KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Donnerstag, 25. März 2010, 11:13
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Aneurismischer Wortkollaps

187. Kolumne

Ein indirekter Beitrag zur Plagiatsdiskussion...



ANEURISMISCHER WORTKOLLAPS

Das Fundament ist gelegt. Ich muss funktionieren. Der materielle Modus meiner Existenz widerlegt mein kontraproduktives Sträuben gegen den Wahnsinn der Sozietät. Ich lese französische Philoso-phie, um drei Formen von Freiheit zu begreifen und verifiziere gerade die komplizierteste durch praktisches Handeln. Seit der Pragmatismus zur subjektiv gesehen freundlichsten Ausführung des Selbsterhaltungstriebs in der Ersten Welt aufstieg, sanken Religion und Transzendenz. Es hat zum Beispiel keinen praktischen Wert, mit abgeschnittenen Köpfen sudanesischer Kleinkinder Basketball zu spielen. Andernfalls lohnt sich Enthauptung.

Und Stella sitzt, während ich im Bett liege und über das Universum nachdenke, in einer bläulichen Bistrosituation herum (nimm endlich deine rosa schielende Muschi aus meinem Blick!) und schwa-droniert bei alkoholischer Beliebigkeit über den unheilbaren Sozialstaat, wobei sie sich an der intellek-tuellen Geilheit meiner Worte mehr berauscht als den Gedanken.

Symbolisch sage ich in diesem Augenblick dem Pragmatismus adieu und spiele mit Basketballköpfen. Ich schaue meinem Denken zu, wie es sich verbiegt in meinen schläfrigen Intentionen und ich erhöhe die Berliner Mauer mit Butterpaketen um fünf Zentimeter, weil ich eine Bühne für Sarah Kanes Psy-chose 4.48 will. Aber ich bin keine soziologische Forschungsgruppe und habe keine Begründung. Ich habe nichts, an das ich glauben kann. Ich habe nichts, an das ich nicht glauben kann.

Ich brauche Zeit wie Sand am Meer und eine Formel, die mich erklärt.

Bald bin ich alt. Das Gute am Altsein: Dass man Narrenfreiheit hat und nicht mehr lernen muss zu leben. Das Schlechte ist alles andere, wirklich.

Erlösungsgelaber.

Warum nur ich die vollkommene Schönheit des stirnlosen Himmels erschaue.

Das will ich erzählen. Stella und ich haben uns selbst geschaffen. Wir haben gefickt und geatmet und wissen, wie man von Luft und Liebe lebt. Wir haben alle Clichés erfüllt, die das Leben bereit hält an den Abenden am Tanzbrunnen. Die Clichés sind wahrer als alle diese Verfremdungsverrenkungen, die heute vom Regietheater ins Hirn intellektueller Klimmzügler gepumpt werden. Das letzte, unsere Chronik vollendende Cliché war die Abschiedsmail:

Dark night! – I’m lost. Klick dich jetzt raus aus meinem Universum! ... Der Wind peitscht mein Fen-ster. Der Rhein schäumt mir ins Aug. Ich will fort, sagst du, es wird Zeit, und wenn es bedeuten sollte auf ewig, ich würde es nicht aushalten, dachte ich. Ich gehe in die Allee hinaus, ich weine, strecke meine Arme aus... Hallo, sagtest du, als wir uns noch täuschten, und das war eine wunderbare Stelle in meinem Leben, die hell aufleuchtete plötzlich und alles in ein unglaublich warmes Licht tauchte. Du lächelst, ich weiß. Das war nur so eine Phase. Ich werd bestimmt mal erwachsen.

Aneurisma: Ich schmeiße das Handy auf den Boden und schneide mir ein Kreuz in die Stirn. Der Tod ist das prägnanteste Heilsversprechen, garantiert für jeden. Du musst nur gern sterben wollen. Wir leben ja nur, weil wir so dumm sind und Erlösung suchen. Ich mochte dich sehr. Aber ich habe dich nicht geliebt. Ich bin allein auf der Welt und kann tanzen und alle Ärgernisse sind irrelevant auf ein-mal – heute Abend treffe ich die Sternfrau.


Eine Amsel kippt vom Baum, während ich denke: Du musst dein Chaos streicheln, um tanzende Ster-ne zu gebären. Ich renne durch den Schnee, an Autos vorbei und so weiter und Passanten mit Mützen und Schuhen und lachenden Mundwinkeln. Das Atmen tut weh im Hals. Ich muss mich an der Müll-tonne abstützen, fliege fast hin und das Ziel wird verschwommener bei jedem Meter. Ich muss mich hinsetzen um zu überleben. Im Kopf natürlich.

Dann öffne ich das Fenster, und die Farben draußen sind ganz anders als bei mtv.


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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (05.03.10)
Mir etwas zu gedrechselt geschrieben, kein Ziel (ich habe jedenfall keines erkannt), kein Zentrum. Erlösungsgelaber, in der Tat.
"Es hat zum Beispiel keinen praktischen Wert, mit abgeschnittenen Köpfen sudanesischer Kleinkinder Basketball zu spielen. Andernfalls lohnt sich Enthauptung."
Schade, dass dieser Pfad nicht weiter begangen wurde, zuviel nur angerissen, bläuliche Muschis erinneren mich nur an dieses grottige James-Cameron-Mistwerk; Donnie Darko? Basketball, ja! "Fauser" kommt mir auch irgendwie bekannt vor, kann ihn (?) aber nicht zuordnen, es ist hoffentlich nicht so ein Typ, der bei Kerner war...

Bergmann, ist das wieder so ein Schülertext???

 Bergmann (05.03.10)
Der Leser muss den Text nach- und miterschaffen! Die Fragmente vollenden. Dann entstehen sogar mehrere Geschichten, Geschichten in der Geschichte, mögliche Schachtelung also. Das 'epische Ich' ist weiblich. Es ist verwirrt, weil es enttäuscht wird, auch in der Liebe. Die Realitäten schieben sich ineinander wie die Texte in Blogs und Communities. Nein, das ist kein Schülertext, Dieter Rotmund. Das ist wirklich hohe Literatur hier. Protokoll letzter Kindheit. Das erzählende Ich versteht sich und die Welt nicht. Ist da der (erwachsene) Leser besser dran? - Salute!

 Dieter_Rotmund (06.03.10)
Okay!

Habe einen Text ("Innerer Monolog") mit dem Titel "Es hat keinen praktischen Wert, mit abgeschnittenen Köpfen sudanesischer Kleinkinder Basketball zu spielen. Andernfalls lohne sich Enthauptung" geschrieben und auf kV veröffentlicht.
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