Dienstags bei Inge

Ansichten übers Leben und Sterben und den Rest dazwischen


Eine archivierte Kolumne von  IngeWrobel

Dienstag, 29. März 2011, 00:45
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Quäle nie ein Tier zum Scherz …

… denn es könnt geladen sein!“ witzelten wir früher. Die Urfassung des Spruches mit der Endung „denn es fühlt wie du den Schmerz“ sollte uns Kinder auf sanfte und eindringliche Art davon abhalten, Insekten Beine auszureißen, Tierköpfe abzubeißen und Krabbelgetier zu foltern, bevor es schlussendlich durch den Tod erlöst wurde. Die Mahnung wurde individuell angenommen und dem Bestand der guten Vorsätze „Was muss ich beachten, um ein guter Mensch zu werden?“ beigefügt – oder auch nicht.
Bei all dem Geschehen war das gequälte Tier passiv der Willkür der „Bestie Mensch“ ausgeliefert.
Unsere spöttische Abwandlung der zweiten Satzhälfte ließ uns in der Regel nicht ernsthaft damit rechnen, ein Tier könne zurückschlagen, den Kampf aufnehmen, sich wehren. Schließlich ging es ja immer um kleine Tiere, die wir fest und sicher in unserer Gewalt hatten. Für mich stellte sich nie die Frage, ob Tiere unter Schmerzen leiden können – ich war sicher, dass es so ist.

Im Gegensatz zu uns (deutschen Kindern) geht man im Vereinigten Königreich wohl davon aus, dass Nicht-Säugetiere keinen Schmerz empfinden können.
Dennoch machten sich Wissenschaftler der Queens University in Belfast an die Untersuchung, ob Krustentiere, hier speziell Einsiedlerkrebse, Schmerzen spüren. Man verpasste den Tieren Stromstöße, woraufhin sie sich eiligst nach einer neuen Behausung umsahen.
Wie man weiß, leben Einsiedlerkrebse in leeren Schneckenhäusern, die sie vor dem Einzug sorgfältig daraufhin prüfen, ob sie groß genug und als Schutz geeignet sind. Wird ihnen das Haus zu klein, suchen sie sich ein neues, welches sie wieder vorm endgültigen Umzug genau inspizieren.
Die Wissenschaftler Mirjam Appel und Bon Elwood beobachteten eine verstärkte Umzugsbereitschaft, die sie nicht mit einer Reflexhandlung der Tiere begründeten, sondern als Reaktion auf die Schmerzwahrnehmung. Das würde bedeuten, dass die Krebse sich an die Elektroschocks erinnern – also nicht nur den Schmerz spüren, sondern über ein Schmerzgedächtnis verfügen.

Wenn es nach mir ginge, bräuchte es solche Untersuchungen nicht, da ich das ja alles aus meiner Kinderzeit weiß. Bei den beiden Wissenschaftlern hat diese Erkenntnis immerhin dazu geführt, einen erhöhten Schutz für sogenannte Krustentiere zu fordern. (siehe  http://www.qub.ac.uk)
Unbekannt ist, ob die Krebse vielleicht die Wissenschaftler gezwickt haben. Die Vorstellung, dass sich unsere flapsige Spruchendung realisiert haben könnte, entlockt mir ein breites Grinsen.

Obwohl auch Brite, beschreibt der von mir hochgeschätzte Waliser Roald Dahl in seiner Geschichte „The Sound Machine“ (Der Lautforscher) sehr überzeugend, dass sogar Pflanzen Schmerz empfinden können. Wenn auch durch schreckliche Fügung die geniale Konstruktion Klausners – so heißt der Lautforscher – zerstört wird, die uns den Beweis geliefert hätte, so bin ich dennoch davon fest überzeugt: auch Pflanzen sind sensible Lebewesen, die von uns pfleglich behandelt werden wollen.
Seit ich liebevoll mit meinen Zimmerpflanzen spreche, gedeihen sie viel besser. Ich schwör's!

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 BrigitteG (07.04.09)
Ah, die Dahl-Geschichte, Inge - es war ein vor Schmerzen schreiender Baum, der den Forscher erschlug, soweit ich mich erinnere. Eine beindruckende Geschichte.
Ich las mal, dass es Organisationen gibt, die Menschenrechte für Primaten fordern. So ganz abwegig finde ich das nicht. Bei den sog. niederen Tieren und den Pflanzen bin ich ratlos - keine Ahnung, wie das mit dem Schmerzempfinden ist. Also mache ich das vorsichtshalber so, dass ich Mücken einen schnellen Tod verpasse, und ansonsten niemandem ein Bein ausreiße.
Und zum Thema "mit den Pflanzen sprechen" las ich mal eine amüsante Geschichte: ein Unterteufel und ein Unterengel waren auf die Erde geschickt worden, um die Menschen zu bekehren. Jeder hatte seine Wohnung, auch mit Pflanzen. Der Engel sprach liebevoll und positiv mit den Pflanzen, und sie wuchsen ganz wunderbar. Der Teufel bedrohte sie mit den Worten: "Seht zu, dass Ihr wachst und blüht, sonst vernichte ich Euch sofort oder Ihr kommt in die Hölle." Und die Pflanzen des Teufels waren die schönsten in der ganzen Stadt...
Herzlich Willkommen bei den Kolumnist-inn-en, Inge!
wupperzeit (58)
(08.04.09)
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 ViolaKunterbunt (08.04.09)
Herzlichen Glückwunsch zu Deiner gelungenen ersten Kolumne!
Interessant geschrieben, habe ich gern gelesen und inhaltlich stimme ich Dir voll und ganz zu!
Kunterbunte grüße,
Viola
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