IN VERSE GEGOSSEN „DER ARME POET“ VON SPITZWEG DEN IHR HIER ZU WERK GEHEN SEHT – zum Genre des Tages:

Sozialdrama zum Thema Gedanken

von  harzgebirgler

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Mit der Brille auf der Nase
liegt am Tag er noch im Bett,
nein, er hebt sich nicht vom Lager,
der Poet, der mehr wohl hätt'
an Besitz, Kultur des Wohnens,
würd' er reüssiern im Fach,
doch wie's ausschaut haust der Dichter
unterm längst undichten Dach.
Dachschräg ist die karge Kammer,
die der Musensohn bewohnt
und du ahnst, dass sich sein Mühen
bislang herzlich wenig lohnt.

Spärlich die Habseligkeiten
solchen Lebens für das Wort,
dennoch liegt Idyllenschimmer
überm schrägen Dichterort.
Auf dem Boden die Matratze,
unverhüllt auf blankem Holz -
dies stört Spitzwegs Versfan wenig,
weil dem Dichten gilt sein Stolz.
Gehrock, Stiefel und Zylinder,
Schirm, Stock, Bücher, greifbar nah,
dicke, alte, große Schinken
hat der Schlafmützträger da,

nur nichts Essbares in petto,
was bei Hunger füllt den Bauch,
selbst an Brennholz herrscht ein Mangel -
Manuskripte tun's ja auch.
Oh, die Kunst birgt manche Hürde,
ehe mal ein Werk gelingt
und im Schatten wahrer Meister
einer was zustande bringt;
auf den Durchbruch mag er hoffen
und die Jahre geh'n ins Land -
glücklich wer auch ohne diesen
dann im Tun Erfüllung fand.

Oft wills sich partout nicht reimen –
irgend etwas hemmt den Fluß
und im Versmaß fasst der Arme
häufig erst arg strauchelnd Fuß.
Deshalb, als Gedächtnisstütze,
steht's mit Kreide an der Wand:
Emsig folgt dem klass'schen Muster
prüfend des Poeten Hand;
zwischen Lippen klemmt die Feder,
kritisch wird das Blatt beäugt,
ob's am Ende noch für andres
denn als Ofennahrung täugt!

Tinte geht im Faß zur Neige,
Feder fasst geneigten Rest,
doch so sehr die Not umdroht ihn,
aus der Ruhe bringen lässt
sich der nicht mehr junge Künstler
offensichtlich niemals nicht -
eifrig sucht er weiter Reime
in des Sonnentages Licht.
In der Tat zählt, Kurs zu halten,
sei Erfolg auch ziemlich fern -
folge stetig deinen Sternen,
tue was du tust stets gern...

Doppeldeutig ist die Armut,
die der Maler illustriert,
denn wo Können groß am Werk ist,
hat es meist zum Ruhm geführt
immerhin zu Lebenszeiten,
die wohl anfangs oftmals schwer,
pures Unvermögen erntet
indes selbst posthum kaum Ehr'!
Spitzwegs Bild mag man betrachten
mit gewisser Nostalgie,
sich zutiefst zu überschätzen
scheint modern aber wie nie...


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arme hat der poet und klar auch beine
die sind von einer decke nur verhüllt:
er liegt ja noch im bett beim holden scheine
der morgensonne - ganz von vers erfüllt

liest er sich durch was ihm grad aus der feder
geflossen ist aufs schneeweisse papier
das bringt mit sicherheit keineswegs jeder
doch brotlos scheint die kunst zumindest hier

denn um den kachelofen zu beheizen
nimmt er schon alte manuskripte her
zur nachahmung kann das kaum welche reizen

die „kohle“ machen woll’n und deshalb mehr
- zumal meist mangels dichterischer gaben -
zum ziel „solidere“ berufe haben...


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Anmerkung von harzgebirgler:

"Der arme Poet" von Carl Spitzweg kann als Sozialdrama interpretiert werden, da es die soziale Misslichkeit eines verarmten Künstlers im Kontext des Biedermeier darstellt und eine subtile Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen und der Unterdrückung durch die Obrigkeit übt. Die Darstellung zeigt einen Dichter in einer ärmlichen Dachkammer, dessen Manuskripte als Brennmaterial für den Ofen dienen und der sich in einem Zustand der Armut und des sozialen Abstieg befindet, was die Diskrepanz zwischen künstlerischem Anspruch und harter Realität hervorhebt.

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