Transzendentale Believistik

Kritik zum Thema Glaube

von  Jack

Dieser Text gehört zu folgenden Textserien:  Zhuang Jack,  Ontologie der Religion der Schönheit

Es gibt den passiven, rationalen Glauben (ich glaube es, weil ich es für glaubwürdig halte), und den aktiven, willensbasierten Glauben (ich entscheide mich, daran zu glauben).


Religionen verwenden psychologische Tricks, um den aktiven Glauben zu fördern: „Glaube es, weil es absurd ist!“ als ultimativer Treuebeweis. Der Zweifel, der Mangel an passivem Glauben, soll zugunsten der Entscheidung, an das Unglaubliche zu glauben, weichen.


Besonders schwer fällt die willentliche Eliminierung des Zweifels, wenn der Glaubensinhalt willkürlich oder arbiträr ist. Aber das ist auch der Grund, weshalb Religionen, in denen offensichtlicher Schwachsinn geglaubt werden soll, den Zweifel am kompromisslosesten verfolgen: „Du darfst nicht wagen, daran zu denken, dass das Dogma falsch ist!“


Die Religion des Schönen überragt an rationaler Glaubwürdigkeit etwa die abrahamitischen Religionen um Zehnerpotenzen, aber es ist dem Schönen wunderschön egal, ob du daran glaubst im Sinne des Fürglaubwürdighaltens: nur der Wille dazu, dass das Schöne unbedingt sein soll, kann als Glaube im religiösen Sinne verstanden werden. Die Entscheidung, an die Glaubensinhalte dieser Religion zu glauben, kann aber auch keine willkürliche Entscheidung sein.


Wer sich dafür entscheidet, zu glauben und zu wollen, dass die Welt des Schönen wahr ist, verfehlt die Religion des Schönen dennoch, wenn er nicht ontologisch für sie qualifiziert ist: wer nicht, Hand aufs Herz und noch inniger, das Schöne absolut liebt.


Das Christentum will zur Entscheidung für den Glauben zwingen, die Religion des Schönen lehnt jeden Eiferer an, der die Existenz der Welt des Schönen will, aber das Schöne nicht liebt. 


Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 Eigenlicht (25.09.25, 01:41)
Du vergisst den häufigsten Glauben: den aus Notwendigkeit (Ich glaube, weil ich Struktur brauche). 

Darunter fallen z.B. der Glaube an den Sinn des Lebens, der Glaube an die Sinnhaftigkeit der Fortpflanzung, der Glaube an den Wert der Grundsätze, nach denen man lebt, der Glaube an die eigene Intelligenz oder, ganz allgemein, der Glaube an die objektive Realität. Selbst der Nihilismus als Negation des Glaubens ist eine Version davon, schützt er doch vor dem eigentlichen Grauen der Kreatur: der nicht aufzulösenden Ungewissheit.

Glaube ist eine Voraussetzung psychischer Gesundheit. Wie seriös oder absurd der jeweilige Glaube im Kontext des jeweiligen Zeitalters erscheint, hängt a) von der individuellen Intelligenz und b) davon ab, wie stark das Bedürfnis ist, von anderen Menschen respektiert zu werden. Je anspruchsvoller man ist, desto mehr Mühe muss man sich geben, den eigenen Glauben zu rechtfertigen. Die einen rezitieren Psalmen, die anderen formulieren Schachtelsätze im Jargon der modernen Philosophie.

"Credo quia absurdum" deutest du als Imperativ, was falsch ist und als Forderung eh keinen Sinn ergibt.

Was den Gesetzen der materiellen Wirklichkeit unterworfen ist, ist nicht absurd, erfordert also keinen Glauben. Was absurd erscheint, erfordert so lange Glauben, bis es erklärt werden kann. Das Hypothetische, das über der materiellen Wirklichkeit steht - der Autor aus der Perspektive seiner eigenen Romanfiguren - zeichnet sich, falls es existiert, durch seine totale Absurdität aus. 

Jedes Konzept, das über den durch Wissenschaft erfahrbaren, also nicht dauerhaft von Glauben und Unglauben abhängigen Kosmos hinausführt, ist zwangsläufig absurd. 

Das ist der Punkt - und ein Paradoxon in sich, da der Glaube an das Absurde keine Strukturillusion mit sich bringt, sondern die Alleingültigkeit des Erfahrbaren auf Verdacht abstreitet.

 Augustus (25.09.25, 12:14)
Etliche Kunden der katholischen Kirche sind ja auch nur auf dem Papier gläubig. Die Kirche melkt diese Kunden, überlässt dem Einzelnen aber sich sich die Produktangebote aus dem Repertoire der Kirche auszusuchen. Es prüft ja keiner mehr - keine kirchliche Instanz - ob der tatsächliche Glaube noch vorhanden ist und ob der Kunde sich das Sonntagsgebet anhört. Die Angstkultur, die im Mittelalter herrschte und die Einzelnen an dem Glauben Christi band ist der modernen Schuldkultur und der bisweilen etablierten Schamkultur gewichen. Die Angst vor der Hölle ist verschwunden, das Richten der Kunden über das Fehlverhalten von autoritären Personen innerhalb der Kirche hat an Bedeutung gewonnen. Diese Instanz ist kritisierbar und zeigt sich im Schwund und Abfluss von Kunden. An deren Stelle treten privatreligionen. Individuen glaube nun was sie wollen ohne Angst zur Hölle zu fahren.
Image, schlechter Ruf haben an Bedeutung gewonnen. Ketzer wurden früher verbrannt, gefoltert. Heute treten unzufriedene Kunden ohne Konsequenzen zu fürchten aus der Kirche aus, wie Kunden, die bei Amazon das Abo abbestellen. Selbst die unsinnigsten Menschen, die behaupten die Erde sei eine Scheibe, wenn sie den Horizont erblicken, droht keine Inquisition mehr. Demokratien erlauben einen fairen Konkurrenzkampf um den Glauben. 

Die Religion der Schönheit ist vorausetzungsreich und möglicherweise nur den Solaren Menschen zugänglich. Chtonischen und tellurischen, sowie lunarischen Menschen bleibt sie verschlossen. Lunarischen deswegen, weil sie die absolute Schönheit bereits auf diesem Planeten glauben verankert zu sehen. 
Chtonsichen deswegen, weil sie diese Schönheit gar nicht verstehen und nur in der einseitigen sexuellen Befriedigung (als räuberischen Akt) ihre Erfüllung finden; als Bereicherung der Lust und Erlösung derselben durch Raub der weiblichen oder männlichen Natur. 

Allein deswegen wird bereits klar, warum die Religion der Schönheit nur einem exklusiven Kreis von Personen zugänglich ist.  


Kommentar geändert am 25.09.2025 um 12:24 Uhr
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online: