dank geschnittenen - Krallen aus und kratzte den Arzt heftig, schrie wieder, murrte, knurrte. 

Wir ließen sie aus und wie eine Rakete war sie wieder freiwillig im Katzenkorb. 

Das Spektakel, das uns allen den letzten Nerv kostete, kostete 50 Euro und meine Laune. Es ist so unerträglich, wenn Tiere leiden müssen.

Zuhause plärrte sie noch beleidigt eine Stunde weiter. Ich packte meine Arbeit zusammen und setzte mich ins Kaffeehaus, manches ist einfach nicht zu ertragen. Bei der Rückkehr war alles friedlich und sie kam schmusen.