Ah ja, ...

Text

von  Saudade

..., das taten die Einsatzkommandos der Polizei in den 90- Jahren gerne, einfach mitten in der Nacht bummvolle Lokale regelrecht stürmen, da hieß es dann "Licht an! Musik aus!" - Ausweiskontrolle. Hierbei war der Jugendschutz ein Thema und natürlich die Drogenkontrolle. Schlussendlich bestand im Ersten Bezirk weniger die Gefahr des Ectasy-Konsums, der war eher auf den aufkommenden Rave-Parties, außerhalb, damals noch in den "Gasometern" ein Thema, nein, der Erste war die Hochburg des astreinen Kokains. Aber, die Lokale, die es wirklich - es war ein offenes Geheimnis - vertickten, die stürmten sie nicht, schlussendlich prominierte dort die Austro-Pop-Szene, ich nenne jetzt keine Namen und auch nicht die einschlägigen Lokale, aber nein, sie stürmten zumeist die bummvollen, wo die Kids Spaß hatten, eher kifften und soffen. 

Ich war damals 15, 16, auch schon 17, da hatte zumeist das Einsatzkommando der Ex meiner Mutter, ein Oberpolizistenschackel und ich hatte die Gabe, ihm immer in die Arme zu laufen. Auch bei Großdemos, da zerrte er mich förmlich raus und schickte mich nachhause, meinte: "Das wird gleich ungemütlich, geh da weg!" Gut war's, denn in den 90'er war es dann wirklich manchmal ungemütlich.

Wie gesagt, eben, Kurti, so hieß er, war in "voller Dienstkleidung", die kamen stets wie das Überfallskommando, Hünen, keine schmächtigen Männer, da stellte er sich vor mich hin, ich stand immer oben bei Leo oder Michael, so, dass er mich verdeckte, er hatte es schon längst aufgegeben, mich nachhause zu schicken, ich war ein Boomerang. Auch sah er, dass ich in der Zeit nie Alkohol trank, sondern eine Zitronenlimonade, das war eines, von den drei Freigetränken, die Leo oder Michael bekamen, während Leo weißen Spritzer trank und Michael Bier. 

Manchmal sahen wir auch den großen Einsatzwagen, es war ein Bus der Polizei, herannahen und Leo hatte stets einen "Chefparkplatz" vor der Türe, da sperrte er den Alfa Spider auf und sagte: "Hopp! Hinein mit dir!" 

Ja, so war das. Natürlich sah mich Kurti, sagte nichts. Ihn sah ich nie unter seinem Schnurrbart lächeln, aber er war total lieb, zeigte nur Kühle, Polizistenkühle, doch Güte durch Handlungen. Außerdem, meine Mutter nutzte ihn zwar nur aus, wie alle Männer, aber er liebte sie wirklich und das war stets gut für mich. Ich mochte ihn, er war echt lieb zu mir. 

Meistens dauerten die Razzien nur ein paar Minuten und tat der Stimmung keinen Abbruch, da sie zwischen ein und zwei Uhr Früh stattfanden, da waren sowieso alle besoffen, auch der DJ, das merkte man, wenn Thommy anfing, Blondie rauf und runter zu spielen. Öffnete man die Türe, kam Dampf heraus, so voll war die Hütte und dabei war das nur der Vorraum, man musste Stiegen hinab gehen, dann eine Holztüre öffnen, da glühte es enorm. 

Alte knallgelbe oder schwarze, mit weißer Schrift bedruckte Plakate, schon x-fach überklebt und halb zerrissen, klebten in diesem Vorraum. "SANTANA, WIESEN", "SEPULTURA, ROCKHAUS WIEN", "PANTERA, ARENA WIEN", "FAITH NO MORE, BANK AUSTRIA - ZELT, WIEN" überall waren wir, ich sah die Erinnerung täglich. Heute gibt es das Rockhaus nicht mehr, auch das Bank Austria - Zelt nicht, das letzte Konzert, das ich dort sah, das war "DANZIG" ("Dirty Black Summer" - Träller!). 

Nun, nein, das war keine Kokshütte, sondern eine Saufhütte. 

Manchmal holten die Kellner Luft, kamen zu uns rauf, besonders Dino, der Grieche, ganz ein Fescher (hübsch), mein Typ war er nicht, aber ich sah ihn 20 Jahre später im Spital und fand dass er noch gleich aussah, ich kam gerade vom Rauchen am Studentenbalkon (Wo alle Ärzte auch rauchten), damals durfte man das noch, da sah ich ihn sitzen, er erkannte mich sofort, umarmte mich, starb kurze Zeit später an einem Gehirntumor. 

Ich will nicht nachträglich naiv verklären, das Aufziehen der Kellner war offensichtlich, aber das war ihre Sache. 

Kellner kontrollierte die Polizei nicht. 

Gestern traf ich Kurti zufällig wieder, mittlerweile 80 Jahre, ich habe ihn nicht erkannt, aber er mich, er war gleich reserviert wie immer, höflich, aber lud mich auf einen Kaffee ein. Das war eine nette Stunde. Ich sagte: "Danke, du hast mir oft den Hintern gerettet." 

Er deutete nur ein Lächeln an, aber ich wusste, er lächelte innerlich. 

Er fragte: "Hast du jemanden, der auf dich jetzt aufpasst?" Ich sagte: "Meine Schwester." Da nickte er zufrieden. Und mich überkam eine Welle der Liebe für sie. 


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Kommentare zu diesem Text


 franky (26.07.25, 11:20)
Ja, in meinen über dreißig Jahren Berufsmusiker Zeit, von 1956 bis 1988
Sind mir solche Lokale auch untergekommen.
Waren keine schlechten Zeiten;
 
Herzliche Grüße fliegen zu Dir nach Wien von Franky

 Saudade meinte dazu am 26.07.25 um 12:40:
Allerdings! :D
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