Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Freitag, 16. Oktober 2020, 08:36
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Das Multiplex-Kino beerdigt sich selbst

von  Dieter_Rotmund


Das Geschäftsmodell des Multiplex-Kinos mit seinem Blockbuster-Filmprogramm ist schnell beschrieben: Es geht darum, mittels groß angelegter und teurer Werbekampagnen möglichst viele Menschen innerhalb kürzester Zeit in die Vorführungen zu bringen. Die Qualität der Filme spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Von den Multiplexkinos begehrt sind Filme in 3D und in Überlänge, weil man dafür mehr Eintrittsgeld verlangen kann. Gehässig formuliert heisst das: Die Werbung hat dich überzeugt in einen Film zu gehen, dessen miserable Qualität sich erst rumspricht, wenn er seinen Kosten + X eingespielt hat. Auch der Blockbuster-Kinogänger selbst neigt zu einem milden Urteil, schließlich hat er vermutlich viel Geld für den Eintritt bezahlt, "... so schlecht war der Film ja gar nicht", denkt er dann gerne.
Nun hat das Blockbuster-Multiplexkino ein Problem: Die derzeitigen Auflagen erlauben keine vollen Sitzreihen mit dicht gedrängt sitzenden Teenies. Viele Blockbuster-Multiplexkino haben nicht einmal ein ausreichendes Hygienekonzept, um 3D-Brillen verteilen zu dürfen. Nun ist auch der der jüngste James-Bond-Film ins Frühjahr 2021 verschoben. Das ist sehr bezeichnend, denn die 007-Filme sind schon seit vielen Jahren eigentlich Produktpräsentationen neuster Automarken, mondäner Uhren, schicker Sonnenbrillen usw. usf.
Das Geschäftsmodell des Multiplex-Kinos mit seinem Blockbuster-Filmprogramms geht also zurzeit so gar nicht auf. Und man will auch nicht die treusten Fans belohnen, die dennoch kommen. So darf man auch die neuste Mulan-Verfilmung nicht sehen, sie wird sofort in Streaming-Portalen verramscht.
Man zeigt im Blockbusterbunker lieber ein Programm mit Filmen, die es zu "normalen" Zeiten nicht ins Multiplex-Kino geschafft hätten, sondern vermutlich nur einen DVD/Streaming-Start bekommen hätten. Diese Filme aus der zweiten und dritten Verwertungsreihe hätten es in der Mehrzahl übrigens auch nicht in die Arthouse-Kinos geschafft. Dafür sind sie einfach zu dämlich.
Ich räume aber ein, auch im Multiplex-Kino kann man manchmal positiv überrascht werden. Entsprechende Beispiele habe ich ja letztes Jahr hier in dieser Kolumne bereits genannt. Letztendlich ist der Mulitplexschuppen jedoch nur für eines gut geeignet: für harmlose Unterhaltung, die man sofort vergessen kann, wenn man den Kinosaal verlassen hat. Das muss an sich keine verwerfliche Motivation sein, aber der wahre Cineast ist dessen bald müde.

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 AZU20 (15.10.20)
Letzteres sehe ich auch so. LG

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 16.10.20:
Gestern abend in einem schnuckeligen kleinen Programmkino Corpus Christi (Polen/Frankreich 2019) gesehen. War klasse!

Antwort geändert am 16.10.2020 um 08:37 Uhr
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