Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Stubenhocker, Streamer, Selbstbemitleider
von Dieter_Rotmund
Ich muss doch mal was anmerken, ich bin ja nun doch hier schon eine ganze Weile - um nicht zu sagen viele Jahre - unterwegs: Auf kV legen zwar viele User Seelenstrip-Teases und veritable Nabelschauen hin, aber kaum jemand reflektiert literarisch auf das, was ihn oder sie direkt umgibt. Aus der Burg-Wanderung vom Wochenende eine nette, kleine Erzählung machen, die man fktional etwas aufpeppt? Davon berichten, wie das Volk auf einem Volkslauf lief und was es dort zu sehen gab? Kurioses aus Schaufenstern beschreiben? Einen gemachten Restaurantbesuch grotesk überzeichnen? Rockkonzertbesuche mit zig METAL BANDS und dem ganzen Drumherum? ..oder einfach nur kurz davon erzählen, wie der letzte Kinobesuch war? ...aber das alles hätte ja bedeutet, dass man vor der Tür gegangen ist und seine Umwelt bewusst wahrgenommen hätte. Hätte, hätte, Fahrradkette: Macht aber bei KV kaum einer.
Stattdessen: Empörungstexte, die nichts weniger als die Wahrheit für sich beanspruchen und hermetische Gedichte, auf die sich naturgemäß keiner einen Reim machen kann.
Nun, man kann niemanden zu seinem Glück zwingen. Aber seltsam ist es
dennoch. Ich fürchte, hier vergammeln regelreicht einige in ihren Kellern, vor ihrem Computern. Sie nehmen nur noch war, was über das Internet zu ihnen dringt. Der Rest muss draußen bleiben. Warum?
Sehr viele suhlen sich dann offenbar in einer Art Opferrolle und sagen, sie können nicht anders - und die entsprechenden Texte dazu taugen meist nichts, was keine Überraschung ist. Seit Dostojewski dies mit Aufzeichnungen aus dem Kletterloch gemacht har, muss man davon keine weiteren Texte lesen - es ist durch.
Und was haben diese kV-Texte, dieses ewige Gejammer, noch mit Literatur zu tun? Es wäre ja nicht so schlimm, wenn das ein oder zwei Texte am Tag wäre, aber gefühlt sind es 90 Prozent. Das finde ich beängstigend. Liebe kVler, das Ende der Welt ist nicht nahe.
Auf einem schönen Filmfestival gesehen:
Alaska (D 2023 ? ...ist so neu, hat noch keinen imdb-Eintrag!). Ein halber Christian-Petzold, was durchaus als Kompliment gemeint ist. Die Figuren(-Zeichnungen) und ihre Ängste, Stärken und Motive sind schon sehr gut ausgearbeitet. Indes, dem Film fehlt es an wenig an Rhythmus und könnte auch etwas dichter geschnitten sein. Kanu-Fans kommen auf ihre Kosten.
Die Amitié (D 2023). Ganz stark, sehr bedrückend, bester Film, denn ich bis zu diesem Zeitpunkt dieses Jahr auf diesem Festival gesehen habe! Mit leichten Science-Fiction-Elementen, könnte man sagen. Wow.
Mord oder Watt, (D 2023? ... ebenfalls so neu, dass er noch keinen imdb-Eintrag hat!) Nun, eine ganz durchschnittliche Krimikomödie, angesiedelt in Norddeutschland. Mit Oliver Mommsen (Tatort) und Ulrike Tscharre, die ich gerne sehe. Im Open Air Bereich des Festivals gesehen, bei besten Spätsommerwetter. Schön.
Sachertorte (D/AUT 2022), Amazon-Primel-Produktion. Konventionelle Liebesgeschichte im neuen "Gwand", könnte man sagen. Mir persönlich zu glatt, aber leidlich unterhaltsam.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
(07.09.23, 00:31)
Die Frage, was der Leser mit schlechten aus Leidensdruck entstandenen Texten anfangen kann, erübrigt sich damit, dass ansonsten von denselben Autoren gar keine Texte entstanden wären.
Das sehe ich nicht so. Ich bin dafür, lieber nichts hier schlampig reinzurotzen. Literatur hat Sorgfalt, wenigstens etwas Mühe verdient. So doofe Sprüche wie (Besp.) "Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten" sind einfach mir unterste Schublade.
In den letzten 10 Jahren hat sich, mit kräftiger Unterstützung von Graeculus und toltec-head, sogar der Schwerpunkt von der Nabelschau zur sachlichen Diskussion verschoben (herrlich war z.B. die gleich in Toltecs erstem KV-Jahr von ihm angestoßene Menstruationslyrik-Debatte).
Ein Schmetterling fiel über Posen
halbtot nach drei Metamorphosen
mit seinem Gesäß
ins erste Gefäß.
Seitdem lebt sein Volk auch in Dosen.
👋😉
Glashaus.
Der Millionenerfolg dieser Art der Literatur lässt folgendes folgern: Lass jeden so wie er will, nimm's Besle und kehre. Deine Ergüsse sind auch nur deine Meinungen, erzählen uns keine Geschichten. Eigentlich nie. Will man Literatur lesen, liest man ein Buch. Schöne Gedichte findet man hier allerdings täglich.
(07.09.23, 22:39)
Und diese Wiedergänger, die können mir erst recht gestohlen bleiben. Weg mit ihnen!