Die Favoriten von Ephemere

Es wurden 27 Lieblingsbücher gefunden.
  •  Flynn, Gillian: Gone Girl
     So psychologisch klug, sinister hintersinnig, amoralisch und dabei dennoch verstörend persönlich wurden, wenn überhaupt, schon lange nicht mehr die heiklen Gewässer gemeinsamer Identitätsbildung und narzisstischer gegenseitiger Abhängigkeit in einer Beziehung ergründet...in Form einer verstörenden Studie über subjektive Wahrnehmung am Rande des Solipsismus. Klingt verkopft, rockt aber. Nicht vom Schundroman-Layout täuschen lassen.  
  •  Wolitzer, Meg: Die Interessanten
     Ein, ja DAS Buch für mittelalte Menschen, die nicht mehr an unbegrenzte Möglichkeiten und die durchschlagende Wirkung des eigenen Potenzials glauben, die sich mit dem Leben arrangieren und ihr Feld bestellen müssen, die aber immer noch weit davon entfernt sind, ihre Entfaltungswünsche aufzugeben, nur noch im vorgefassten Flussbett zu treiben und einen müden Frieden zu schließen. Das Buch ist schonungslos ehrlich und authentisch, dabei aber zutiefst menschlich und liebevoll - dabei wertet es gar nicht, sondern zeigt nur. Ganz nebenbei wird abgetastet, was Glück ausmacht - mit seinem eigenen Leben, in Freundschaften, in Beziehungen. Welche Rolle dabei Talent spielt, welche Ressourcen, welche Fleiß, welche schierer Wille, und welche Empathie. Liest sich alles schön und erbaulich, um einem erbarmungslos an den eigenen Eiern zu packen.  
  •  Trias de Bes, Fernando: Der Zeitverkäufer
     Schöne, scharfsinnige und zeitlos erzählte Fabel. Unprätenziös und gerade deshalb tief und poetisch.  
  •  Heinrich Steinfest: Mariaschwarz
     Erzählkunst, die die Handlung nur als Kulisse benutzt, um die außergewöhnlich starken Charaktere zu ergründen, mit scharfsinnigen Beobachtungen und inspirierenden Gedankenspielen zu jonglieren, und brilliant mit der Sprache und dem Leser zu spielen. Auf jeder Seite gibt es etwas, das ungemein erfreut, weil es so schön oder so klug, so pointiert oder so brüsk ist - und man fiebert mit den unglaubwürdigen Unsympathen und der verworrenen Handlung, in der nichts so ist, wie es scheint, und nichts je aufgeklärt wird. Eine Liebeserkläung an den Zauber des Nebels - und zuallererst an den Zauber des Lebens, das man wirklich leben muss, weil man es nie vom Sessel aus erklären kann.  
  •  Martin Walser: Muttersohn
     Ein Buch wie kein anderes. Verwegen versponnen, total verkopft, unglaubwürdig und allegorisch bis zur Satire - und doch oder gerade deshalb kann man sich ihm nicht entziehen, weil so viel grandiose Sprach- und Gedankenspiele darin zelebriert werden, so viel Menschliches ver- und behandelt wird, und die Sprache, das Erzählen eine geradezu obszöne Freude an sich selbst empfindet.  
  •  Friedrich Glauser: Matto regiert
     Hintersinnig, verschroben, dunkel und anklagend, dabei aber doch enorm menschlich und sehr subjektiv. Es ist Irrsinn, wie aktuell dieses Buch aus den 1930ern noch ist - was sicher daran liegt, dass es so brutal realistisch, so erlebt ist - und so sprachgewaltig. Eine soziale Abrechnung mit der Psychologie und eine psychologische Abrechnung mit der Gesellschaft.  
  •  Wolfgang Herrndorf: Tschick
     Unglaublich unprätentiös, enorm authentisch und bei aller Schlichtheit und Eingängigkeit hintersinnig und berührend. So kann ein deutscher Roman sein. Geht doch!  
  •  Taleb, Nassim Nicholas: Antifragilität. Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen.
     Es könnte sein, dass dieses Buch im Rückblick als das wichtigste philosophische Werk des frühen 21. Jahrhunderts gelten wird. Hier verlässt Philosophie endlich wieder einmal das Ghetto des Feuilleton-Laberns und der ermüdenden Debatten über (Schein)Begriffe und wird das, was sie einst war: Geist, der sich aus der fundierten Kenntnis der Wissenschaften, der Wirtschaft, Gesellschaft und Politik speißt und diese Fäden zusammenführt zu einer Betrachtung, wie es sich in dieser Welt gut leben ließe. Zutiefst sokratisch ist die Prämisse "ich weiß, dass ich nichts weiß" - und zugleich der nötige Ariadnefaden für die Postmoderne. Ein sehr potenter noch dazu - denn mit Kühnheit und provokantem Witz zieht Taleb sehr konkrete Konsequenzen, von Erhährung bis Wissenschaft, von Investmentstrategie bis zur Ästhetik von Gebäuden und Texturen. Dass es das noch - oder wieder - geben kann, ist Grund zu Freude und Hoffnung!  
