Aufgespießt
Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag
Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"
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Anonymisierung von Bewerbungen
von AlmaMarieSchneider
Der Mensch ist ein Wesen, das sich gerne visuell berieseln lässt. Ein gutes Bild wird ungeachtet von Wissen und Können ein Meilenstein um zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.
Doch es gibt auch Faktoren die von vorneherein verhindern, dass eine Bewerbung überhaupt gelesen wird. Menschen über fünfzig Jahre, Frauen mit Kindern, Bewerber mit ausländisch klingenden Namen haben so gut wie kaum Chancen.
Da nützen ihnen ihre Berufserfahrung, ihre hohe Qualifikation und ihre bis dahin ausgezeichneten Zeugnisse nichts. Die Personaldiskriminierungsmaschinerie läuft und es ist kaum zu hoffen, dass Betriebe diesen Zustand von sich aus ändern.
Herr Hundt (Arbeitgeberpräsident) sieht plötzlich einen ungeheuren Aufwand auf die Betriebe zu kommen, sollten nur noch anonymisierte Bewerbungen zugelassen werden.
Wie denn das, Herr Hundt fragt man sich. Die Firmen sind doch, bis auf wenige schwarze Schafe, erhaben über jede Diskriminierung. Ihre Online-Bewerbungsformulare sprechen zwar eine andere Sprache, aber vielleicht habe ich in meinen Recherchen nur die schwarzen Schafe erwischt.
Ich möchte bezweifeln, dass Personalchefs, die Qualifikation und Eignung für eine Stelle an Alter, Geschlecht und Herkunft festmachen oder sich im schlimmsten Fall an einem Bild festhalten müssen, für ihre Firma das beste Personal auswählen.
Der Ruf nach ausländischen Fachkräften erscheint angesichts der gängigen Praxis nur ein Lohndrücker-Instrument zu sein und ist wohl nicht ernst zu nehmen. Fachkräfte gibt es genügend. Sie haben nur den Makel Frauen zu sein, Kinder zu haben oder über fünfzig Jahre alt zu sein. Aussortierte ausländische Namen oder die etwas zu große Nase lassen eher den Personalchef als unqualifiziert erscheinen, als den Bewerber.
In vielen Ländern haben sich Pilotprojekte bereits bewährt, in den USA sind viele Firmen auf der Suche nach bestem Personal freiwillig zur anonymisierten Bewerbung übergegangen, denn gerade diese gängigen Auslesefaktoren haben zu großem Know How Verlust geführt und wohl auch in die Wirtschaftskrise. Frauen haben sich im Finanzwesen bestens bewährt, nur sie sind dort schwach besetzt. Ältere hätten vermutlich Luftgeschäfte nicht in diesem Ausmaß getätigt. Es hat die gute Mischung gefehlt, die Risiko und Verantwortung zusammen bringt.
Jeder Unternehmer hat das Recht auf das Personal das er möchte, doch sollte er sich in seiner Verantwortung für Abhängige und seiner Firmenverantwortung nicht von Faktoren wie Aussehen, Alter, Geschlecht und Namen leiten lassen, sondern nachweislich auch das beste Personal suchen und das kann nur nach Können und Erfahrung erfolgen. Herr Hundt, Verantwortung kostet immer etwas Zeit…
Und ein Konkurs zieht nicht nur den Unternehmer in den Abgrund.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Die Ironie steckt in der momentanen Praxis.
Mir erklärte ein pleite gegangener Unternehmer kürzlich auf meine Frage "Warum", daß er das falsche Personal hatte.
Auf jeden Fall experimentiert er schon wieder kräftig mit der Existenz Anderer.
Hallo Dieter, seit wann gehörst DU denn zur diskriminierten Gruppe?
Warte noch 10 Jahre, dann werden sich Deine Erfahrungen radikal ändern. Das kannst Du mir ruhig abnehmen. Es ist ja gerade Deine Altersgruppe, die über alles erhaben ist. NOCH! 10 Jahre sind schnell vorbei.
Ich spreche für eine bestimmte Gruppe von Menschen, die ja nachweislich und auch in Gesprächen mit Firmen, die das unumwunden zugeben, diskriminiert werden.
Das sind einfach Fakten.