Schweizer Käseallerlei
Nicht immer ganz ernstgemeinte Blicke über die Grenze
Eine archivierte Kolumne von Maya_Gähler
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Behindert
Ich las vor einiger Zeit von einer Aktion. Hier machten sich so genannte Nichtbehinderte stark für so genannte Behinderte. Es ging dabei aber nicht um irgendwelche Möglichkeiten der Hilfe in Form von neue Situationen zu schaffen, die den so genannten behinderten Mitmenschen Erleichterung ihrer Situation bringen, sondern um das Wort "behindert" selbst.
Mir gab diese Aktion sehr zu denken. Da kämpfen Menschen mit Lernschwäche dafür, dass das Wort behindert für sie abgeschafft wird. Sie finden sogar Mitmenschen, die sich dafür stark machen und ihre Aktion überall verbreiten. Im Grunde genommen ein frommer Wunsch und sicher auch ein guter Wille dahinter.
Sehen wir die Situation doch einmal so wie sie in meinen Augen ist. Ich formuliere nun mit Absicht sehr krass, damit meine Denkweise deutlich wird.
Als behindert gelten doch nur die Menschen denen man ansieht, dass sie behindert sind. Ergo - Krüppel, Mongos, Spastis etc. (Man verzeihe mir diese Formulierung, aber sie muss in diesem Fall sein.) Rollifahrer gehören auch noch dazu.
So... das sind die Menschen, die in den Augen der meisten Menschen als behindert gelten.
Was ist nun mit all denen Menschen, die durch einen Unfall/Krankheit (was uns jederzeit selbst widerfahren kann) geistige Schäden davongetragen haben? Mit den Menschen, die eine Rechtschreibschwäche haben (Legastheniker z.B.), was ist mit den Menschen, die das ADHS Syndrom haben oder POS? Man sieht ihnen nichts an.
Es gibt noch unzählige Beispiele dafür.
Ihre Behinderung besteht darin, dass sie eine Schwäche, eine Einschränkung haben, die sie am so genannten normalen Leben behindert.
Meist sind es Menschen, mit diesen nicht sichtbaren Einschränkungen, die sich vehement gegen das Wort behindert wehren. Ein gutes Recht. Doch wohin führt es uns?
Sie kämpfen für mehr Respekt, Achtung, Anerkennung. Doch wo bleibt der Respekt den sie sich selbst gegenüber haben sollten? Sie machen etwas öffentlich, was gar nicht diskutiert werden müsste.
Es gibt viele Worte, die im Sprachgebrauch diskriminierend sind, doch zum Alltag gehören. Nach dem Motto irgendein Name muss das Kind ja haben.
Kleines Beispiel am Rande: Ich selbst gehöre zur Kategorie Lehrlinge/Stifte (damals), dann wurden es Auszubildende, jetzt sind es Lernende. Gleiche Situation, neuer Name, was hat sich wirklich geändert?
Vor allem, wenn man wirklich ein neues Wort finden und in den Sprachgebrauch einfügen würde, wie lange wird es wohl dauern, bis irgendjemand dieses Wort auch als diskriminierend finden würde?
Diese Aktion und den Kampf in dieser Sache in allen Ehren. Was ändert sich an der Situation, wenn man nicht mehr als behindert tituliert wird?
Wäre es nicht sinnvoller dafür zu kämpfen, neue Möglichkeiten für diese Einschränkungen und somit zur Verbesserung der Lebensqualität zu finden? Würde es sich nicht vielmehr dafür lohnen zu kämpfen? Oder für bzw. gegen die vielen unnötigen bürokratischen Schritt um Anerkennung dieser Einschränkung und somit auch der Existenzsicherung von Menschen mit Behinderung.
Dies schreibt eine Mutter einer behinderten Tochter (Down-Syndrom), die ihren "Kampf" in einem Elternforum in sinnvolle Bahnen lenkt und somit dazu beiträgt, Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
Wenn wir schon kämpfen, dann sollten wir aufhören in verschiedenen Klassen zu denken:
behindert-nicht behindert, arm-reich, dick-dünn etc. Hierzu gehören auch Religionen, Abstammungen usw.
Wir sind alles Menschen und genauso sollten wir behandeln und behandelt werden. Würde jeder den anderen so behandeln, wie er selbst gerne behandelt werden würde, wären wir schon einen riesigen Schritt weiter.
Doch dies braucht ein Umdenken in jeder Hinsicht.
In diesem Sinne
allen Menschen Kraft und Mut, nur dann können wir gemeinsam etwas bewirken.
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
(01.09.08)
Später kamen die Begriffe "Schwachsinn" und "Geistesschwäche" auf, und man fuhr fort sich zu beschimpfen: "Du bist ja schwachsinnig!"
Noch später begann man, von Behinderten (oder, ganz fies: Menschen mit Behinderung) zu sprechen, und voilà: "Ey, du bissja voll behindert!"
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Kinder im Schulbus ein fröhliches "Du biss voll von einer Beeinträchtigung betroffen!" an die Köpfe werfen.
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Eine Veränderung der Begrifflichkeiten bedingt nicht zwangsläufig ein Umdenken.