KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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BRIEFE AN HERRN ANDRÉ ÜBER DIE LITERATUR 20
728. Kolumne
Guten Morgen, lieber Damonte,
leider war es mir nicht vergönnt, Ihre heutige Mail - vermutlich ein Bild - zu öffnen. Ich bekam Fehlermeldung beim Abspeichern (es ist ja nur eine Ziffer, kein tif oder jpg angegeben). Ich kann Ihnen also darauf nix antworten. Aber was anderes. Sie sagten mir in Schozach, dass Sie an Textur 1+2 oder 2+3 Interesse hätten. Bitte teilen sie mir mit, welche Bände es sind. Danke! Dann noch etwas Privates. Ihre Mutter teilte mir in einem Monolog unvermittelt mit (wenn ich mich nicht verhört habe!!!), es würde stimmen, dass Sie „zwei Väter“ hätten... Aber das müsse man verstehen, es sei ja Krieg gewesen, die Männer an der Front. Von alledem wusste ich bis dato natürlich nix. Möchten Sie etwas dazu sagen? Ihre Mutter machte auf mich im Übrigen den stärksten Eindruck mit ihrer energischen Stimme, der kühnen Denkerstirn und dem deutschesten Blick, den ich seit Langem sah. Dagegen fiel Ihr Vater stark ab. Aber viell. unterliege ich einfach nur Äußerlichkeiten ... Seien Sie herzlich von mir gegrüßt Ihr Fabian André
Lieber Fabian André,
mir fehlen die TEXTUR-Bände 2 + 3. Das Foto schicke ich Ihnen hier erneut (Neunter März 2005.jpg). Vier Eltern: Mein Vater (1), den Sie in Schozach sahen (er ist viel gesünder als seine Frau, aber er trinkt zuviel...), war bis 1954 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, sodass ihn meine Mutter (2), die in Halle/Saale lebt, für tot erklären ließ und neu heiratete, ihr Mann wurde 1953 mein Stiefvater (3). Mein Vater heiratete 1959 erneut, das ist die Stiefmutter (4), die Sie in Schozach sahen. Von ihr, die Sie so deutsch aussehend fanden, habe ich nichts. Von meinem Vater habe ich auch nicht viel. Ich habe meine mir wesentlichen Begabungen von meiner Mutter (Auftreten, Schauspielerisches, Musisches), meiner Großmutter (Briefe schreiben, Schauspielerisches, Imitieren) und meinem Großvater (Schreiben, Kunst). Intellektuell haben meine leiblichen Eltern nicht viel. Ich wurzele in meinen Großeltern, wahrscheinlich auch in denen mütterlicherseits, die ich nicht kenne - meine Mutter war adoptiert, von ihren Eltern ist nur Weniges überliefert, der Großvater war herumziehender Musikant und schwängerte auf der Durchreise ein Dorfmädchen. Der Mannheimer Verleger Adrian Viola, als rumänischer Dichter viel bekannter und erfolgreicher, hat dem DICHTUNGSRING ein sehr interessantes Gedicht vorgelegt, das wir gestern in der Redaktionssitzung zur Veröffentlichung in der im Spätsommer erscheinenden Ausgabe vorsahen. Viola will Ihnen demnächst Texte (in guter Übersetzung) zusenden. Er ist wie Sie ein leidenschaftlich in der Literatur arbeitender Mensch. Mein 5-teiliger Zyklus (TERRES) ist fast fertig. Ich arbeite mit einer Freude wie selten zuvor. Heute traf ich wieder mit Fabian Bares zusammen, in Köln, und mit Pater Mennekes (Kunststation St. Fabian, Köln) waren wir essen. Da bin ich nun in einem weiteren Herzen des deutschen Kunstbetriebs gelandet...
Mein Aufenthalt in Halle war sehr gut - ich traf mich mit André Schinkel (Georg-Kaiser-Preisträger des Landes Sachsen-Anhalt, ich setzte ihn auf die Liste für Sie), der jetzt der (Chef-)Redakteur der Zeitschrift ORT DER AUGEN geworden ist. Er sieht mich als Hallenser Schriftsteller und Stammautor in ORT DER AUGEN, und das gefällt mir. Im nächsten Jahr bringt er "SARAH. IM SOMMER IST DIE ERDE LEICHT". Tagsüber war ich mit meiner Mutter und meiner Schwester zusammen. Leider missglückte ein Treffen mit Holger Benkel. Er war nicht da, als ich in Schönebeck war, ich dachte, wir hätten den Termin ganz festgeklopft gehabt. Und ich konnte ihn nicht erreichen, die Tel. Nr. der Eltern war nicht zu ermitteln. Aber ich werde ihn bald wiedersehen und vielleicht besucht er mich in Bonn. In der nächtlichen Hotel-Ruhe überarbeitete ich letztmalig den Terres-Zyklus, dessen ersten (unveränderten) Teil Sie haben. Hier ist der komplette Text zu Ihrer Kenntnisnahme. Ich kenne noch nicht Fabian Bares Reaktion. Ich werde die Teile 2-7 allerdings in keinem Fall mehr verändern. Ich hoffe, Sie hatten eine gute Osterzeit im Kreis Ihrer Familie, die mein Freund Arthur an seinem Tisch im Schozacher Weinkeller kennen lernte (wie fanden Sie Arthur?) oder im Kreis Ihrer Freunde oder Bücher... Ich bin jetzt gleich wieder auf der Reise nach Süddeutschland (Bieringen bei Rottenburg, mein Cousin, seine Frau und drei Söhne, darunter mein Patenkind) - und vielleicht komme ich kurz bei Ihnen vorbei in Mannheim, wenn ich am Samstag von Radolfszell (Besuch meiner 91-jährigen Tante im Altenheim) wieder nach Bonn zurückfahre? Ich rufe Sie an. Ihnen alles Gute! Herzlichst: Ihr Damonte
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