Alle verhinderten Traumreisen

Beschreibung zum Thema Traum/ Träume

von  Eigenlicht

Gedankenstille: Verkrampfen in Aufmerksamkeit. Ich blicke auf eine leere Fläche und sehe vereinzelten Gedanken dabei zu, wie sie aufblitzen und verschwinden, derweil mir meine Emotionen, deren Sklave ich bin, nach Gusto in die Fresse treten. 


Sinnlose Übung: Deutung von Eigenlichtwolken. Die Schlafbrille sitzt schief, weshalb ich trotzdem die Augen schließe. Tanzende Nebelschwaden; lila, rot oder blau; beim besten Willen nicht mit den Landschaften zu vergleichen, die ich früher sah.


Sinneswandel: Erinnerung an böse Stimmen; Hexen, die sich aufdrängten, um all meine Ängste zur Wirklichkeit zu erklären. Sie hüten die Schwelle zu Weiseren, aber wo sie nicht sind, ist keine Schwelle, und ich fühle mich nicht schlecht genug, um sie zu hören.


Kahlschlag: Leere Fläche, bestürmt von sämtlichen Sorgen des Tages. Die Mauern werden nicht lange halten. Außerdem liege ich unbequem; rieche mehr vom Zimmer, als ich sollte. Mystiker gedeihen in Dreck, nicht in Müll. Ich sollte einfach ins Bett gehen. Leere!


Vergiftung: Ich sollte wirklich ins Bett gehen. Draußen zwitschern Vögel und meine Gedanken fließen längst wieder frei. Bald könnte ein Paketdienst klingeln. Oder die Polizei. Die Zeichen kommenden Lärms sorgen dafür, dass mir vom Gedanken an Stille übel wird. 


Bruch: Im Flur ist Licht. Schatten bewegen sich dort. Ich sehe sie aus den Augenwinkeln, will genauer nachsehen, schaffe es aber nicht, mich zu drehen. Die Luft kribbelt. Jemand schreit. Ich werfe mich mit Gewalt vom Sofa. Die Schlafbrille sitzt schief.


Bruch: Im Flur ist Licht. Ich winde mich vorsichtig, löse mich vom Sofa, kreise am Teppich, komme auf die Beine, gehe zum Fenster, lasse sonderbar mühelos den Rollo hoch. Die Straßen sind leer, die Sonne geht noch nicht auf. Das Geländer ist kein Hindernis.


Bruch: Im Flur ist Licht. Jemand schreit. Ich eile zur Balkontür, überspringe das Geländer, gleite sacht in den Garten. Unten angekommen, werfe ich mich in die nächste Straße, auf der Suche nach Leben. Je weiter ich komme, desto schwächer werde ich.


Bruch: Die Tür öffnet sich. Jemand kommt herein. Ich grüße, eile zum Balkon, stelle mich ans Geländer und stoße das heiserste Heulen aus, das mir möglich ist. Ein Wolf muss kommen, um dieses Elend zu beenden. Stattdessen kommen Hunde.


Entwertung: Wir haben schulfrei und jede Menge zu feiern. Das Bier schmeckt wie Magensaft, sieht aber lecker aus. Gutes Essen, blauer Himmel, grüne Wiesen. Ein Hund am Horizont. Nein, dutzende. Ich kann es nicht ertragen, wenn diese Bestien grinsen.


Kränkung: Wo wohne ich noch gleich? Die Stadt kommt mir bekannt vor, die Straße nicht. Ich stolpere von Wegmarke zu Wegmarke, finde ein Haus inmitten fremder, das vertraut erscheint; betrete es, um meine Eltern zu grüßen, und finde einen grinsenden Hund.


Unlehre: Schweben im Vagen, Auf- und Abtauchen, dann klärende Kakophonie aus trockenem Mund und voller Blase. Ich erfinde Gründe, mich erfolgreich zu fühlen, und beschließe, was ich schon tausendmal beschlossen habe.




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Kommentare zu diesem Text


 Moppel (21.09.25, 10:14)
ziemlich bedrückender Text, Eigenlicht. 
Im Resumee schließe ich  daraus: Man muss nicht nur beschließen, abzuspringen, man muss es auch tun...
lG von M.

 Eigenlicht meinte dazu am 07.10.25 um 23:03:
Der Angelsachse hat einen hübschen Begriff dafür: exercise in futility. 

Der mystische Sinn ist die Betonung der Tatsache, dass jede Tat nutzlos ist. Ganz gut versinnbildlicht ist das in einem Satz, den ich mal irgendwo auf Englisch gelesen zu haben glaube: "Wenn ich schon keinen Fisch fange, will ich wenigsten keinen riesigen Fisch fangen."

 Jack (01.10.25, 10:15)
Dann mach doch eine echte Reise! Ich empfehle Westirland.
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