Hundeherz-Witwe

Satire zum Thema Absurdes

von  Moppel


 

Wie muss eine Witwe sein? Das weiß die Gesellschaft genau. So, wie sie auch immer wusste, wie ein Teenager oder eine junge Frau zu sein haben.

Die Gesellschaft ist nichts anderes als ein Hundeplatz, wo jeder Köter sein Platz und Sitz zugewiesen bekommt. Jeder Welpe muss seine Stellung finden in der Hierarchie und jede neue, alles verändernde Lebenssituation macht den Menschen zum gesellschaftlichen Welpen. Er fängt ganz neu an und die Witwe erkennt mit Entsetzen, wer nun alles ihr neuer Trainer sein möchte.

Geh doch mal wieder in die Kirche, schlägt ihre Tochter vor. Geh doch mal einen trinken, sagt der Nachbar, ich besuche seit dem Tod meiner Frau jeden Abend die Kneipe da vorne. Fahr doch in Urlaub, genieß dein Leben, meint der Schwiegersohn. Wie also soll sie sein, die perfekte Witwe auf dem Hundeplatz des Lebens?

Soll sie ein Pudel sein - angepasst, angemessen wehleidig, mitteilsam und dankbar für die unter dem Mitleid gut versteckte Neugier der anderen. Von jenen, die auch hunderte Kerzen aufstellen für wildfremde Menschen, die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen?

Soll sie ein Dackel sein, der sich bei jedwedem Aua so lange gerne streicheln lässt, bis man ans Aua kommt. Dann aber Vorsicht!

Soll sie  ein Mops sein, der den ganzen Tag tieftraurig schaut und die vermeintliche Anteilnahme als Sympathie für sich selbst missversteht?

Oder ein Pit, der sich in seine Höhle unter der Couch  zurückzieht und knurrt: Lasst mich doch alle mal in Ruhe, ey! Das heilt von alleine. Ich sag schon Bescheid, wenn ich Zuwendung brauche.

Jeder scheint etwas anderes von der Witwe zu erwarten. In ihrer neuen Rolle, in die sie selbst erst hineinfinden muss. Sie sieht gedanklich den Dackel und den Pit zusammen am Hundezaun stehen und ihr zulächeln. Und sie dekoriert die Wohnung weihnachtlich schön. Heimelig. Genießt die Stille, den Schimmer der Kerzen und kuschelt sich mit ihrem Mops in die warme Kaschmirdecke.

 

 



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Kommentare zu diesem Text


 Teo (24.11.25, 16:50)
Moni, dich bekommt man ihn keine Rolle gesteckt.
Du bist die Moni wie du bist, und das ist gut so...
Gruß aus Herne
Teo

 Citronella meinte dazu am 24.11.25 um 17:00:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 24.11.2025 um 17:01 Uhr wieder zurückgezogen.

 Citronella (24.11.25, 17:02)
Hallo Moppel,

du wirst sicherlich nicht diejenige sein, die man oft in der Kirche oder auf Seniorentreffs finden wird. Dir werden andere Dinge einfallen, ohne dass man dich in eine bestimmte Rolle stecken kann.
Schreiben und lesen bleiben doch immer. Und dein Vierbeiner wärmt doch auch ein wenig in der Kälte des Novembers.
Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft!

Liebe Grüße
Citronella
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