BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Dienstag, 24. Juli 2012, 22:22
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Schland = Schund

Alle 2 Jahre wieder das gleiche Bild:
Ein fussballerisches Großereignis auf europäischer oder globaler Ebene steht an und Josef Jedermann dreht am Rad.
Er malt sich mit den Farben des Landes an, auf das er die restliche Zeit schimpft, "pimpt" sein Auto dementsprechend mit Fahnen und/oder Spiegelüberzügen und zieht allein oder mit Gleichbeschwingten los zum Massenbesäufnis. Auf Neudeutsch: "Public Viewing".
Hier werden dann textsicher solche Gassenhauer wie "Deutschland, Deutschland!" oder "Auf gehts Deutschland! Kämpfen und siegen!" vom "größten Chor der Welt", wie ein Sponsor dieser Geschichte es in seiner Werbung großspurig nennt, zum Besten gegeben.
Natürlich wird dieser Sponsor (und auch seine direkte Konkurenz) ordentlich von den Massen finanziert. Steigert das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Textsicherheit. "Schlaaaand, oh Schlaaaand!"
Wenn der Sponsor dann so weit finanziert ist, dass selbst bei diesem Kulthit der Text vergessen wird, besinnt man sich darauf, dass man ja auch Musik, bzw. Riffs mitsingen kann. Also fängt Josef Jedermann an, das Riff von "Seven Nation Army" von THE WHITE STRIPES zu "singen": "Dööh dödö dödö dööh dööh". Und, oh Wunder, die ganze Horde macht mit. Dass dieser Song keinerlei Bezug zum Fußball hat, ist dabei egal. Also kann man auch später noch die Hymne des Dart-Sports ("Chase the Sun" von PLANET FUNK) okkupieren. Stört jetzt eh keinen mehr.

Genauso wenig scheint es die Masse zu stören, dass irgendwelche talentfreien Individuen solche Events nutzen, um durch einen dämlichen Song etwas Aufmerksamkeit zu erhaschen.
OLIVER POCHER ist hierfür das beste Beispiel. Nicht nur, dass er nicht lustig ist, er kann auch nicht singen. Und wenn man bei seinem Song "Schwarz und weiß, wir stehn auf eurer Seite", das "und" durch "rot" ersetzt, kriegt man gleich eine ganz andere Bedeutung. Und die ist nicht auf seinen Lieblingsverein Hannover 96 gemünzt.

Bei sowas schämt man sich doch fast, Deutscher zu sein. Aber der Fremdschämfaktor wurde schon 2006 auf ungeahnte Höhen gebracht. Mit der WM in Deutschland begann nicht nur der fußballerische Nationalfanatismus, sondern (meiner Meinung nach, aber vielleicht hab ich das vorher auch einfach nicht mitbekommen) auch die Ära der unsinnigen "offiziellen" WM- oder EM-Songs.
Egal ob "Waving Flag" von BOB SINCLAR oder "Waka Waka" von SHAKIRA, diese Songs haben vielleicht einen politischen Bezug, aber keinen zum Sport selbst.
Sollen sie lieber wieder die deutsche Nationalmannschaft singen lassen. Ist zwar auch dämlich, aber hat wenigstens Kultcharakter.

Das war 1996 doch noch besser. "Three Lions (Football's coming home)" von THE LIGHNING SEEDS war ein Song, der einfach zum Turnier passte, weil er die Stimmung und die Sehnsüchte des Gastgebers perfekt einfing. Für England war zwar im Halbfinale Schluss, aber wenigstens können sie sagen, sie sind gegen den späteren Europameister ausgeschieden.
Wer war das noch gleich? Ach ja: "Schlaaaaaaaaaaaaaaaaaaaand!"

In diesem Sinne:

Haltet die Ohren offen!

Zum Beispiel für meine TOP 5 der Songs, bei denen man auch das Riff/die Melodie mitsingt:

Platz FÜNF STERNE DELUXE - "Ja, ja, deine Mudder"
Platz 4: SLAYER - "South of Heaven"
Platz 3: SCOOTER feat. MARC AKARDIPANE & DICK RULES - "Maria (I like it loud)"
Platz 2: AMON AMARTH - "The Pursuit of Vikings"

und

Platz 1: IRON MAIDEN - "Fear of the Dark"

Danke fürs Reinhören.


Euer BLACKHEART

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 BLACKHEART (19.06.12)
Das muss ich mir merken. Könnte der neue Kultruf auf Festivals werden. "Helga!" ist eh tot (Lang lebe "Silke!") und "SLAYER!" können auch nicht überall spielen.
Werd das in der Sommerpause mal ausprobieren.

 Dieter_Rotmund (20.06.12)
Nun, schwarz/rot/weiß sind in der deutschen Geschichte in erster Linie royalistische Farben. Wobei es ja Menschen geben soll, die aus politischen Gründen NB-Schuhe und Lonsdale-Pullis kaufen...

Es gibt zu diesem Thema übrigens eine Neuerscheinung,
Dagmar Scheidwy: "Ganz entspannt in Schwarz-Rot-Gold, Der Neue deutsche Nationalpatriotismus aus soziealpsychologischer Perspektive", LIT-Verlag.

Immer ärgerlicher werden die Autokorsos, die schon zur Fußball-EM-Vorrundenzeit mit ihrer pubertären Huperei nerven. Finale: Von mir aus, alles davor ist reichlich übertrieben.

 BLACKHEART (21.06.12)
Obwohl Lonsdale sich ja mit dem Slogan "Lonsdale loves all colors" ganz klar von den politischen Ansichten der Klischee-Träger dieser Marke distanziert hat.

Was die Autokorsos angeht, bin ich froh, auf einem Dorf zu wohnen. Hier fahren bestenfalls beim Finalsieg der Deutschen mal 2-3 Autos meine Straße hoch, respektive runter.
Vor den "Verschönerungen" der Besitzer sind die Autos aber auch hier nicht gefeit.
Ich hab als Konter zum EM-Start mein Auto mit einer WACKEN und einer IG BCE-Flagge geschmückt. Individualismus rockt.
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