Gegenschlag

Verstand vs. Irrsinn


Eine archivierte Kolumne von  Melodia

Mittwoch, 17. September 2014, 14:14
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U2 got ver-apple-t

Was erwartet man, wenn sich eines der größten Unternehmen der Welt mit einer der erfolgreichsten Bands zusammenarbeitet? Im Prinzip gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder die Kooperation wird für die Beteiligten ein Erfolg und für die Fans bzw. Kunden ein Grund zur Freude, oder es wird für (fast) alle Betroffenen ein Reinfall. Selbstverständlich ist es letzteres. Und für mich sind es neue Gründe die Firma Apple und die Band U2 zu meiden, um es wohlwollend zu formulieren.

Zu dem Ereignis: Am 09.September 2014 wurde das neue iPhone 6 vorgestellt, auch wenn es sich gefühlt um das tausendste Modell handelt muss, da Apple im Jahrestakt ein neues, bessere und vor allem teureres Telefon (!) auf den Markt bringt. Die Luxusvariante des neuen iPhone kostet auch nur um die 1.000 Euro. Kunden scherzten bereits, dass sie lieber auf das nächste Modell sparen, denn bis sie Geld für das 6er zusammengekratzt hätten, wäre es ohnehin schon überholt. Da stelle ich mir bereits die Frage, warum man so viel Geld für ein Telefon ausgibt?

Jedenfalls wurde auf besagter Pressekonferenz auch bekannt gegeben, dass zur Feier des Tages das neue U2-Album Songs of Innocence bis Mitte Oktober für alle Firmenkunden umsonst erhältlich sein wird. Im Grunde eine nette Geste. Zumal Frontsänger Bono, in seiner ganzen Selbstlosigkeit, Apple-Chef Tim Cook überredete dies zu tun. Und Cook, als Dank für die Werbung U2s, durch die das erste iPhone ein Erfolg wurde, sagte selbstredend zu. Ganz großes Theater. Denn die Probleme dabei sind:
1) Apple verschickte das Album ungefragt an 500 Millionen Menschen, die dieses nun in ihrer Mediathek wiederfinden. Unabhängig davon, ob der automatische Download aktiviert war oder nicht. Und löschen ließ es sich nicht. Erst nach unzähligen Beschwerden wurde eine recht umständliche Löschfunktion über das Internet angeboten. Etwas überheblich, oder?
2) Der scheinbar großzügige Weltverbesserer Bono ist nicht ganz so altruistisch wie er sich gerne gibt. Denn umsonst gab es das neue Album nicht. Apple zahlte eine vorher vereinbarte Summe an U2s Plattenlabel, so dass die Band und der Musikkonzern Universal Music nicht ganz leer ausgingen. Wäre ja auch schade, nachdem sich das letzte Album geschätzt „nur“ knapp 5 Mio. Mal verkaufte. Von solchen Zahlen träumen 99% aller Musiker.
3) Das mag eher ein persönliches Problem sein, dass ich mit U2 habe, aber wenn Bono den großen Joey Ramone dafür verantwortlich macht, dass er mit singen begann und ihm auch noch ein Lied widmet, kann man eigentlich nur hoffen, dass es Rachegeister gibt. Fast noch schlimmer ist aber, dass der Name der neuen Platte direkt von einem Gedichtband des visionären William Blake kopiert ist. Aber hiermit ist nicht Schluss! Es wird noch ein weiteres Album veröffentlicht werden, welches das aktuelle ergänzen soll. Dessen Name steht ebenfalls schon fest: Songs of Experience; ein weiterer Gedichtband besagten Künstlers. Würde er heute leben, würde er U2 missbilligen.