  •  Zeh, Juli: Spieltrieb
     Ein Monolith von Buch. Philosophische Betrachtung in Romanform. Rhetorischer parforce-Ritt. Und dabei dennoch zutiefst menschlich. Ein Buch, das die philosophische Grundstimmung unserer Zeit auf den Kopf trifft. Das seltsam versöhnliche Ende jedoch verwirrt mich, auch wenn ich es mir herbeigewünscht habe.  
  •  Kerouac, Jack: Desolation Angels
     Am Rande von Depression, Verbitterung und Alkoholismus, doch zugleich mit unendlich viel Liebe zum Leben und seinen Details, voller Genuss und Hingabe an den Moment - eine enorm intensive und ehrliche Wahrnehmung in Momenten und Fragmenten, sprachlich sehr experimentell und voller enorm brillianter Passagen.  
  •  Schmitt, Oliver Maria: Anarchoshnitzel schrien Sie
     Wunderbar!!!!! Noch lustiger als "Puppenmord", wirklich ein Buch zum Tränenlachen und nachts Aufbleiben, dabei, durch alle Übertreibung, Ironisierung, Absurditäten und Geblödel hindurch ein tiefes, intelligentes, kritisches Buch. Ein ätzendes und doch sehr liebevolles Portrait von Menschen, die viel mehr Rebellen sein wollen, als sie sind...auch, weil gar nicht so klar ist, was man eigentlich will. Aber immer aus Angst, am Ende spießig zu werden. Wer könnte sich da nicht mit identifizieren...  
  •  Kerouac, Jack: On The Road (Original Scroll)
     Ein Buch, das mich bewegt, begeistert und vielleicht sogar prägt wie kaum ein anderes. In einfachen Worten, die nicht mehr sein wollen als eine Beschreibung des Erlebten, schafft Kerouac eine intensive, intime und häufig enorm lyrische Ode an das unterwegs-Sein, den Wahnsinn, die Freundschaft und die riesigen USA mit ihren Menschen. Weder glorifizierend noch verdammend, mit einem Unterton zwischen Melancholie und Enthusiasmus...und immer mit einer enormen Empfindsamkeit, Neugier und Begeisterungsfähigkeit. Ein absolut magisches Buch mit enormer kreativer Sprengkraft!  
  •  Yalom, Irvin: Und Nietzsche weinte
     Hervorragend recherchiert, anspruchsvoll aufgebaut, lebendig erzählt und intellektuell sehr anregend, lässt sich dieser Roman auf ungewöhnlich vielen Ebenen lesen - erscheint zunächst überambitioniert, ist aber ein echtes Kleinod.  
  •  Nesser, Hakan: Eine ganz andere Geschichte
     Literatur, als Krimi getarnt. Wunderbare Sprache, wunderbare Figuren, hohes intelektuelles Niveau, ein Sinn fürs Absurde, Subtile und Subline und eine Erzählweise, die man nur als seltenes Geschenk bezeichnen kann: Ohne Zwang zur Geschlossenheit, zum Plot, statdessen mit viel Liebe zum Leben in alles Details und großer Hingabe an den Prozess...ein Frühstück kann interessanter sein als ein Mord.  
  •  Palahniuk, Chuck: Choke
     Palahniuk ist groß darin, mit drastischen, brutalen, unsubtilen Mitteln, Stilmix, Schundliteratur-Elementen, Tabubrüchen gerade das zu transportieren, was am substilsten ist...unsere Annäherung an die Liebe, die Suche nach einem Platz im Leben, die Angst vor dem ausgeliefert-Sein. Indem er vordergründig die Perversionen und Psychosen ergründet, vermittelt er hintergründig unangenehm viel über uns selbst.  
  •  Hornby, Nick: S(l)am
     Hornby hat seinen ganz eigenen Stil, der vor allem eins ist: unglaublich menschlich. Es gibt wenige Autoren, die den Hoffnungen, Ängsten, Freuden und Zweifeln ganz normaler Menschen so unpathetisch so nahekommen - weder zu analytisch noch unangebracht distanzlos. Was da in scheinbar formloser Alltagssprache daherkommt, ist immer sensibel, humorvoll und entlockt auch trister Realität Hoffnung. S(l)am ist, finde ich, sein bisher intimstes Werk, das mich, der ich alle seine Bücher liebe, am meisten bewegt hat.  
  •  Sharpe, Tom: Puppenmord
     Das lustigste Buch, das ich je gelesen habe. Sharpe ist ein Meister der gemeinen Satire, die manchmal intellektuell und süffisant, manchmal brachial und sehr unsubtil daherkommt - ein Wechselbad der hinter- und vordergründigen Humorattacken, die kein Zwerchfell verschont lässt.  
