Dienstags bei Inge

Ansichten übers Leben und Sterben und den Rest dazwischen


Eine archivierte Kolumne von  IngeWrobel

Dienstag, 03. November 2009, 00:24
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Berlin

Wenn eine eine Reise macht, dann kann sie was erzählen ...
Ich kann noch nicht wirklich erzählen, weil mein Kopf voll ist mit Eindrücken, Anregungen, Erkenntnissen. Wo sollte ich beginnen? Was langfristig für mich wichtig ist, was ich in diesem Urlaub gelernt habe, kann ich noch nicht überblicken. Aber selbstverständlich gibt es Erfahrungen, die sich primär umsetzen lassen. So zum Beispiel die Einsicht, dass frau im Herbst in Berlin mindestens einen warmen Schal braucht. Ich werde also vor meinem nächsten Berlinbesuch das Stricken anfangen.
Auch gutes Schuhwerk ist wichtig. Nicht nur, weil es dieses überwältigende Angebot an kulturellen Veranstaltungen gibt, und man flott von einem zum anderen Event kommen möchte. Nein, auch der Herbst bedingt solches: Die unebenen Steine der Gehwege werden durch romantisch buntes Herbstlaub, das sich als heimtückisch glitschig entpuppt, kaschiert. So kann es geschehen, dass eine naive ältere Touristin aus der Provinz – zumal aus dem Ländle, wo das Reinigen der Gehwege oberste Pflicht ist – durch ein Straucheln, einen Fehltritt, sehr schnell zum älteren „gefallenen Mädchen“ wird.
Meine Freundin Brigitte „rhea“ entwickelte sofort REHA-Qualitäten, und wurde mir so (auch) zur physischen Stütze. Als Spezialistin für die Stabile Seitenlage hätte sie auch erste Wiederbelebungsmaßnahmen ergreifen können, was aber zum Glück dann doch nicht vonnöten war.
Dennoch hilfreich war ab sofort ihr Einsatz im Bemühen, mir lange Wege und schmerzhaftes Treppensteigen zu ersparen: Wir kennen nun den Fahrstuhl im Museum Hamburger Bahnhof, der dem normalen Museumsbesucher verschwiegen wird.
Dass Brigitte die beste Einparkerin der Welt ist, mag noch mit rechten Dingen zugehen. Dass sie es aber schaffte, immer einen Parkplatz direkt vorm Eingang zu unseren täglich wechselnden Musentempeln zu erhaschen, hat etwas Übernatürliches. Ich weiß nicht, mit welchen Göttern oder Teufeln sie sich verbündet hat – will es auch gar nicht wissen. Schließlich war ich die Nutznießerin.
Und was is mit Literatuhur???
Das Wichtigste für mich war das Lesen in der Schwartzschen Villa. Montagabends haben drei Autoren die Möglichkeit, bisher unveröffentlichte Texte vorzutragen. Eine Voranmeldung gibt es nicht. Wer zuerst vor der Tür steht, liest zuerst. Ich hatte Glück, weil Brigitte mich nicht nur rechtzeitig hinfuhr, sondern mir auch von den zwei Gedichten, die ich dann las, Kopien ausgedruckt hatte. Diese Kopien bekommt das kritische Publikum, um den Autoren auf Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten im Text festnageln zu können. Der Autor lässt die Kritik zunächst unwidersprochen über sich ergehen, darf aber am Ende auf einige Fragen eingehen. Eine harte Schule! Da mir das Publikum sehr kompetent erschien, sind die angesprochenen Stellen unbedingt überdenkenswert. So kann konstruktive Kritik funktionieren. Destruktive Worte gab es übrigens in diesem Autorenforum nicht.

Meine „Litera-Tour“ führte mich neben dem kV-Treffen im Speicher auch mit einigen der „Mauerstücke“-Autoren zusammen, die zur Lesung ins Kultur-Café Sibylle kamen. Es war ein harmonisches Treffen. Hier bestätigte sich beim persönlichen Kennenlernen ein ganz besonderer Sympathie-Bonus, der durch vorausgegangene Mails entstanden war, ebenso in der Realität, wie bei einem sehr netten kV-„Kollegen“.

Zusammenfassend: Du musst nur rufen, Berlin, ich komme sofort wieder!

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