Dass Apple und U2 trotz dieser verkorksten Kampagne dennoch gut zusammen passen liegt an anderen Umständen. So stilisiert sich Apple seit einigen Jahren als modernes und umweltfreundliches Unternehmen. Jedoch waren erst etwaige Proteste gegen verwendete Chemikalien etc. notwendig, damit das Unternehmen überhaupt in diese Richtung dachte. Von anderen Verfehlungen wie den Zuständen bei ihren Zulieferfirmen (bspw. Foxconn), der Rückdatierung von Aktienoptionen (natürlich war man sich der Folgen nicht bewusst), Klagen gegen Blogger, die sich mit ihren Produkten auseinandersetzten (glücklicherweise alle verloren), Kundentäuschungen bei Garantiegewährleistungen (Geldbuße von 900.00 Euro erhalten) und einem dubiosen Datenschutz für Kunden und Mitarbeiter. So werden z.B. alle Bereiche von AppleStores videoüberwacht und ehemalige Mitarbeiter sprechen von geheimdienstlichen Methoden bei jeglicher Information die nach außen dringt. Mal abgesehen davon, dass Apple wer weiß was noch alles auf die Endprodukte ihrer Kunden versenden kann, ohne dass diese es mitbekommen. Zumal man nur über die firmeneigenen Apps Musik etc. erwerben kann. Du darfst alles essen, aber nicht alles wissen.

Für einige mag sich jetzt die Frage stellen, wie eine Band wie U2, die sich u.a. für viele Hilfsprojekte engagiert und allen voran Frontmann Bono zu Apple passt. Nun, zunächst einmal kann man sich nicht dem Eindruck erwehren, dass der gute Mann bei allem mitmacht, was auch nur ansatzweise mit Umwelt, sozialen Projekten oder christlicher Nächstenliebe zu tun hat. Sicher meint er es gut und großzügige Spenden sind lobenswert, aber entweder ist er sehr naiv oder nicht der hellste. Vieles wirkt inszeniert und dass er sich allzu oft mit fragwürdigen Machtmenschen zeigt, oder sie sich mit ihm, bringt einen faden Beigeschmack mit sich. Aber vor allem kann er eines sehr gut: heucheln!

Allein Bonos Anteile an Facebook, die wohlgemerkt nur 1,5% betragen, werden auf über 1 Mrd. Dollar geschätzt! Die 360° Tour spielte fast 740 Millionen Dollar ein, für die eine 51 Meter hohe Stahlkonstruktion über die Bühnen aufgebaut wurde, wofür 120 (!) Laster notwendig waren sie zu transportieren. Die Kosten für dieses Ungetüm lagen circa bei 30 Millionen Dollar. Die Produktionskosten eines Auftritts bei 750.000 Dollar. Und so eine Person bzw. Band möchte mir etwas über Entwicklungshilfe und Umweltschutz erzählen? Ich würde gerne wissen wie viel er tatsächlich spendet.

Aber die Krönung: Genau wie Apple schleusen U2 seine Einnahmen am Fiskus vorbei. Durch Tochterfirmen im Ausland mit Steuervergünstigungen wird eine so genannte „Steueroptimierung“ erzielt. So sind oft Irland und die Niederlande als Länder involviert, die dafür perfekte gesetzliche Vorgaben liefern. Denn dieses Verfahren ist tatsächlich legal! Apple hat so angeblich in den Jahren von 2009 bis 2012 um die 74 Mrd. Dollar an ihre irische Tochterfirmen überwiesen. Dass einige der Tochterfirmen nicht mal Mitarbeiter besitzen scheint irrelevant zu sein. Apple ist natürlich nicht das einzige Unternehmen. Auch Starbucks, Amazon, Microsoft, Facebook oder Google praktizieren dieses Verfahren. Und eben auch U2.

Apple-Produkte bleiben für mich weiterhin überteuerte Glasuntersetzer die sich Hipsters kaufen und Leute, die keine Ahnung von Computern haben und U2 eine unnötige Band in der Musikgeschichte, die einer noch schlimmeren Namens Coldplay als Vorbild diente. Aber das ist nur meine subjektive Meinung. Die objektive Entscheidung, ob man diese beiden „Unternehmen“ mitfinanzieren möchte, muss jeder für sich treffen.

Ich für meinen Teil lassen mich nicht veräppeln.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

Graeculus (69)
(08.10.14)
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 Melodia (09.10.14)
ja ist sie. aber das mit irland war ein beispiel, dass für facebook, apple etc. zählt. U2 "zahlen" ihre steuern in den niederlanden... eigentlich hätte ich auch noch michael schuhmacher in dieser kolumne nennen können...
Graeculus (69)
(15.11.14)
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