  •  Hoeg, Peter: Der Plan von der Abschaffung des Dunkel
     Ein tieftrauriges, deprimierendes Buch, das zugleich so schön und so gut ist, dass man nicht von ihm lassen kann. Hoeg hält die Balance zwischen Millieustudie und Märchen, die Realität erscheint als verworrener Text, den man als Existierender zu interpretieren sucht, um leben zu können.  
  •  Kundera, Milan: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
     Düster, traurig, nihilistisch ist dieses Buch und zugleich eine leichtfüßige und zarte Liebeserklärung an das Leben. Politisch (beklemmende Einengung im Ostblock) ebenso wie philosophisch (Verlorenheit in der Freiheit und der Fülle der Optionen) aufgeladen, vergisst man über die markanten und liebevoll ausgeschmückten, sehr persönlichen Charaktere beinahe, dass diese Geschichte nicht zuletzt eine Metapher ist.  
  •  Kundera, Milan: Die Unsterblichkeit
     Für mich DAS literarische Meisterwerk schlechthin. Scharf beobachtet, tief analysiert, intelligent und vielschichtig aufbereitet - eine Grandiose Analogie auf das späte 20. Jahrhundert und eine Fabel über das Leben schlechthin. Experimentell, stilistisch sehr mutig erzählt - viele V-Effekte, Metaebenen: Nadolny dichtet, doch gleichzeitig unterrichtet er auch, man beobachtet mit ihm, um ermahnt zu werden, dass man sich selbst beobachtet. Er spielt mit dem Leser, dem Thema, dem Stoff. Nie größenwahnsinnig, nie professoral, doch auch nie trivial. Es ist ihm so ernst, dass er es nur mit Poesie und Humor vermitteln kann.  
  •  Nadolny, Sten: Netzkarte
     Lakonisch, ironisch, sarkastisch - aber immer mit Empathie, nie zynisch, nie vertrocknet. Wo Nadolny in anderen Büchern zu stilisiert schreibt für mich, erzählt er hier wunderbar straight, mit seinem eigenen schrullig-schnodderigen Stil, eine liebe- und humorvolle Geschichte über Freiheit und Bezogenheit, in der man sich sehr wiederfindet, ohne dabei die Distanz zu verlieren, die zum Nachdenken anregt.  
  •  Cussler, Clive: Inka-Gold
     Alternativ hätte ich auch Schockwelle nennen können...der mittlere bis spätere Cussler ist ein großer Erzähler. Natürlich sind die Stories keine Hochliteratur, sondern Abenteuerschinken - aber was für welche. Gründliche Recherche, viel Phantasie, Liebe zu den Figuren und eine Obsession mit den Details...diese Fülle an interessanten Randfiguren, ausgeschmückten Subplots, eingeflochtenen Legenden und Anekdoten und obskuren Orten: Cussler ist über alln routiniert abgespulten Unterhaltungsplots in seinen Büchern vor allem ein grandioser Märchenonkel...eine beinahe verlorengegangene Kunst.  
  •  Nietzsche, Friedrich: Götzendämmerung
     Ein widersprüchlicher und extrem vielseitiger Philosoph und Psychologe, dessen wichtiger Nachlass tausende Seiten füllt, präsentiert eine pointierte Einführung/Zusammenfassung seiner Philosophie in Aphorismen und Kurzessays, die an Meisterschaft ihresgleichen suchen. Sprachmächtig, doch nie als Selbstzweck - sondern als hoch effiziente und zugleich stilistisch wunderbare Verkürzung auf das Wesentliche.  
  •  Camus, Albert: Der Mythos des Sisyphos
     Inzwischen finde ich das Buch stilistisch nicht mehr sonderlich herausragend - es ist überstilisiert, selbstverliebt und hat einige Brüche. Aber inhaltlich bleibt es radikal und genial - und hat mir bei der ersten Lektüre in mehr als einer Hinsicht die Augen geöffnet.  
  •  Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra
     Tollkühn zwischen Schwulst und Selbstironie, Größe und Kitsch wandelnd ist dieses Werk Nietzsches eines der wichtigsten Bücher in meinem Leben - eine Anti-Bibel des Existentialismus (wenn man Nietsches Philosophie ihm und ihr zu Unrecht so nennen möchte), voller Weisheit und Kühnheit, die nicht Glaube, sondern kritisches Hinterfragen will.  
  •  Camus, Albert: Der Fall
     Fantastisches, gewagt erzähltes Psychogramm unserer Gesellschaft und ihres "Altruismus".  
  •  Camus, Albert: Der glückliche Tod
     Erstlingswerk, dann doch erst posthum veröffentlicht. Vieles davon in "Der Fremde" verwendet, aber dieses Werk ist noch viel radikaler und (noch) weniger moralisch. Groß!  
 
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