KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
(bisher 446x aufgerufen)
Mein kv - 1. Jan Zenker, Webmaster
744. Kolumne
Meine kv-Begegnungen
1. Jan Zenker
Dies ist kein Abschied. – Ich werde in den nächsten Kolumnen meine persönlichen Begegnungen mit kv-Leuten darstellen, die für mich im Rahmen von kv besonders wichtig wurden, gemeint sind die Personen, die ich auch real, also in persona traf.
Am 19.11.2005 fand ich zu kv, etwa ein gutes Jahr nach dem Bestehen der Seite, und zwar durch den Hinweis eines Kollegen (AZU20) aus meiner Zeit am Mechernicher Gymnasium, den ich bis heute immer mal wieder im Bonner Theater oder in der Oper treffe.
Mein erster Text: OFFENER BRIEF. Da hatte ich kv noch kaum kennengelernt, aber ich verurteilte die Seite, weil ich in ihr den falschen Weg sah, schriftstellerisch tätig zu werden. Da hatte ich den eigentlichen Knackpunkt, die Crux dieser Seite noch gar nicht so recht erfahren, nämlich: die zweite Seite dieser Seite heißt: kv ist ein soziales Medium. Was ich auch noch nicht wusste: dass sozial zweierlei oder dreierlei bedeuten kann: 1. kommunikativ in Sachen Literatur, 2. narzisstische Selbstdarstellung und/oder Klagemauer der User, 3. kommunikativ in anderen Sachen, etwa Beziehungen und ‚Beziehungen‘ – um nur drei wichtige Seiten zu nennen. Hinzu käme noch die Unterhaltungsseite der Seite – nämlich bei den Foren: Neben literarischen Diskussionen gab und gibt es auch alberne Streitereien oder so genannte Off-Limit-Diskussionen.
Erschwerend kam hinzu: Neben dem Webmaster (Jan Zenker alias Malik) gab und gibt es einen Verein, der in der Anfangsphase erst gut mit dem Webmaster zusammenarbeitete, dann aber seine Funktion und Bedeutung überschätzte, Mitsprache-Forderungen an Jan stellte, die er nicht erfüllen wollte und konnte, so dass es zum Streit kam: Der Chef des Vereins, Zweiter Administrator von Jans Gnaden, wurde als Administrator entlassen, und der Verein musste von da an eigene Wege gehen. So vernünftig das war, so böse und niederträchtig gab es Stimmen, die Jan einen Monarchen nannten (ich glaube, das kam in der Hauptsache von mir), was den Kern Jans gar nicht traf, denn wie er die Meinungsfreiheit auf kv verteidigte, das ist schon vorbildlich zu nennen, auch wenn ich manchmal zu viel Toleranz sah, etwa wenn er den seltsamsten und politisch manchmal leicht extrem eingestellten Figuren ihre Bühnenauftritte gewährte. Jedenfalls ist kv die freieste Literaturseite, die ich kenne.
Meine Kritik von 2005 nahm ich Schritt für Schritt zurück, zumal ich merkte, dass ich von den sehr schnell erfolgenden Kommentaren zu meinen Texten einiges profitierte. Ich sah und sehe in kv ein sehr geeignetes Experimentierfeld für das Schreiben. Und: ich lernte einige Leute genauer kennen.
Für mich war das Große kv-Treffen im Frühjahr 2006 eine wunderbare Offenbarung. Mit bratmiez zusammen moderierte ich eine kv-Lesung. Sie gehörte zu den allerersten, die ich kennenlernte und die mir sehr half beim Hineinfinden in die Welt von kv. Und einige andere, mit denen ich näheren Kontakt bekommen sollte. Aber der Reihe nach. In dieser Kolumne ist es Jan Zenker, Erfinder, Eigentümer und Webmaster von kv, über den ich ein paar Sachen mitteile, die mir auffielen.
Als ich ihn in Artern am 13. Mai 2006 zum ersten Mal sah, schaute er etwas finster drein. Vorausgegangen war mein OFFENER BRIEF, der heiß diskutiert wurde (längst nicht alle widersprachen mir), und im Verlauf dieser Kommentare und Gegenkommentare verlor ich aus der Sicht des Webmasters die in den Regeln gebotene Contenance und wurde für 2 Wochen gesperrt. Ich war dem kv-Verein beigetreten und beteiligte mich an der Diskussion um die Mitsprache des Vereins. Kurzum, ich muss wohl gewirkt haben wie ein Störer des kv-Friedens. Zurück zum kv-Treffen: Der Webmaster verhielt sich kühl zu mir. Es kam hier zu keiner Annäherung. Das Treffen bedeutete mir mehr wegen anderer kv-Gestalten: alpha, Elias, Don.Mombasa, Bratmiez, Augsburg (Jovan Jovanovic), Wupperzeit, BrigitteG und AndreasG, Fidibus (Harald Pieger, kv-Vorsitzender und Zweiter Administrator) ...
Als ich Jan zum zweiten Mal traf – ich besuchte ihn in Artern vor einigen Jahren und wir tranken Kaffee in seinem Haus -, da war sein Blick nicht mehr so finster wie 2006, sondern im Gegenteil, wir unterhielten uns angeregt über kv und vor allem über die deutsch-deutsche Situation 1990 bis heute. Schon auf der kv-Seite wurde deutlich, dass er in Sachen Werbeagentur bzw. Webagentur tätig war und nebenbei einen Handel mit Präsern betrieb, und er hatte Sprachwissenschaft studiert. Wer mit ihm diskutiert, hat es mit einem präzise argumentierenden und scharf urteilenden Mann zu tun, der jedoch seine Güte nicht verbirgt. Sie gehört zu seiner politischen Toleranz. Er weiß genau, dass ihm diese Toleranz auch als Schwäche ausgelegt werden kann – in Wahrheit aber zeigt er Stärke, wenn er die Freiheit und das Recht auf Meinungsäußerung verteidigt, auch wenn es für so manche kv-User unbequem ist.
Nun will Jan die kv-Seite schließen, wenn die Zahl der angemeldeten Nutzer unter 500 sinkt. Das hat er vor einiger Zeit unmissverständlich klar gemacht. In früheren Hochzeiten gab es 1200 und mehr Nutzer. In der Tat gab es auch lebendigere Zeiten, was Texte und originelle Autoren oder literaturaffine Diskussionen angeht. kv besteht nun schon 16 Jahre. Das ist verdammt viel - wenn man z. B. bedenkt, dass Julietta Fix ihre grandiose Literaturseite fixpoetry.com mit Ablauf dieses Jahres einstellt (und vielleicht noch als Archiv existieren lässt).
Zum Glück sinkt die Nutzerzahl langsam, und es werden wohl noch ein oder zwei Jahre vergehen, bis der point of no return erreicht sein wird – es sei denn, es geschieht ein Wunder und die Zahl steigt wieder. Eigentlich ist es das, was ich hoffe.
-
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
Dem im letzten Absatz ausgesprochenen Wunsch schließe ich mich an.
(11.12.20)
(11.12.20)