Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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"Migräne sind Kopfschmerzen, auch wenn man gar keine hat" - Erich Kästner
von Dieter_Rotmund
Gastkolumne von Nimbus
Na, nu, wird sich nun der ein oder andere denken. Den Titel kenne ich ja gar nicht. Nun, das kann man auch nicht, da es eine Passage sinngemäß aus seinem Kinderroman "Pünkchten und Anton" ist. Anlässlich seines 120. Geburtstages (Am 23.02.1899 in Dresden geboren, 29.07.1974 gestorben) wurde auf "RBB" zu einem "Das doppelte Lottchen" als auch "Pünktchen und Anton" gezeigt. Ich wurde erst ein Jahr nach seinem Tod geboren, und doch hat er einige Sätze in mir manifestiert, so wie den, der die Überschrift ziert. Dummerweise habe ich das wörtlich genommen. Für die Aussage habe ich mal ordentlich Ärger bekommen. Daraufhin klärte man mich über wirkliche Migräne auf. Doch als Erich Kästner "Pünktchen und Anton" schrieb (Erstveröffentlichung 1931), gehörte es wohl bei betuchteren Damen dazu, vorzugeben eine Migräne zu haben, wollte man sich aus dem "öffentlichen" Leben eine Weile zurückzuziehen. Mich würde interessieren, was Kästner zu Burn-out sagen würde. Er lebte in einer Zeit, in der er ein Maß an Kummer ertragen musste, nicht zuletzt, dass seine Bücher verbrannt wurden, dass er mit Sicherheit eine andere Auffassung zu den überforderten Wesen der "Neuzeit" gehabt hätte.
Sicherlich nicht nur dazu. So wie es in der Verfilmung "Das doppelte Lottchen" (veröffentlicht 1949) eine Passage gibt, in dem Opernkapellmeister Palfy sich darüber echauffiert, dass das Telefon klingelt. "Hat man denn niemals seine Ruhe?" Vermutlich würde Kästner denken, dass Burn-out mit dem Handy einhergeht, da hat ja niemand mehr seine Ruhe, ist er oder sie nicht mal fähig, das Handy auszustellen. Jedenfalls denke ich so. -
"Was wollte ich gleich sagen! Ach, ja, ich weiß schon wieder. Die Geschichte, die ich euch diesmal erzählen werde, ist höchst merkwürdig. Erstens ist sie merkwürdig, weil sie merkwürdig ist und zweitens ist sie wirklich passiert. Sie stand vor ungefähr einem halben Jahr in der Zeitung."
Aha, denkt ihr und pfeift durch die Zähne: Aha, Kästner hat geklaut!
Die Geschichte, die in der Zeitung stand, war höchstens zwanzig Zeilen lang. die wenigsten Leute werden sie gelesen haben, so klein war sie, Es war eine Notiz, und darin hieß es bloß, am Soundsovielten sei in Berlin das und das los gewesen." (Originalauszug/Anfang von Erich Kästners "Pünkchen und Anton" Lizensausgabe des Deutsches Bücherbundes GmbH & Co. Stuttgart München mit Genehmigung des Atrium-Verlages, Zürich) *RS mit übernommen.
Mal ehrlich, wer will denn da nicht weiterlesen, und am liebsten würde ich jetzt einfach weiterlesen, als hier diese Zeilen zu tippen. Dabei kenne ich Pünktchen und Anton heute noch fast auswendig, so oft habe ich es gelesen und mich so sehr in die Charaktere verliebt. Ob nun die "dicke Berta", die Küchenfee, oder Piefke den kleinen Hund, auch der "Herr Direktor" schien schwer in Ordnung, von Pünktchen und Anton mal ganz abgesehen. Hingegen war das Fräulein Andacht, das Kindermädchen, doch ziemlich unsympathisch.
Wie? Es gibt Personen, die können mit den Personen nichts anfangen? Die kennen wirklich das Buch nicht, nicht einmal den wundervollen Schwarz-Weiß Film? Sollte es wirklich so Personen geben, dann aber wird es höchste Zeit, die Lücke zu schließen.
Während das doppelte Lottchen zig mal verfilmt und auf die heutige Zeit uminterpretiert wurde, höre ich von Pünktchen und Anton da weniger. Vielleicht, weil es so schwer ist, eine Alternative zu "Kaufen sie Streichhölzer, meine Herrschaften, kaufen sie Streichhölzer" zu finden.
Ich habe mich durch die ein oder andere Verfilmung vom doppelten Lottchen wirklich durchgequält. Selbst eine amerikanische Version "Ein Zwilling kommt selten allein" (1998) mit Lindsay Lohan. Die Nachfolger hatten mit Sicherheit auch ihren Charme, doch für mich persönlich kommt keine Verfilmung an die erste Verfilmung (nach dem originalen Titel, 1950) dran. Da wird der Kinderroman doch wirklich noch getroffen.
Die Sprache scheint manchmal tatsächlich wie aus einem anderen Jahrhundert. Wer sagt heute noch "Fratz"?
Es gibt noch so viele Geschichten von Erich Kästner, z. B. "Das fliegende Klassenzimmer", "Emil und die Detektive" "Der 35. Mai", ""Als ich ein kleiner Junge war", "Das verhexte Telefon", um nur einige zu erwähnen.
Doch das sind alles Kinderbücher. Er war auch Dichter, Satiriker und Dramatiker. Er war Träger des Georg-Büchner-Preises und des Internationales Jugendbuchpreises, der Hans-Christian-Andersen Medaille für das Gesamtwerks.
Vor allem hat er eine Welt für Kinder geschaffen, die durchaus sozialkritisch war, und doch Hoffnung geschenkt hat, wo Hoffnung wohl mehr als angebracht war, zuweilen auch heute noch ist.
Er hat mich in meiner Kindheit begleitet. Zwei dicke Bücher liegen jetzt vor. Sie übertreffen natürlich auch jeglichen Film. Doch wenn es schon Film sein muss, dann möchte ich jedem nahe legen, die Erstverfilmungen anzuschauen. vielleicht auch deshalb, weil Kästner da mitgesprochen hat, und damit einiges in den Film einbrachte, wie es seiner Vorstellung entsprach.
Anton, sein Protagonist war ein Junge, der ganz begeistert von der Lyrik Kästners war, und so wurde aus dem "Fan" eine Freundschaft. Die seine Anregung zu seinem Roman "Pünktchen und Anton" wurde. Kästner war schwer betroffen, als Anton später im Krieg fiel.
So hat jede Geschichte, jeder Film einen Ursprung, gemischt aus Realität und Fiktion und manchmal auch Zeitungsartikeln.
Mein Dank gilt Kästner für die tollen Geschichten, die ich durch ihn in meiner Kindheit lesen durfte, und es mir ehrlich in den Fingern juckt, jetzt eine Tasse Kakao zu bereiten und mich seinen Werken hinzugeben, in seinen Worten und in meine Kindheit zu verlieren.
"Die meisten Menschen legen ihre Kindheit einfach ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Früher waren sie Kinder, dann wurden sie erwachsen, aber was sind sie nun? Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch." (Erich Kästner, zitiert auf dem Buch "Kästner für Kinder, Band 1, Atrium Verlag, Zürich 1985)
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
(14.03.19)
Das mit "Fabian" war nur eine Anmerkung/Anregung, kein Vorwurf!