SuB

Der "Stapel ungelesener Bücher" wird nicht kleiner. Da ich mir keine Bücher mehr kaufe, sondern nur noch aus der Bibliothek leihe, bleibt mein SuB so wie er ist. Das ist ärgerlich, aber das Ausborgen befriedigt meine Kauflust. So bekomme ich das Gefühl, als hätte ich gekauft. Die Rückgabe stört nicht, es kommt dabei zu erneuter Leihe. Da keine Bibliothek der Anderen gleicht, habe ich Zugriff auf tausend verschiedene Bücher. 

Dabei schade, wartet doch viel Handke, Duras, neuere Literatur, besonders auch der neue Setz. Den bekam ich geschenkt. 

Obwohl, ein Buch von mir, ist doch gerade meine Mittagessenlektüre, nämlich "Caffè Sospeso" von Amanda Sthers. Dieser Kaffee, übrigens, ist in Neapel einer für Bedürftige. Man kann, wenn man einen für sich kauft, einen zweiten bezahlen, für die, die sich keinen leisten können. 

In dem Buch geht es um das "Café Nube" und deren Gäste. Wunderbar geschrieben, so der erste Satz: "Wenn man die Augen schließt, hört man die Wäsche, die im Wind tanzt wie Fahnen, die flirrenden Masten der Schiffe, die Stimmen, die in der Ferne lachen oder schreien, das Tyrrhenische Meer, das kommt und geht, ein paar wendige Vespas, und dieser bunt gemischte Chor besagt, dass ein Weg bereitet ist für alle, die den Fuß auf neapolitanischen Boden setzen."

Schon sind die Augen geschlossen und man sieht Neapel, hört es, schmeckt und fühlt es, sofern man es kennt und, wenn man nie dort war, erfindet man es sich selbst neu. 

Lesen ist Urlaub vom Alltag. 

Jedenfalls, der Stapel wird nicht kleiner und wenn ich nicht aufpasse, dann legt mir meine Schwester noch ein Buch darauf, das ihr "völlig ungewollt" für mich in die Tasche kam. Lieb von ihr, so sind Bücher gefährliche Geschenke, bei Hera Lind bat ich jedoch um Wiedermitnahme. Aber, mittlerweile weiß sie, was ich gerne habe. 

Manchmal verändere ich den Stapel auch, und lege das unterste Buch nach oben, damit ich mein schlechtes Gewissen beruhige, aber das hilft nichts. 

Finde aber, dass es nun eine gute Lösung gibt: Abends lese ich Bibliotheksbücher und in der Mittagspause meine eigenen. Da ich eine Vorgesetzte bin, kann ich manchmal überziehen, jedoch arbeite dann nachts wieder ein. 

Ich habe heute Neapel gebucht, ein verlängertes Wochenende muss sein. 

Den eigenen SuB abarbeiten, das wird teuer, denke ich, das nächste Buch führt nach Paris. In meinen Fingern kribbelt es.