Bevor ich Kjelde gegen die Angriffe von van Anderten und Ceresa in Schutz nehmen will, muss ich den lebzeitlich bekannteren Fremden in Erinnerung rufen; der Einfluss von John Cattangee auf unser Denken im 17. Jahrhundert ist so gewaltig, dass er zu einem weißen Elefanten in einem porzellanlosen Vorraum eines verständnislosen Bahnhofs geworden ist. Kurz: Es lässt sich für und wider argumentieren, so und anders, aus diesen und anderen Gründen. Das war Kjelde mehr als bewusst. Er endete nicht in aporetischen Zwangsrelativismen, er setzte sie bereits voraus.
John Cattangee, ein Ni dom nach J. X. Selff, sah sich als der Endpunkt einer Tradition, und Kjelde sah sich als sein legitimer Nachlassverwalter. Sie kannten sich gut, lebten in Ceachelle und hatten im Krieg keine Position bezogen, aber nicht aus moralischer Apathie. Sie argumentierten, dass wenn die Welt gut ist, sich das Gute schon durchsetzen wird. Das war nicht zynisch gemeint. Doch als die Truppen von General Grevious auf Befehl eines wahnsinnigen Königs Vernichtungszüge unternahmen, die alles, was in der Tradition von Adelaid und Aristarch stand, auslöschen sollten, war die Neutralität mit Weisheit nicht mehr zu begründen.
Welches Wissen teilten Cattangee und Kjelde, das das teilnahmslose Zusehen dennoch rechtfertigte? Und taten sie denn wirklich nichts? Sie argumentierten für die radikale Vergeblichkeit, aber Cattangee organisierte nicht weniger als neun Flüchtlingsunterkünfte auf dem Land, und Kjelde schmuggelte Dokumente für die Regierung in Lxiour an den Besatzern vorbei. Weder der Feigheit noch des moralischen Relativismus schuldig, verweigerten die Beiden strikt jeden Zweckoptimismus und jeden Zweckmanichäismus erst recht.
So wie Kiite Aurele immer wieder sagt: „Ich habe alle meine Erkenntnisse im Drogenrausch gewonnen, aber macht es mir nicht nach, es wird euch zerstören!“, so hätten Cattangee und Kjelde sinngemäß warnen können: „Wir müssen alles relativieren, aber macht es uns nicht nach, ihr werdet mit den Ergebnissen eures Denkens nicht leben können!“ Denn im Grunde haben sie intuitiv etwas erkannt, was ich erst 250 Jahre später in meiner Sprachkritik expliziert habe: alles Wissen ist aporetisch, die Aporien lösen sich auf einer höheren Ebene zwar auf, aber die Antworten sind dann inkommensurabel mit den ursprünglichen Fragen.
Als ich mit dem Meister von Dorcor zum ersten Mal zusammentraf, wollte ich wissen, ob Bodoncar existiert hat. Er sah mich ruhig an und fragte: „Warum willst du zu Bodoncar Zuflucht nehmen? Was lässt dich an deiner eigenen Existenz zweifeln?“ Der Schlüssel liegt im Erleben, nicht im Denken. Wer aber das Erleben zum bloßen Mittel der Erfahrung macht, um für sein Denken Erkenntnisse zu gewinnen, verfehlt das Leben. Das Denken Cattangees war ein postlogisches Changieren zwischen den Seinsebenen, und Kjelde zog die Konsequenz daraus.
Cattangee legte den Grundstein für den Grundkonsens, dass das Leben als Schnittstelle von Denken und Sein ein nicht auf Prinzipien oder Gesetze reduzierbarer Kontingenzraum ist, und dass daraus ein nihilistischer Relativismus wurde, ist dem steilen Abstieg des philosophischen Denkens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu verdanken.
Der Preis für das politische Überleben war höher als gedacht: die zweite, negative Phase der Geschichte der Finisterre (1652-1737) war von Resignation und Entfremdung geprägt. Gravelaine war der einzige Stern am Himmel des immer negativer werdenden Nihilismus, und jeder Intellektuelle in den 1670-ern wartete ungeduldig auf die nächste Aphorisnensammlung des Meisters der „Existenz im Unmöglichen“ (Cattangee). Als Gravelaine 1683 starb, hinterließ er eine Leere, die bis 1748 nicht mehr gefüllt werden konnte. Der Nihilismus wurde immer zynischer, die Lyrik sadistisch, die Geschichtsschreibung im schlechten Sinne ironisch. Ab 1696 setzte sich, unseren Geist kolonisierend, ein sehr sophistizierter objektiver Idealismus durch, der von 1703 bis 1710 als absolute Wahrheit gefeiert wurde und 1718 eine präzedenzlose geistige Bankrotterklärung hinnehmen musste. Nein, Kjelde und Gravelaine haben die Tradition nicht vergessen, sie haben implizit immer mit ihr gearbeitet.